Kendrick Lamar – good kid, m.A.A.d. city [Review]

Kendrick Lamar – good kid, m.A.A.d. city [Review]

Kendrick Lamar ist die „Feelgood“-Story der letzten Jahre. Er ist dieser Junge aus Compton, der von Dr. Dre auf YouToube entdeckt wird und während eines Radio-Interviews vom Alt-Meister Props bekommt. Auf einmal will jeder wissen, wer dieser Rapper ist. Man stößt auf Material, das beeindruckt. Sein Mixtape „Section .80“  war eines der besten Releases 2011. Dre war zu Recht begeistert!
Kendrick platziert seine intelligenten Lines mit einem Flow und einer Präzision auf den Beats wie vor ihm nur… wie vor ihm eigentlich noch kaum jemand. Und genau das macht Kendrick Lamar so besonders. Er ist nicht der nächste Dr. Dre, der nächste Jay-Z oder der nächste Kanye West. Er ist der erste Kendrick Lamar.
Eigentlich könnte man sagen er hätte es jetzt schon geschafft. Alles was noch fehlt ist ein epochales Album. Einen Klassiker, an den man sich in zehn Jahren noch mit einem wohligen Gefühl zurückerinnert.
Heute  erscheint das Album, das dieser Klassiker sein will. Ein Klassiker, der seine Geschichte erzählen soll, seine Gedanken, seine Gefühle kanalisieren, Kendrick Lamar in konzentrierter Reinform sein soll.
Wir haben uns Kendrick Lamars Debütalbum angehört und können euch sagen ob der Plan des Rappers aus Compton aufgegangen ist.

Das Album eröffnet mit einer Ode an ein Mädchen namens „Sherane“. Kendrick erzählt auf einem düsteren Stoner-Beat eine lüsterne Liebesgeschichte mit bitterbösem Ende.
Kurz darauf wird unmissverständlich klargemacht, dass man Kendricks Vibe gefälligst nicht stören soll. Dann wird ausnahmsweise mal die Ignoranz-Keule ausgepackt. Auf einem echten Banger-Beat von Producer-Wunderkind Hit-Boy wirft Kendrick mit Flow-Wechseln um sich, vergleicht sich mit OJ Simpson, heiratet Mütter und sammelt förmlich diese „Whaaat?!?“-Momente.

Während man sich noch fragt ob das gerade wirklich Kendrick Lamar war und sich darüber wundert, dass man es irgendwie gut fand bekommt man plötzlich einen ganz anderen Kendrick zu hören. Einen analytischen und kritischen MC, der seine Umgebung beobachtet und ganz und gar nicht zufrieden damit ist, was er zu sehen bekommt. In „The Art Of Peer Pressure“ geht es, wie der Titel schon sagt, um Gruppenzwang, um das Aussetzen der Vernunft, wenn man mit den „Homies“ nachts um die Häuser zieht. Es werden Unmengen von Drogen genommen, Prostituierte für ihre Dienste bezahlt, Einbrüche begangen, Waffengewalt angewandt und am Ende entkommt man nur ganz knapp der Polizei.
Auch im nächsten Track befasst sich Kendrick zusammen mit Jay Rock mit dem „Street Life“ und mit der Frage, wie man eigentlich zur Legende wird.

Im sechsten Track wird dann endlich das ominöse Drake-Feature aufgefahren. Ganz im Stil des Kanadiers ist der Beat mit einem smoothen, weiblichen Voice-Sample unterlegt und der schmeichelnde Text will so viele Frauen wie möglich verführen. Auch wenn Drake einen durchaus akzeptablen Verse droppt, kann er mit dem hohen Niveau von Kendrick einfach nicht mithalten. Leider ist „Poetic Justice“ aber eher ein mittelmäßiger Song, der ehrlichgesagt besser auf ein Drake-Release gepasst hätte.

Doch bevor sich Ernüchterung breit macht kommt zum Glück Pharrell vorbei und liefert einen mysteriösen, basslastigen Beat ab. Der wird Kendrick Lamar auch sofort nach allen Regeln der Kunst zerlegt während er davon erzählt wie er langsam in seinem schlechten Umfeld versinkt.
Und als ob das noch nicht genug wäre, begibt sich Kendrick im nächsten Track direkt in die Trap, in die „m.A.A.d. city“. Er wird agressiv, lässt sein inneres Monster heraus und pusht immer weiter nach vorne. Aber genauso schnell wie die Aggression kam, geht sie auch wieder. Plötzlich wechselt der Beat und Oldschool-Westcoast-Rap vom Feinsten dröhnt aus den Lautsprechern. Mit der Unterstützung von Compton-Legende MC Eight spittet Kendrick was das Zeug hält und lässt mal so richtig den Gangster raushängen.

Diese Wiedergeburt von Westcoast-Rap müsste man eigentlich erst einmal sacken lassen, aber schon Sekunden später hat man die gefeierte Single „Swimming Pools“ auf den Ohren.

Und nachdem man zum zigsten Mal in den Pool gesprungen ist kommt Kendrick Lamar mit einem eher ruhigen und nachdenklichen Song um die Ecke. Er packt sogar ein paar Gags aus, bekommt von einem Chor atmosphärische Unterstützung bei dem Versuch sich mit diesem 12-Minuten-Werk unvergesslich zu machen.
Kurz vor dem Ende wird dann noch einmal darüber sinniert was denn nun „Real“ ist und was nicht. Und dann war da auch schon der letzte Song des Albums.

„Compton“. Hymne auf die Heimatstadt und Krönungszeremonie zugleich. Kendrick bezeichnet sich selbst als König der kalifornischen Stadt und bekommt die Bestätigung von niemand geringerem als Dr. Dre höchstpersönlich. Das Album endet mit einem Knall und Kendrick bleibt alleine mit der Krone auf seinem Kopf zurück.

Als Fazit kann man nur sagen: Der Plan ging voll auf!
Kendrick Lamar hat mit diesem Album bewiesen, dass er nicht nur ein verdammt guter, technisch versierter Rapper ist, sondern auch einer der besten Lyricists die wir heute im Hip-Hop haben. Er schafft es stets die Aufmerksamkeit des Hörers hochzuhalten, denn man will jedes einzelne Wort erfassen, das der MC ins Mikro rappt. Die Beats sind erstklassig gepickt und der ganze Sound schafft es die West Coast wieder groß zu machen. Kendrick Lamar hat „Section .80“ übertroffen und eines dieser epochalen Alben geschaffen, die das Zeug haben ein Klassiker zu werden. Ein Klassiker an den man sich noch in zehn Jahren mit einem wohligen Gefühl zurückerinnert.
Da kann das Leben von Nas noch so gut sein, ab heute huldigt die Hip-Hop-Welt „King Kendrick Lamar“!

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