„Sie ist wie eine beste Freundin für mich“, erzählte meine Mutter gerne anderen Leuten als ich noch klein war. „Sie weiss alles über mich, ich weiss alles über sie – wir sind die besten Vertrauten.“
Damals war ich zwar kein Kleinkind mehr, aber doch längst auch noch nicht Erwachsen. Natürlich war ich sehr erfreut darüber, dass meine Mutter unsere Beziehung so vertraut empfand und dass sie ihren Freunden und Bekannten auch so offen darüber berichtete. Dennoch: manchmal fühlte ich mich doch etwas peinlich berührt und wie durch eine unsichtbare Bürde beschwert. Weil sie letztendlich nicht alles wusste von mir, ich ihr auch nicht alles erzählte. Und weil ich auch nicht alles wusste über sie, auch nicht alles wissen wollte.
Nun habe ich kürzlich zu diesem Thema gelesen, dass es nicht ratsam ist, sein Kind als sein bester Freund und Vertrauter zu betrachten. Denn: Kinder können genau in den Fällen, in denen Erwachsene den Austausch mit einem Freund, mit einem Vertrauten suchen und brauchen, meist nicht verstehen, worum es wirklich geht. Dies spricht nicht gegen eine offene und ehrliche Kommunikation innerhalb der Familie, denn Kinder verstehen wiederum häufig doch viel mehr als man manchmal glaubt. Wichtig ist einfach, dass man gut zwischen sachlichen und emotionalen Aspekten dosiert.
So sei es zum Beispiel absolut korrekt, einem Kind zu erklären, dass ein teures Geschenk nicht drinliegt, weil sich die Familie dies nicht leisten könne. Aber es wäre für ein Kind zu viel, wenn die Mutter oder der Vater ihm in diesem Zusammenhang auch noch erzählte, dass sie geldmässig nicht mehr weiter wüssten. Oder es sei richtig, einem Kinde zu erklären, dass auch Eltern streiten können, ohne sie aber mit weiteren Details zu ihrem Beziehungsleben zu belasten.
Das tönt jetzt alles sehr logisch und einfach. Doch gerade wenn Kinder gerne fragen und bei Erklärungen und Begründungen nicht locker lassen – unser älterer Bub will zum Beispiel unbedingt herausfinden, was wir verdienen -, ist es für Eltern nicht immer einfach, die richtige Balance zwischen Kind, Freund und Vertrauter zu finden. Deshalb empfehlen Experten, Grenzen zu setzen und gewisse Themen ganz klar nicht mit den eigenen Kindern, sondern nur mit Erwachsenen, nur mit den eigenen Freunden und Vertrauten zu besprechen und dieses Verhalten den Kindern auch zu erklären. Weil per Definition Freunde Menschen sind, die sich in einem ähnlichen Alter befinden und über ein ähnliches Lebenskonzept verfügen. Das können nicht die eigenen Kinder sein, zumindest nicht, wenn sie noch klein sind.
Wie seht Ihr Eure Kinder? Manchmal auch als Freunde und Vertraute? Oder trennt Ihr ganz klar? Hat sich diese Facette Eurer Beziehung zu Euren Kindern im Laufe der Zeit verändert?
Dieser Beitrag ist auch auf dem wir eltern-Blog erschienen.