Eine Beerdigung steht an. Der Tod hat an die Tür geklopft und nun heißt es Abschied von einem tollen Menschen nehmen. Für immer.
Der feine Herr war bereits mit vier Jahren auf der Beisetzung seines Uropas. Er wollte damals unbedingt mit, um „Tschüss“ zu sagen. Und das war eine gute Entscheidung. Der feine Herr hatte so viele Fragen, war einfühlsam und mutmaßte, dass der Uropa nun eine Party im Himmel feiern würde.
Und auch diesmal wollte er gerne dabei sein. Abscheid nehmen. Und wir fragten uns, ob wir den Rabauko auch mitnehmen sollten. Denn der ist noch keine drei Jahre alt. Für ihn wohnen die Toten unter der Erde und machen dort „für immer heia“. Das Endliche, das Vergänglich, das fängt er erst ganz langsam an zu begreifen. Doch lernt man nicht etwas besser zu verstehen, wenn man am Abschied teilnimmt?
Da die Beerdigung außerhalb unserer Kita-Betreuungszeiten lang, gab es nicht viele Alternativen. Außer, dass weder die Kinder noch ich bei der Beisetzung dabei sein könnten. Ich sprach mit den Erzieherinnen, vereinbare frühere Abholzeiten, damit wir nicht in den Mittagsschlaf hineinrutschen. Doch dann gab es Einwände von anderer Seite. Am Ende sollte es der Husten des Rabauken sein, der die Trauerfeier stören könnte. Ich empfand das einfach als so absurd. Ein Argument, was mich wirklich ärgerte.
Und entschied mich: Es ist wichtig Abschied zu nehmen, auch für Kinder. Sie sind Teil der trauernden Familie. Wer sich an fragenden Kindern (oder Husten) stört, ist doof. Und im schlimmsten Fall kann ich immer noch vorzeitig mit dem Rabauko den Raum verlassen.
Es ist auch für Kinder wichtig Abschied zu nehmen und Trauer zu erleben. Sie brauchen davor keinen Schutz. Der Rabauko hatte keine Fragen zum Tod, die ich ihm vorher hätte beantworten können, um ihn auf das „Ritual“ vorbereiten. Aber ich hatte das Gefühl, dass er es vielleicht einfach besser begreift.
Wann ihr euer Kind mit zu einer Beerdigung nehmt, ist ganz alleine eure Entscheidung. Spürt in euch hinein:
- Wie nahe standen sich Kind und Verstorbener?
- Wird das Kind den Verstorbenen vermissen?
- Wäre Abschied nehmen wichtig?
- Könnte das Kind ängstlich auf weinende und schwarz gekleidete Menschen reagieren?
- Hat es Fragen zum Thema Tod?
- Mag das Kind überhaupt mitkommen?
Mein Bauchgefühl sagte mir, dass es ok sein würde. Und so gingen wir zu viert zur Beerdigung. Der feine Herr hatte extra noch ein Bild gemalt, das er in das Grab legen wollte.
In der Kirche saßen wir beieinander, der Pfarrer fand die richtigen Worte. Dem Herzensmann tropften heiße Tränen auf´s Jackett, während ich mich ins Minion-Taschentuch schneuzte. Und der feine Herr saß dazwischen, streichelte uns und wisperte „Ist ja gut, ihr müsst nicht weinen….“. Während der Rabauko neben uns in seinem Buggy schlief. Und erst wieder erwachte, als wir nach Beisetzung und Trauer-Kaffee heim fuhren. Er hatte alles komplett verschlafen. Und trotzdem war es richtig, das er dabei war.