Nachricht der Wochen 5 – 6 / 2011
Kinderzahlen von Migranten: Die Wahrheit der Stammtische
„Migrantinnen passen sich deutscher Geburtenrate an“ - war im Sommer 2010 in der deutschen Qualitätspresse zu lesen. Töchter von Zuwanderern, im amtlichen Sprachgebrauch Frauen der „zweiten Migrantengeneration“, hätten sich dem Geburtenverhalten deutscher Frauen „nahezu angepasst“ zitierten sie eine Wissenschaftlerin der Universität Rostock. Die Wissenschaft – so meinte die Frankfurter Rundschau – räume mit dem „Klischee“ der kinderreichen Migranten auf. Die in der Bevölkerung verbreiteten Überfremdungsängste erwiesen sich als übertrieben und regelrecht lächerlich: Den „Stammtischen“ gehe „ja der Gesprächsstoff darüber aus, dass sie in ihrem eigenen Land bald zur Minderheit gehören“ (1)……
Ein Sonderfall sind aber wie gesagt die Türkischstämmigen:
Ihr Bevölkerungsanteil wächst auf „natürliche Weise“ durch Geburtenüberschüsse. Mit fast 2,5 Kindern pro Frau übertreffen ihre (1965-1969 geborenen) Frauen deutlich den Generationenersatz. Kinderlosigkeit ist unter diesen Frauen selten; dafür hat etwa die Hälfte von ihnen mindestens drei Kinder (6). Forscher versuchen dies so zu erklären, dass diese Bevölkerungsgruppe „noch stark dem Muster des Herkunftslandes verhaftet“ sei (7). In der Türkei ist die Geburtenrate aber vor allem in den urbanen Regionen in den letzten Jahrzehnten drastisch zurückgegangen. In der Metropolenregion Istanbul liegt sie auf einem ähnlichen Niveau wie in Mitteleuropa und ist dort wesentlich niedriger als die ihrer Landsfrauen in Deutschland. Zwar ist auch deren Kinderzahl in den letzten beiden Jahrzehnten gesunken; der Rückgang war jedoch schwächer als in der westlichen Türkei (8). Gleichzeitig sind die Kinderzahlen der türkischstämmigen Frauen in Deutschland auch wesentlich langsamer gesunken als die der „einheimischen“ Frauen. Das Geburtenverhalten der Türkischstämmigen hat sich also mitnichten dem deutschen Durchschnitt „angepasst“ (9). Im Gegenteil öffnet sich die Fertilitätsschere zwischen Einheimischen und Zuwanderern und zeigt damit symptomatisch die wachsende Kluft zwischen traditionsbestimmten Migrantenmilieus und postmodern-individualistischen Lebenswelten (10).
Diese kulturelle Kluft und ihre sozialen Folgen kennen die „Stammtisch“-Bürger aus dem Kita- und Schulalltag ihrer Kinder und Enkel. Nicht wenigen Möchtegern-Pädagogen in der Bewusstseinsindustrie der Medien sind sie damit einige Erkenntnis-Schritte voraus.
Original auf DAF, Institut für Demographie, Allgemeinwohl und Familie e.V.