Jetzt wird es schlüpfrig. Denn der nachfolgende Film ist für Zuschauer unter sechzehn Jahren nicht freigegeben. Und wer prüde ist, sollte sich erst recht nicht in Eine dunkle Begierde von David Cronenberg wagen. Auch fern des Sex ist aber Eine dunkle Begierde kein Film, der sich an den Zuschauer anbiedert.
Zeitgleich bekommt Jung die junge, labile Sabine Spielrein (Keira Knightley) als Patientin. An ihr prüft er die Methoden seines Mentors aus und er erzielt auch Erfolge damit. Aber dann verletzt Jung die medizinische Ethik und gibt auf Anraten des Kollegen Otto Gross (Vincent Cassell) seinen Trieben nach und beginnt eine Affäre mit der masochistisch veranlagten Sabine.
Der Kanadier David Cronenberg steht auf das große Schauspiel und mittlerweile scheint Viggo Mortensen fest zu seinem Ensemble zu gehören. Nach Tödliche Versprechen und A History of Violence bereits der dritte Film, den die beiden gemeinsam bestreiten. Und wieder einmal schaffen sie großes Kino.
Doch Prunkstück von Eine dunkle Begierde ist nicht die Inszenierung oder Sigmund Freud, sondern das Spiel der beiden wahren Protagonisten Michael Fassbender und Keira Knightley. Zugegebenermaßen bin ich kein großer Fan von der Dame – noch weniger als bei Anne Hathaway – aber in diesem Film offenbart sie mir persönlich zum ersten Mal „Hey, ich kann auch schauspielern!“. Und Fassbender, der mit Inglourious Basterds seinen Hollywoodkreuzzug begann und zwischenzeitlich mit X-Men – Erste Entscheidung eine wahre Meisterleistung als Magneto abgab, offenbart wieder einmal, wie vielschichtig er schauspielern kann. Er trägt den Film alleine schon, die anderen beiden sind die i-Tüpfelchen auf einen hervorragend aufgestellten Cast. Sehr schade ist es allerdings, dass die Rolle von Vincent Cassell so klein ausfällt, dann käme ich aus dem Schwärmen für seinen Otto Gross, der ganz klar den Gegenentwurf zu Carl Gustav Jung darstellt, gar nicht mehr raus.
Ansonsten ist Eine dunkle Begierde aber lediglich cineastische Kost. Der gelegentliche Kinogänger könnte wahrscheinlich enttäuscht sein, denn abgesehen vom fabelhaften Cast bietet der Film vor allem schwere Kost. Anders als bei Melancholia gibt es hier kaum Schauwerte, die sich ins Gedächtnis brennen. Dreh- und Angelpunkt sind die zahlreichen Dialoge und Monologe der Charaktere. 100 Minuten Laberei gefällt nicht jedem Zuschauer und man muss sich schon stark auf den Film konzentrieren, um nicht den Faden zu verlieren. Dafür sind die Themen doch beizeiten zu komplex und ich unterstelle, dass die Zielgruppe eines Films wie Männersache eindeutig überfordert wäre. Ausnahmen bestätigen die Regel sicherlich.