„Ich glaube an den Gott des Gemetzels“ – Sprach Hans Landa, sah und siegte. Oder war es doch Christoph Waltz? Und was ist mit Clarice? Ach, verdammt, Jodie Foster mein ich natürlich. Rose alias Kate Winslet darf natürlich auch nicht fehlen. Oder spielen die alle gar nicht ihre Paraderollen? Und was zur Hölle macht dieser Unbekannte dort in der Riege? John..ähh..Reilly. Was hat der bisher gemacht? Hmm, seltsam.
Ja, nach Der Gott des Gemetzels bin ich verwirrt. Endlich mal wieder ein innovativer Film, der alles ist, nur nicht einfach zu handhaben.
Die Elternpaare Cowan (Kate Winslet/Christopher Waltz) und Longstreet (Jodie Foster/John C.Reilly) haben ein Problem zu klären. Ihre Söhne hatten eine unschöne Begegnung miteinander. Zachary Cowan schlug Ethan Longstreet „bewaffnet“ mit einem Stock zwei Zähne aus und die Lippe blutig. Nun sollen die Wogen geglättet werden. Doch die Eltern sind ganz die Söhne. Und mit der Zeit offenbaren sich tiefste Abgründe zwischen den Familien.
Roman Polanski weiß, wie man Filme macht. Und selbst aus dem langweiligstem Stoff (Der Ghostwriter) macht er spannende Filme. Da ist es kein Wunder, dass ich wenig Sorgen um die Kinoadaption des Theaterstücks Der Gott des Gemetzels hatte. Wenn jemand es schafft, den Film gelungen auf die Leinwand zu zaubern, dann er. Und verdammt, er konnte mich sogar vollends überraschen!
Ich fange beim Negativen an, damit diese Kritik nicht vollends zur Lobhudelei mutiert. Ähnlich wie vor einiger Zeit Eine dunkle Begierde lebt dieser Film völlig von den Dialogen und man braucht gute Hirnmuskeln, um nicht kurzzeitig den Faden zu verlieren. Denn es wäre zu schade, wenn man auch nur eine Sekunde dieses Kammerspiels verpasst. Schwierig wird es wegen der Besonderheit des Films. 79 Minuten minus ein paar zerquetschte wegen Intro und Credits verfolgt man in Echtzeit die wachsenden Spannungen, die sich zwischen den vier Protagonisten aufbauen und entladen. Dies ist erfrischend anders, macht es aber auch schwierig hundertprozentig bei der Sache zu sein.
Doch das von Polanski und der Originalautorin des Bühnenstücks Yasmina Reza verfasste Drehbuch weiß hier für Abhilfe zu schaffen. Denn denkt man gerade, es geht nicht mehr, kommt die nächste Skurilität. Der Film ist kein Gagfeuerwerk, aber die Charaktere sind so herzhaft komisch gestaltet, die will man als Autor am liebsten knuddeln.
Noch etwas verbindet Der Gott des Gemetzels und Eine dunkle Begierde. Der überaus exzellente Cast. Allerdings nur auf dem Papier. Christoph Waltz ist Christoph Waltz. Oder Col. Hans Landa aus Inglourious Basterds. Und Jodie Foster spielt Penelope Longstreet so über jeglichem Toleranzhorizont, dass man denken könnte, diese Übertreibung seie gewollt. Ich wage mal zu hoffen, ja.
Vielleicht ist es aber auch ein Problem, wenn ein Film sich komplett auf vier Protagonisten fokussiert, dann fliegen auch mal welche raus aus dem Sichtfeld. Und dann trumpfen dort zwei Schauspieler auf, dass sich für die beiden alleine der Eintritt lohnt. Kate Winslets Entwicklung vom Beginn des Films bis zum Ende ist einfach grandios anzuschauen. Und manche Szene – göttlich, abartig, fantastisch – schaut es euch einfach selbst mal an. Und dann wäre da noch John C.Reilly, den ich persönlich eher so als Nebenfigur in Filmen wie…joa…hey, er hat in Die Verdammten des Krieges mitgespielt, meinem persönlichen Lieblingskriegsfilm. Also muss er was drauf haben! Aber sonst ist er doch eher unscheinbar gewesen im Filmgeschäft. Ich muss ehrlich gestehen, dass ich das Schlimmste befürchtet habe, als ich seinen Namen im Cast gelesen habe. Aber Polanski weiß wohl immer, was er tut. Sollte solchen Regiegrößen ein wenig mehr vertrauen. Denn in Der Gott des Gemetzels ist sein Charakter neben Kate Winslet ein absolutes Highlight. Weil er sympathisch zu Beginn, abstoßend im Verlauf und wieder zurück und wieder hin (oder so) ist. Toll. Ich liebe es wirklich sehr, wenn mir ein Film in meiner Einschätzung eine Lehre erteilt.