„Walls“
(RCA)
Machen wir uns nichts vor – die wilden Zeiten sind vorbei. Und das nicht erst seit gestern. Was man dem neuen, siebten Album der Followill-Sippe anhört, hatte sich schon bei den vorangegangenen Platten angedeutet. Nun sind die Bärte endgültig gestutzt, die karierten Flanellhemden gegen stylische Sakkos getauscht, alles wirkt hübsch aufgeräumt, sorgsam ausgeleuchtet und irgendwie mächtig brav. Und klingt dann auch danach. Wenn man sich früher noch Sorgen um den Erhalt von Calebs Stimmbändern machen wollte, weil er sie wieder quälte und malträtierte, dass einem Angst und Bange wurde, so kann man sich heute getrost mit seinen Songs in die Couchecke kuscheln und muß nicht fürchten, plötzlich aus der Komfortzone gerissen zu werden. Verwunderlich ist das natürlich alles nicht, die Kings Of Leon gehen genau dahin, wo die Gesellschaft das neue Männerbild verortet hat, werden weicher, anschmiegsamer und kommen mit Gefühl, die Kratzbürstigkeit, den Schweiß und das ungehobelte Naturburschenimage dagegen haben sie nach und nach aus ihrer Musik verbannt. Das mag man gut oder schauderhaft finden, es bleibt ihre Entscheidung und man selbst wird prüfen müssen, ob man der Zielgruppenanpassung folgen möchte oder eben nicht.
Was man hört, ist gefälliger Südstaaten-Rock mit sanft gekräuselten Gitarren, hier und da durch feine Hooks verziert, dann leider auch mal wieder erschreckend belanglos. „Waste A Moment“ funktioniert als Single sicher prächtig, „Around The World“ ist eher eine mainstreamige Verirrung. Und die beiden besten Momente des Albums kommen am Stück: „Find Me“ schillert mal etwas verwegener, „Over“ bleibt dem Dunklen verhaftet und verweigert sich dem allgegenwärtigen Breitwandformat. Dazu dann viel Herzschmerz und Liebestaumel, alles bleibt geschmeidig und „Wild“ weckt die falschen Assoziationen. Für die anstehenden Stadiontermine, man ahnt es, genau das richtige Material, auch als Kulisse beim ersten Date dürfte „Walls“ recht gut funktionieren – als Illustration für fiebrige Träume oder ungestüme, leidenschaftliche Manifeste (schließlich entstammen die Jungs einer frommen Predigerfamilie) taugen sie nicht mehr, diese Zeiten sind, wie es scheint, unwiderruflich vorbei. Schade eigentlich. http://kingsofleon.com/