keine toleranz – weder für conchita noch für gabalier

Von Bernhard Jenny @bernhardjenny

vor einem jahr gingen die medien über. conchita wurst. wir sind wurst. die wurst für die wurst. und alles mögliche und unmögliche. sogar die politik (oder was auch immer das ist) erwartete sich impulse, vom eurosongcontest am grossglockner oder in der hofreitschule war die rede. die hofburg ist ja leider schon von den burschis besetzt. unglaublich wie oft hier das wort toleranz in den mund genommen und unreflektiert ausgespuckt wurde und wird. conchita wurst steht für toleranz. bürgerlichste adabeis schleimen sich nun im hype ein. ja ja, sie seien eh immer schon für toleranz gewesen.

stopp! toleranz? ein mensch tritt so auf, wie sie will und wir sprechen von toleranz?

mein nachbar hat ein weisses auto. ich toleriere das? ein freund läuft täglich mindestens 10 km. ich toleriere das? meine tochter ist vegan. ich toleriere das? lydia will keine kinder mehr. ich toleriere das? meine kundin färbt sich die haare neongelb. ich toleriere das? franky trägt grundsätzlich durchlochte kleidung. ich toleriere das?

toleranz. ist dann gefragt, wenn jemand in die nähe meiner persönlichen rechte kommt. wenn ausgelassene polterabendgäste in die u-bahn steigen und ich eigentlich gerade city meditation betreiben wollte. wenn wer sich wünscht, alle sollten jetzt gemeinsam einen kreistanz tanzen, und ich doch mitmache, obwohl ich dazu keine lust habe. wenn der nachbar einen grillanzünder verwendet, den ich bis zu mir her riechen kann und damit mir meinen kaffee versaut.

wer glaubt, bei conchita wurst etwas tolerieren zu müssen, behauptet damit, dass ihr auftritt allein schon den eigenen persönlichen rechten nahe gekommen wäre. und das geht zu weit.

fazit eins: conchita wurst braucht sicher nicht unsere toleranz.

nun zum volksdümmlichen andreas gabalier. sein “sager” bei der amadeus-verleihung “man hats nicht leicht, wenn man als manderl noch auf ein weiberl steht” ist schlicht und einfach “täter-opfer-umkehr”, wie es hans rauscher trefflich in seinem einserkasterl diagnostiziert.

manche aber fallen auf die unkenrufe der lederhosenbraunen herein, die solche öffentlichen diskriminierungen auch noch unter dem titel der “meinungsfreiheit” verteidigen. ganz dumpfe typen scheuten nicht einmal davor zurück mit einer aktion “je suis gabalier” auch noch das gedenken an terroropfer in den rechten dreck zu ziehen.

meinungsfreiheit? ja, die soll für alle gelten, jede und jeder soll immer und überall sagen und schreiben dürfen, was sie oder er denken und meinen. nein, das gilt nicht für diskriminierungen oder schlimmeres.

eben jene grund- und menschenrechte, die die meinungsfreiheit sicherstellen, stehen nicht zur disposition. sie können niemals unter der berufung auf “meinungsfreiheit” einzelnen menschen oder gruppen abgesprochen werden.
ausgrenzung und diskriminierung ist unhaltbar.

fazit zwei: andreas gabalier verdient sicher nicht unsere toleranz.

womit dann klar wäre:

keine toleranz – weder für conchita noch für gabalier

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dieser artikel ist am 7.4. auf fischundfleisch.at veröffentlich worden und ist auch dort aufrufbar.
foto: franz johann morgenbesser creative commons licence by sa

Schlagwörter: amadeus austrian music award, andreas gabalier. conchita wurst, hans rauscher, meinungsfreiheit