Kinder?

Erstellt am 11. Juli 2013 von Grummelmama

In meinem Alter stellen sich Frauen und Männer irgendwann die Frage nach der Familienplanung. Entweder, weil um sie herum alle nach und nach Babys bekommen und sich das Hauptthema des Freundeskreises von Party und Fernreisen in Richtung Windeln und Schlafgewohnheiten der Brut verschiebt, oder weil Frau kaum noch etwas anderes als das Ticken ihrer biologischen Uhr hört.
Viele Freundinnen in meinem Umfeld sind genau an diesem Punkt angelangt. Die einen fühlen sich jedoch noch nicht reif oder bereit genug, die anderen sind sich derzeit recht sicher, dass sie im Augenblick kein Kind zum Glücklichsein brauchen. Verständlich, ist man vor allem als Akademiker gerade endlich in dem Alter, wo man ein Haus kaufen oder bauen kann, etwas Geld auf der hohen Kante hat um sich endlich ein paar Träume erfüllen zu können oder das Leben einfach genießt. Hätte ein unsensibler Gynäkologe mir vor 5 Jahren nicht die verbale „Jetzt oder nie“-Pistole auf die Brust gesetzt, hätte ich jetzt wohl auch noch kein von Maus und Mäuschen bewohntes Kinderzimmer statt eines Arbeitszimmers oder Sandspielsachen statt einer Cocktailbar im Garten. 
Die Sache, die ich nur jedem noch kinderlosen und grübelnden Paar zu bedenken geben möchte, ist die: Jetzt sind viele Paare noch glücklich und zufrieden mit allem, was sie haben. Geld, Zeit und sorglose Freiheit sind auch wirklich feine Dinge, die man verständlicherweise ungerne aufgeben möchte. Es fragt sich nur, ist man mit dem Status Quo auch noch in 5 Jahren glücklich? In 10? In 20? Machen wir uns nichts vor, wir Frauen sind mit Mitte 30 leider nicht mehr in der jugendlichen Lage, die Kinderplanung noch Jahre aufzuschieben. In 5 Jahren kratzen wir alle an der bösen 4 – und dann? 
Ohne Kinder wird sich in den nächsten 5, 10 oder 20 Jahren nichts mehr ändern. Man wird vielleicht das alte Sofa gegen ein neues ersetzen oder sich ein neues Auto, einen neuen Schrank oder ein Haustier zulegen – aber die Beziehung und alles, was sich um diese herum abspielt, wird genau so bleiben, wie sie jetzt ist. Wenn das für jemanden nun verlockend klingt, sei er zufrieden mit seiner Entscheidung, die in wenigen Jahren auch nicht mehr rückgängig gemacht werden kann.
Für alle, denen diese Gedanken nun doch Grübelfurchen auf die Stirn zaubern, kann ich als Grummelmama von zwei Töchtern kurz beschreiben, was den großen Unterschied macht:Kinder machen Arbeit, sie verlangen alles, bringen einen an den Rand dessen, was man für möglich hielt – in guter und in schlechter Hinsicht, sie bringen ein Meer voller Verantwortung und Sorgen mit sich, sie sind laut, sie werden krank, sie können unglaublich nerven und einen zur Weißglut bringen, mit ihrer Geburt ändert sich alles im Leben und die Sorglosigkeit und Spontaneität sind für immer fort. Gut, bis hierher schmunzeln jetzt alle überzeugten Kinderlosen und klopfen sich auf die Schultern, aber das war nur die Überleitung zu dem, was tatsächlich zählt: 
Kinder schaffen, dass das Leben sich ändert. Tag für Tag, Woche für Woche, Monat für Monat. Sie lassen uns immer wieder aufs Neue erste Male erleben: Das erste Lächeln, der erste Zahn, der erste Schritt, das erste „Ich hab dich lieb“, der erste Kindergarten- oder Schultag, die erste Liebe, der erste Liebeskummer… All das dürfen Eltern wieder erleben, aus neuen Perspektiven sehen und verstehen und sich selbst mit jedem neuen „ersten Mal“ besser kennenlernen. Kinder bringen Leben ins Leben. Und beinahe alles, was man in unserem Alter gerade nicht aufgeben und loslassen möchte, bekommen Eltern irgendwann wieder zurück, Stück für Stück – und können dann selbst wieder ihre eigenen ersten Male genießen. 
Das alles macht den Unterschied. Nicht mehr – aber verdammt: auch nicht weniger.