Keine Lust auf Heimchen am Herd - "Jane Got A Gun"

Erstellt am 19. Mai 2016 von Bandrix @cityofcinema1

Auf Blu-ray und DVD ©Universum Film




Der Western ist tot. Es lebe der Western. Genres erleben ihre Hochphase, verschwinden und tauchen wieder auf. Sie durchlaufen eine Transformation, brechen mit Sehgewohnheiten um ja nichts vom Altbekannten zu präsentieren. Der Western hatte seine Neo-Phase, seine Zeit der Umbrüche. „Jane Got A Gun“ wirkt auf den ersten Blick wie ein solcher, da er eine starke Frau in den Mittelpunkt stellt und den Männern gehörig in den Hintern tritt. Keine Zeit für Machogehabe und coole Posen, denn Jane schießt all die Outlaws und Gangster über den Haufen. Sollte man meinen.
Mit Gavin O’Connor sitzt jemand auf dem Regiestuhl, der mit „Warrior“ das Genre des Kampfsportfilms belebte – ohne auf Stilbrüche zu setzen. Er ist den klassischen Elementen seiner Genrefilme verpflichtet und so spielt auch „Jane Got A Gun“ mit den Klischees. Der Film erzählt von einsamen Farmen unter gleißendem Sonnenlicht, vom wilden Westen voller Outlaws und Verbrecher. Es ist eine Zeit des Aufbruchs und der Freiheit, aber auch der Gefahr und Ungewissheit. Leben und Sterben sind zwei nah beieinander liegende Extreme, die der Film im Gleichschritt präsentiert.
Rachemotive sind ebenso vorhanden, wie die lonesome Cowboys und rauchenden Colts. Im Grunde steht der Weg frei für einen geradlinigen Western mit einer toughen Hauptdarstellerin. Leider nimmt das Drehbuch Tempo an den falschen Stellen heraus. Immer wieder durchbrechen Rückblicke die Erzählung, bremsen aus und machen aus dem Portrait einer interessanten Frau eine schmalzige Liebesgeschichte. O’Connors Gespür für großartige Bilder ist es zu verdanken, dass der Film nicht völlig zum Erliegen kommt.

©Universum Film

Die turbulente Produktionsgeschichte sieht man „Jane Got A Gun“ an. Die Querelen hinter den Kulissen – Regisseurin Lynne Ramsay erschien an Drehtag eins nicht am Set, O’Connor sprang ein – zeigen sich deutlich. Schauspieler wie Jude Law, Michael Fassbender oder Bradley Cooper, die aufgrund der unsicheren Lage wieder absprangen, als auch die Verschiebung des Starttermins um ein Jahr lassen Narben zurück. Nur Natalie Portman ist der Fels, der sich gegen die widrigen Umstände stemmt. Als Produzentin und Hauptdarstellerin ist „Jane Got A Gun“ ein Herzensprojekt ihrerseits, was dessen fehlende Qualität umso schlimmer macht.
„Jane Got A Gun“ ist dabei nicht einmal schlecht. Doch angesichts der Möglichkeiten, dem Genre neue Impulse zu geben, ist solide einfach zu wenig. O’Connor rettet, was zu retten ist, Portman spielt großartig – wären da nicht die lichtdurchflutenden Rückblicke, die den Drive gehörig herausnehmen. Selbst Ewan McGregor als charismatischer Bösewicht bleibt blass, da ihm kaum Raum zur Entfaltung gegeben wird. Dank nettem Showdown und sattem Sounddesign ist „Jane Got A Gun“ ein leicht überdurchschnittlicher Genrebeitrag, doch die Ziele mussten im Vorfeld wesentlich höher gesteckt haben. 

©Universum Film

BEWERTUNG: 06/10Titel: Jane Got A GunFSK: ab 12 freigegebenLaufzeit: 98 MinutenErscheinungsjahr: 2015Autoren: Brian Duffield, Anthony Tambakis, Joel EdgertonRegisseur: Gavin O'ConnorDarsteller: Natalie Portman, Ewan McGregor, Joel Edgerton, Noah Emmerich, Rodrigo Santoro, Boyd Holbrook