Kill the Messenger
7Polit-DramaKorruption, Kalkül und Kriminalität gelten schon längst nicht mehr als mit dem Beruf des Regierungsbeamten unvereinbar, in welchem Ausmaß staatliche Geheimdienste in kriminelle Machenschaften verwickelt sind, ist trotzdem immer wieder erschütternd. So auch im Biopic über den kritischen Journalisten Gary Webb, der im Alleingang einen der größten Drogenskandale der US-amerikanischen Geschichte aufzudecken versuchte.
Gary Webb (Jeremy Renner) ist eigentlich nur ein kleiner Provinzreporter, der mit Ehefrau (Rosemarie DeWitt) und Kindern ein beschauliches Leben führt und Artikel mit eher geringer gesellschaftspoltischer Durchschlagskraft schreibt. Das alles ändert sich aber jäh, als er durch Zufall auf Informationen stößt, die die Verstrickung zentraler Regierungsbehörden in den organisierten Drogenschmuggel in die USA nahe legen. Seine Quellen besagen, dass nicaraguanische Rebellen in den 80ern mit Wissen und Unterstützung der CIA große Mengen an Kokain in die USA schmuggelten und damit eine regelrechte Crack-Welle auslösten. Als er seine Ergebnisse veröffentlicht, sticht Webb in ein wahres Wespennest.
Michael Cuesta beschreibt mit seinem Biopic sehr schön den schmalen Grat, auf dem Verschwörungstheorien einerseits offiziell zu Praktiken, andererseits aber auch völlig entkräftet und gekippt werden können und wie trotz eines (durchaus angebrachten) allgemeinen Misstrauens gegenüber den Großen und Mächtigen die kritischen Stimmen, die sich freiwillig einer großen Unsicherheit aussetzen, immer in der Unterzahl gegenüber denen bleiben, die sich lieber weiter in Sicherheit wiegen wollen. Jeremy Renner überzeugt als unerfahrener, oft blauäugiger Provinzjournalist, der unverhofft in einen riesigen politischen Skandal hineinstolpert und scheinbar als Einziger genügend Courage besitzt, die Verstrickungen zentraler Regierungsbehörden in einen der größten Drogenskandale in der Geschichte der USA aufdecken zu wollen, selbst als Kollegen und Freunde sich längst von ihm abgewendet haben.
Trotzdem wird Gary Webb nicht als einsamer, gegen Windmühlen anlaufender Held gezeichnet, sondern durchaus als ambivalente Persönlichkeit, bei deren Suche nach der Wahrheit neben einer großen Portion Mut und Opferbereitschaft auch reichlich weniger altruistische Motive wie Ruhmsucht und Skrupellosigkeit eine große Rolle spielen. Dass sich Eitelkeit und journalistische Integrität aber keinesfalls ausschließen, wird hier ebenso eindrucksvoll dargestellt wie die Leichtigkeit, mit der kritische Stimmen diffamiert und mundtot gemacht werden können, wenn Regierende und Medien zusammenarbeiten.
Kill the Messenger ist, im Positiven wie im Negativen, ein Paradebeispiel für ein auf echten Personen und Ereignissen beruhendes Politdrama mit Thrilleranklängen. Die ZuschauerInnen werden gemeinsam mit dem sympathischen Protagonisten immer tiefer in, oft auf den ersten Blick nicht ganz durchschaubare, Wirrungen verstrickt, dabei bleiben die Drogenkartelle und ihre Verbindungen aber, anders als beispielsweise in Soderberghs Traffic, eher nebulös, die Drahtzieher gesichtslos und geschossen wird hier auch nicht.
Der Film bleibt also eher nüchtern und stützt sich, so wie sein Hauptdarsteller auf eine Faktenlage, die kritischen Blicken nicht immer ganz standhalten können dürfte, auch bleiben durch die eher trockene Herangehensweise langatmige Momente nicht aus. Trotzdem entfaltet Kill the Messenger mit der Zeit eine gewisse Sogwirkung, der man sich bis zum Ende kaum mehr entziehen kann. Die wirkliche Erschütterung stellt sich vielleicht erst ganz am Schluss ein, bevor die Credits abrollen, den Nährboden für Misstrauen und Empörung gegenüber der Skrupellosigkeit der Strippenzieher beackert der Film aber davor schon ausgiebig. Und das ist auch gut so.
Regie: Michael Cuesta, Drehbuch: Peter Landesman, Darsteller: Jeremy Renner, Rosemarie DeWitt, Mary Elizabeth Winstead, Robert Patrick, Oliver Platt, Lucas Hedges, Ray Liotta, Laufzeit: 112 Minuten, DVD/Blu-Ray Release: 21.01.2016, www.focusfeatures.com/kill_the_messenger
Autor
Karin GaschAufgabenbereich selbst definiert als: Zwielichtaufsuchende mit Twilight-Phobie. Findet "Ours is a culture and a time immensely rich in trash as it is in treasures" (Ray Bradbury) zeitlos zutreffend.
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