Kinderreichtum und Familienforschung in der Rap-Musik

Außerdem: Die neue "Family Tree"-Funktion bei "23andme"
- Sie zeigt wie die Rap-Musik auf: Wir sind (meistens) Nachkommen kinderreicher Familien, die vor drei oder vier Generationen gelebt haben
- Dies wird hier erläutert an Nachkommen des kinderreihen Ehepaares Elizabeth und Henry Morley, das 1858 in England geheiratet hat, und zu denen der Autor dieser Zeilen auch gehört

Kinder machen die Welt interessant. Kinderreiche Familien machen Familienforschung interessant. Denn wo Kinder sind, da ist Leben. Und wo viele Kinder sind, da ist viel Leben. Darüber kann sich bald jeder belehren lassen, der seine Gene bei 23andme sequenzieren läßt. Diese Erkenntnis ist inzwischen sogar in der Rap-Musik angekommen, in der jüngst der Kinderreichtum eines burischen, evangelischen Pfarrhauses aus der Zeit um 1822 in Südafrika, sowie deren vielfältige Nachkommenschaft gefeiert und - recht vorbildlich und fast wissenschaftlich - zelebriert und erläutert wird (1).

So etwas kann inzwischen fast jeder auch für sich selbst und seine eigenen Vorfahren tun. (Ich muß jetzt nur noch Rap-Musik erlernen ....) Und wir sollten das alle tun und unsere Vorfahren feiern. Denn ohne sie und ihre Aufopferungsbereitschaft, Kinder aufzuziehen, gäbe es uns alle nicht. Und wäre das nicht schade?

Im folgenden sei von Seiten der Vorfahren des Blogautors ein Beispiel erläutert, eine in Ansätzen vergleichbare Geschichte erzählt wie jene aus der Rap-Musik: Am 14. Januar 1858 wurde in Stoke-on-Trent in Stafford in England eine Ehe geschlossen zwischen dem nachmaligen Forschungsreisenden Henry W. Morley (1834-1917) (Abb. 1), der in Quito in Ecuador gestorben ist und Elizabeth Locker (1834-1909) (Abb. 2), die aus Uttoxeter in Staffordshire stammte und die 1909 in Southampton an der englischen Kanalküste gestorben ist. Das Ehepaar lebte zunächst in Neuseeland als Farmer, später ging der Ehemann als Forschungsreisender nach Südamerika. Ihre zehn Kinder heirateten in alle Welt. Sie hatten vermutlich eine höhere Schulbildung genossen. Denn die älteste Tochter heiratete einen englischen Diplomaten, eine ihrer Schwestern einen deutschen Arzt, der in Oberschlesien in der angesehenen Funktion als Leibarzt des Fürsten Pleß tätig war.

Es handelte sich bei den Kindern unter anderem um die Geschwister Alice, Elizabeth, Emma, Charlotte, Frances, Mary, John, Eliza, Lydia, Evely und Henry. Diese zehn Kinder haben viele Nachfahren bis heute hinterlassen. Der Autor dieser Zeilen hat sogar seine Mitochondrien von Elizabeth Locker geerbt, weil seine Mutter in ungebrochener weiblicher Linie von ihr abstammt (Abb. 6).

Auf 23andme gibt es neuerdings in der Beta-Version einen "Family Tree", auf dem man sehen kann, über welche Wege man mit seinen DNA-Verwandten verwandt ist. Dieser "Family Tree" ermöglicht es, familiengeschichtliche und verwandtschaftliche Zusammenhänge zu verstehen, die man zuvor nicht gleich auf den ersten Blick - und ohne (gemeinsame) Ahnenforschung vielleicht schon einmal gar nicht - hätte verstehen können. Hier verstehe ich jedenfalls zum ersten mal mir bislang schleierhafte Zusammenhänge zwischen einigen von uns Nachkommen aus der eben genannten Ehe.

Die älteste Tochter dieser Eheleute war Alice, verheiratete Hadgkinson, die 1858 in Sneulou Mautra in Neuseeland geboren worden war. Von dieser stammen (mindestens) zwei mir namentlich bekannte DNA-Verwandte ab, die mir auf "23andme" angezeigt werden, darunter Sylvia aus Ontario in Kanada, worüber ich schon berichtet habe (2). Der Ehemann von Alice, ein Hadgkinson, war im auswärtigen, diplomatischen Dienst in Deutschland tätig, so schrieb mir Sylvia, deshalb ist auch einer seiner Söhne in Deutschland geboren worden.

Alice hatte eine Schwester Mary (Abb. 4), die 1864 in Otahuhu in Auckland auf Neuseeland geboren worden war, und die meine Ururgroßmutter ist. Sie wird in unserer Familienchronik folgendermaßen beschrieben:

"Haare braun, Augen tiefblau, mittelgroß schlank. Charakter: sehr lebhaft, temperamentvoll, phantasievoll."

