Killer gehören hinter Gitter...

Von Aufschreiber
Sollte man denken. Nicht so das Landgericht Neuruppin in Brandenburg. Jedenfalls nicht, wenn der Killer ein Polizist ist.
Reinhard R. (36), ein Berliner Polizeikommissar, hat in der Silvesternacht 2008 den 26jährigen Dennis J. durchs Fenster seines Autos erschossen. Achtmal hat der Polizist gefeuert. Bis das Magazin seiner Dienstpistole leer war.
Die Geschichte spielt in einem Nest in Brandenburg, am Rand von Berlin. Dennis J. ist nicht der nette Junge von nebenan. Er klaut, er kokst, stand schon mal wegen schwerer Körperverletzung vor Gericht und wegen "Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte". Aber darauf steht in Deutschland nicht die Todesstrafe. Wir haben gar keine Todestrafe. Und schon gar nicht eine Rechtsordnung, in der Polizisten Jäger, Richter und Henker spielen dürfen.
Sollte man denken.
Drei Zivilpolizisten verfogten in der Silvesternacht 2008 Dennis J., angeblich, weil sie einen "Tipp" bekommen hatten. In der Silvesternacht, obwohl alle drei eigentlich frei hatten. Sind halt pflichtbewusste Beamte, sollte man denken.
Vielleicht lag der ungewöhnliche Eifer der Beamten bei der Verfolgung eines Kleinkriminellen aber auch daran, dass dessen Freundin die Tochter eines Kollegen von der Bundespolizei war. Die wollte er an jenem Silvesterabend abholen, um mit ihr in Berlin zu feiern.
Nach wilder Verfolgungsjagd entdeckten die drei fleißigen Polizisten Dennis J. und sein Auto in einer Parkbucht. Als der die Tür nicht öffnen wollte, schoss Polizeikommissar Reinhard R. ihm durchs Autofenster in die Brust. Schon dieser erste Schuss war tödlch. Aber Dennis J. war nicht sofort tot. Er gab noch Gas, fuhr ein anderes Auto an, streifte einen der drei Polizisten. Reinhard R. ballerte munter seine Pistole leer. Da fuhr Dennis J. nicht mehr. Nie mehr.
Dreieinhalb Jahre Haft hatte die Staatsanwaltschaft immerhin gefordert. Wegen Totschlags. Warum der Mann nicht wegen Mordes vor Gericht stand, wird wohl ein Rätsel bleiben. Vermutlich haben Polizisten aus Prinzip keine niederen Motive, wie etwa das Feiern eines Kleinkriminellen mit der Tochter eines Kollegen zu verhindern.
Doch das Gericht hatte noch viel mehr Verständnis als der Staatsanwalt: Zwei Jahre auf Bewährung für den Todesschützen, wegen "Totschlags in einem minderschweren Fall". War ja schließlich nicht der Sohn des Polizeipräsidenten, sondern nur der unwichtige Dennis J. aus Berlin-Neukölln, der da durch die Polizeikugeln starb - könnte man denken, dass die Richter dachten.
Offizielle Begründung: Haft wäre für einen Polizisten besondern schlimm gewesen, weil er ja da zusammen mit denen gesessen hätte, die er bislang verfolgte. Na und? Wenn ein Polizist zum Verbrecher wird, dann muss ihn ein Rechtsstaat auch so behandeln. Sonst ist er ein Unrechtsstaat...
Die Bewährungsstrafe hat noch einen kleinen Vorteil - der wackere Todesschütze behält seinen Anspruch auf seine staatliche Pension.
Die beiden anderen Polizisten, die dabei waren, immhin ein Haupt- und ein Oberkommissar, hatten angeblich von alledem nichts mitbekommen. Nicht mal die Schüsse gehört, wegen der Silvesterböller. Und schon gar nicht ihren Kollegen an der Tat gehindert. Die zwei wurden nicht mal wegen Beihilfe verurteilt - sondern nur wegen "versuchter Strafvereitelung im Amt" zu Geldstrafen von 10800 und 8400 Euro.
Die Mutter des toten Jungen will als Nebenklägerin in die Revision gehen.
Sie will wissen, warum ihr Sohn wirklich sterben musste...