Keine Mitleids-Millionen für marode Unternehmen

Über Schlecker und das Schicksal der Schlecker-Frauen wird derzeit viel berichtet. Mein Fazit dazu: So geht halt Kapitalismus. Und der ist keine Spaßveranstaltung. Es sind nicht nur die Holzmanns und Opels in Deutschland, wo die Leute ihren Job haben, sondern auch Klitschen-Ketten wie die von Anton Schlecker. Solange Schlecker erfolgreich war, hat man ihn halt machen lassen, freies Unternehmertum und so. Und das ist der freien Marktwirtschaft heilig.

“Niemand in Deutschland verkauft so viel (in DM) wie Schlecker”- der Spruch war vor gut 10 Jahren an jedem Schlecker zu lesen. Und das, obwohl die Schlecker-Filialen niemals Wellness-Oasen für den Erlebnis-Konsum von Haarshampoo, Klopapier oder Mülltüten gewesen sind. Aber sie waren halt überall. Und jetzt fällt erst aus wie überall sie waren. Anton Schlecker war auch kein Lieblings-Chef. Im Gegenteil, der musste erst gezwungen werden, sich an geltende Mindeststandards für die Ausbeutung von Mitarbeitern zu halten. Was er offensichtlich aber dann oft getan hat, wenn jetzt viele Schlecker-Verkäuferinnen sagen, dass sie hier wenigstens einen Tarifvertrag mit den üblichen Features wie Tariflohn, geregelte Arbeitszeiten, Urlaub und so weiter hatten und sich nun zu recht fürchten, den woanders nicht mehr zu bekommen.

Aber ganz ehrlich: Mit einem wie Anton Schlecker muss man kein Mitleid haben. Freies Unternehmertum geht halt gut, so lang es gut geht und der Unternehmer hat natürlich auch die Freiheit, sein Unternehmen vor die Wand zu setzen. Der und seine Familie werden weich fallen. Im Gegensatz zu den 11.000 Verkäuferinnen. Hier ist eine Runde Mitleid angebracht. Aber die Transfergesellschaft wäre letztlich auch eine hübscher betitelte Noch-nicht-ganz-Arbeitslosigkeit gewesen, die das Ende nur noch etwas herausgezögert hätte. Dass die FDP sich nun der Teilfinanzierung dieser Transfergesellschaft verweigert hat, kann man ihr natürlich übel nehmen. Aber es ist nur konsequent: Wer nicht wettbewerbsfähig ist, muss halt den anderen Platz machen. Das ist schließlich auch bei anderen Läden so, wenn die Kasse nicht stimmt. Ob das nun die Bäckerei, den Klempner oder den Buchladen nebenan trifft – die kriegen auch keinen Rettungsschirm. Ob die Sache für den Staat so tatsächlich billiger kommt, ist eine andere Frage – die paar Millionen Schleckerbürgschaft waren ja eher Portokasse angesichts der Rettungsschirme auf anderen Gebieten. Das Arbeitslosengeld, Umschulungsmaßnahmen und andere Sozialtransfers für die Verkäuferinnen, die nun den Job verlieren – billig wird das auch nicht. Aber darum geht es hier nicht, sondern ums Prinzip. Und das heißt freier Wettbewerb. Da soll der Staat bitte schön nicht mit Mitleids-Millionen für Verkäuferinnen eines maroden Unternehmens reinfunken.

Ich selbst war jahrelang nicht mehr in einer Schleckerfiliale, sondern hab lieber bei Rossman oder dm eingekauft, weil mir die Läden und vor allem das Sortiment besser gefallen hat. Die Billigsachen von dm sind billiger als die von Schlecker und dabei nicht schlechter. Wozu mich also durch enge Gänge beim Schlecker quentschen, wo ich dann auch noch ewig warten muss, bis die Kasse mal besetzt ist?! Freie Marktwirtschaft ist nicht sozial, sie kann es gar nicht sein. Natürlich ist mir klar, dass die anderen Billigheimer auch überall sparen und gern etwa mit 400-Euro-Aushilfen arbeiten. Ich mache hier ausdrücklich keine Werbung dafür.

Aber ich hab dieses Scheißsystem nicht eingerichtet – und wenn ich nicht den Billigkram bei dm kaufe, sondern irgendwelche teureren Produkte, dann verdienen halt irgendwelche anderen Chefs mehr – das kriegen doch nie die Verkäuferinnen, nicht mal im Biomarkt.

Ex-dm-Chef Götz Werner hat es besser gemacht als ollen Schlecker. Der ist rechtzeitig ausgestiegen – er hat sich einen Nachfolger gesucht und ist Bestseller-Autor und Selbstverwirklichungs-Guru geworden. Aber: Götz Werner hat sich diese menschenfreundliche Idee mit dem Grundeinkommen bestimmt auch nur ausgedacht, damit seine Kette ihren Leuten bald gar nichts mehr zahlen muss – die arbeiten dann 25 Stunden pro Woche aus Begeisterung freiwillig in seinem Laden, weil sie so froh sind, dass sie für die Grundversorgung nicht mehr arbeiten müssen. Wie war das doch gleich? “Keinen Druck machen, sondern einen Sog erzeugen” – so kriegt man auch mehr Leistung aus den Leuten raus, ohne sie deshalb besser zu bezahlen. Ein kapitalistisches Meisterstück.



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