Mary hat (wohl) ihre Schwester Alice, die Diplomaten-Ehefrau in Deutschland besucht und dabei ihren nachmaligen Ehemann Jakob Paul (Abb. 5) kennengelernt, einen Arzt mit dem bekannten baltisch-adligen Familiennamen von Samson-Himmelstjerna, aufgewachsen in Reval (heute Tallin). Sie ist die Großmutter meiner Großmutter. Ihr Ehemann Jakob war Leibarzt des Fürsten Pleß in Pleß in Oberschlesien. Dort ist noch meine eigene Großmutter 1910 geboren worden (weil ihre Mutter sich von ihrem Vater hatte entbinden lassen). (Meine Großmutter ist aber nicht nur in Schlesien geboren, sondern ihr Vater mit dem Familiennamen Willner stammte mit allen seinen Vorfahren ebenfalls aus Schlesien, genauer, aus Wüstewaltersdorf. Aber von meinen Willner-Verwandten, die größtenteils in Deutschland zu leben scheinen, haben offenbar noch nicht sehr viele ihre Gene sequenzieren lassen.)

Entfernt Verwandte über die von Samson-Himmelstjerna-Linie leben heute in London (3), sie werden aber gar nicht auf dem bisherigen Family Tree angezeigt, vermutlich weil der Verwandtschaftsgrad (0,36 %) zu gering ist.

Sylvia erzählte, daß man sich in ihrer Familie einer entfernten deutschen Verwandtschaft bewußt gewesen war (1) und auch in der Generation meiner Mutter war dieses Wissen noch vorhanden dahingehend, daß man von einer Tante erzählte, die in England leben würde. Dieses Wissen wird jetzt kräftig erneuert durch - - - 23andme.

Die gemeinsamen Gene von Sylvia und mir liegen auf den Chromosomen 16 und 17. Und das ist die Erkenntnis, die einem bei dieser Gelegenheit zum ersten bewußt wird: Man kann also sagen, daß unsere gemeinsamen Vorfahren, die Eheleute Morley/Locker auch diese Gene auf Chromosom 16 und 17 hatten. Jetzt müßte man nur noch schauen, welche Gene das sind und man wüßte schon wieder einiges mehr über die Erbmerkmale dieser Vorfahren. Und man merkt dabei: Um so mehr Menschen mitmachen bei DNA-Sequenzierungen und ihr Wissen teilen, um so mehr kann man auch über die Gene ganz entfernter Vorfahren heraus bekommen!

Nun stelle ich aber über den "Family Tree" fest, daß es noch ein weiteres Geschwisterteil aus dieser eingangs genannten Morley-Familie gibt, von denen DNA-Verwandte abstammen, die mir auf 23andme angezeigt werden, nämlich die Geschwister Rodd E. und Tanya G., mit denen ich fast 1 % gemeinsame Gene habe (0,97% und 0,99 %). Mit ihnen teile ich unter anderem Gene auf Chromosom 12 und 17. Damit ergänzen ihre Gene weiterhin die Kenntnis des Gen-Satzes unserer gemeinsamen Vorfahren Henry und Elizabeth Morley.

Wenn es dieselbe Funktion auch auf MyHeritage geben wird, werden auch die Zusammenhänge unter den vielen Nachkommen der genannten von Samson-Himmelstjerna's viel leichter und schneller zu rekonstruieren sein. Auch mit einigen von denen habe ich mich ja schon geschrieben und versucht, die Verzweigungen gemeinsamer Stammbäume zu rekonstruieren (3).

Aber alles das ist bislang nur möglich mit mittel-entfernter Verwandtschaft meinerseits mütterlicherseits, weil es hier viele solcher Verwandte im englischsprachigen Raum gibt. Es wird erkennbar, daß dort das Sequenzieren seiner Gene schon häufiger geschieht, weil es viel populärer ist als hier bei uns in Deutschland. Verwandte meines Vaters - ursprünglich alles Bauern im Elb-Havel-Winkel - und deren Nachkommen haben sich noch deutlich weniger häufig sequenzieren lassen. Mit Ausnahme des von mir schon behandelten Andreas T (1). Diese Verwandtschaft dürfte größtenteils in Deutschland leben und es dürfte typisch sein für das zerknirschte und auf alles skeptisch schauende Deutschland, daß hier die Menschen noch viel weniger häufig ihre Gene haben sequenzieren lassen und ihr diesbezügliches Wissen mit anderen teilen.

Aber es wird erkennbar, daß diese neue "Family Tree"-Funktion vieles erleichtern wird künftig. Man kann dann auf einen Blick sehen, welche und wie viele mittelentfernte (und ggfs. auch entfernte) Verwandte man hat und aufgrund welcher Zusammenhänge. Das, was heute für das Volk auf Island schon zur Verfügung steht, wird dann allmählich weltweit möglich sein.

Es wird dabei dann die Rolle kinderreicher Familien sichtbar werden. Das darf man alles sehr spannend finden. Man muß dann seine Vorfahren immer weniger in erster Linie durch Ahnen-Forschung in Kirchenbüchern etc. rekonstruieren. Das könnte doch eigentlich auch all jene hellhörig machen, die nicht aus Familien wie meiner stammen, in der schon seit vielen Jahrzehnten Ahnenforschung aus Kirchenbüchern und Familienüberlieferung heraus betrieben wird.

Und aus allem werden wir lernen: Wir stehen in einer langen, langen Reihe von Vorfahren, die ihr Leben immer weiter gegeben haben. Und wir werden uns von ihnen die Frage gefallen lassen dürfen: "Du willst der letzte dieser langen Reihe sein?"


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