Tagespost 5.3.12: Sind Kinder nur Kostenfaktor und Karrierekiller?
Nicht immer ist politische Berechenbarkeit ein Vorteil. In Österreich etwa könnte man darauf wetten: Immer wenn die christdemokratische ÖVP die Familien steuerlich entlasten will, sagt die SPÖ „njet“. Zuletzt, als Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) anregte, den Unterhalt für Kinder „praktisch steuerfrei“ zu stellen. Die Absage des Koalitionspartners kam postwendend. Lob dagegen vom Österreichischen Familiennetzwerk, das seit langem für eine steuerliche Entlastung der Familien wirbt: „Die erforderliche Steuerfreistellung eines durchschnittlichen Unterhaltsbedarfs soll mit Freibeträgen für Kinder und den nicht erwerbstätigen Partner sichergestellt werden“, erklärt der österreichische Familienforscher Andreas Kresbach gegenüber dieser Zeitung. So könnten „endlich auch diejenigen Familien angemessen steuerlich entlastet werden, die in Österreich bisher die Rechnung für ein allzu gleichmacherisches System bezahlt haben“.
…Potzinger rechnet im Gespräch mit der „Tagespost“ vor:
„Die Ehepaare Burger und Huber haben die gleiche Ausbildung
und sind bei derselben Firma angestellt. Die Burgers bekommen
drei Kinder und beschließen, dass Mutter Eva für die Familie
arbeitet, während Vater Hans in der Firma bleibt, wo er monatlich
3 000 Euro verdient. Die Hubers sind kinderlos, intensivieren
ihre Freizeitaktivitäten, arbeiten beide Teilzeit für je 1 500 Euro
monatlich. Beide Paare erbringen exakt die gleiche Erwerbs-
arbeitsleistung, doch Frau Burger sichert als Familienmanagerin –
bei einer durchschnittlichen österreichischen Geburtenrate
von 1,42 Kindern pro Frau – zusätzlich die Zukunft von zwei
Durchschnittsfamilien. Doch Herr Burger zahlt durch die
Steuerprogression pro Jahr 3 867 Euro mehr Lohnsteuer
als das Ehepaar Huber, obwohl von seinem Einkommen fünf
Personen leben müssen.“
Die Familienlobbyistin Sissi Potzinger meint:
„Wen wundert es da noch, dass der Mittelstand
immer weniger Kinder hat? In Österreich bleibt
jede zweite Akademikerin kinderlos!“
…………
Die Koalitionspartner SPÖ und ÖVP haben mit Blick auf die Familien nicht nur unterschiedliche Strategien, sondern verschiedene Philosophien: Während die ÖVP die Familien steuerlich entlasten will, kämpft die Umverteilungs-Partei SPÖ für mehr Kinderbetreuungsplätze und eine Erhöhung der Werktätigenquote bei Frauen. Der Ökonom Peter Brandner erklärt gegenüber der „Tagespost“ die beiden Zugangsweisen: „Fokussiert man bei monetären Leistungen des Staates auf Transfers beziehungsweise steuerliche Absetzbeträge, steht die Bedeutung von vertikaler Umverteilung im Vordergrund, während die steuerliche Berücksichtigung von Familie in Form von steuerlichen Freibeträgen den horizontalen Ausgleich in den Vordergrund stellt, das heißt den Ausgleich dafür, dass mit familiären Verpflichtungen eine geringere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zur Erzielung von Markteinkommen gegeben ist.“
Sissi Potzinger formuliert schärfer:
„Die SPÖ will den Familien ihr ideologisches Konzept aufzwingen,
das einer Entmündigung der Familien gleichkommt und ihre
persönliche Entscheidungsfreiheit massiv einengt.“ Als aktuelles
Beispiel nennt sie: „Obwohl drei Viertel der Eltern beim Kinder-
betreuungsgeld die längste Variante wählen, wollen die Roten
eben diese abschaffen.“
Potzingers Fazit:
„Die Verstaatlichung der Erziehung,
die Fremdbetreuung von der Wiege bis zur Bahre und die
Entmündigung der Familien sollen wohl den leicht
manipulierbaren Einheitsmenschen schaffen.“