Kichererbsen: Fußballlexikon Neunmalklug - die Blutgrätsche

Von Samaria @sannie8

  „Also, zuerst zeige ich dir, wie man richtig grätscht. Das ist echt total wichtig, dass du weißt, wie das geht“, meinte unser fußballverrückter Nachbarsjunge zum Mittelkind.
Der Acker-Rasen in unserem Garten verwandelte sich blitzartig in ein Fußballfeld, die Treppe von der Terrasse hinauf in selbigen wurde zum Tor auserkoren.
Vorsorglich brachte ich meine drei Minitomaten in Sicherheit, die sich genau hinter dem selbsternannten Tor in der Sonne räkelten. Mit Kaninchendraht umwickelt, hielt ich das Risiko einer totalitären Verstümmelung für berechenbar. Meine Tomaten und ich hatten Glück, denn an diesem Dienstagnachmittag unterrichtete der Nachbarsjunge unser Mittelkind im fachgerechten Ausführen einer „Blutgrätsche“.
Ich war mir noch nicht sicher, ob ich diesem Treiben ein Ende setzen oder lieber den neunmalklugen Ausführungen des Nachbarn lauschen sollte. Ich entschied mich für Letzteres, und hatte Spaß dabei … Hinterher blieb noch genug Zeit, dem Mittelkind die Idee einer angewandten „Blutgrätsche“ als unsportliches Verhalten wieder auszutreiben.
„Gut, Junge, du hast den Ball und ich versuche ihn dir abzunehmen. Los, lauf…“ Ergeben lief das Mittelkind mit einem Rosa-Mädchen-Gummiball über unseren Acker. (Lederbälle wurden nach mehreren abgeknickten Blumen, Ästen und drei kaputten Solar-Lämpchen vom Oberschiedsrichter eingezogen!!!) „Ich greife dich jetzt an“, rief der Nachbarsjunge meinem Mittelkind zu und warf sich ihm entgegen, rutschte über den moosigen Rasen und verfehlte das Schienbein des Kurzen nur um Zentimeter. „Hast du gesehen? Du musst dich richtig reinschmeißen, das Bein nach vorn und am besten den Gegner treffen.“ Ich schnappte kurz nach Luft. Das widersprach den gewaltfreien Regeln unseres Haushaltes. Da hatte ich heute Abend eine Menge aufzuarbeiten.
„Jetzt du. Los, greif mich an!“ Lauernd standen sich die beiden Kontrahenten gegenüber. Als der Junge mit dem Ball startete, rannte auch das Mittelkind los. Das rechte Bein schoss nach vorn, rammte dem Nachbarskind ins Schienbein und ließ es laut aufschreiend zu Boden gehen.
„Habe ich das so richtig gemacht?“, fragte mein Unschuldslämmchen mit dem rosa Ball in den kleinen dicken Patschhändchen. Der Nachbarsjunge lag noch immer am Boden und hielt sich sein Schienbein. „Ich blute, ich blute …“, jammerte er, während er sich über den Rasen-Acker wälzte. „Dann war das ‚ne Blutgrätsche!“, schlussfolgerte das Mittelkind und hob stolz die Brust. „Neee.“ Der andere rappelte sich vom Boden auf und hielt sich sein Bein. „Bei ‚ner richtigen Blutgrätsche, muss das Bein gebrochen sein … am besten guckt noch ein Knochen raus.“
AHA. Wieder etwas gelernt.
Bis zum nächsten Mittwoch eure Chaosmama
Sandra-Maria