Erst vor kurzem ließ Sauerland Event den Super Mittelgewichtler Baker Barakat (52 Kämpfe, 36 Siege, 24 durch KO, 12 Niederlagen, 5 durch KO, 4 Unentschieden) gegen Marcos Nader (15 Kämpfe, 15 Siege, 2 durch KO) im Vorprogramm zu der sogenannten Schwergewichtsweltmeisterschaft zwischen Alexander Povetkin und Marco Huck boxen. Problematisch an diesem Auftritt war, dass Barakat von der GBA (German Boxing Association) gesperrt war. Das hielt aber den größten deutschen Veranstalter nicht davon ab, ihn boxen zu lassen. Der in Syrien geborene Barakat hatte sich wohl flux eine andere Lizenz besorgt. Und was interessiert den berliner Veranstalter, dass ein Boxer, den er haben will, gesperrt ist?
Alles hat geklappt, wie Sauerland Event es wollte. Der Sauerland Boxer Nader gewann den 10 Runder nach Punkten. Die ARD schaute – wie immer – nicht so genau hin. Kaum jemanden interessierte es, dass damit der Glaubwürdigkeit des Boxens vorsätzlich ein Tritt in den Unterleib verpasst worden war.
Da alles so gut geklappt hatte, setzte Sauerland Event nun noch einen drauf. Man wollte den zweiten Kampf zwischen David Haye (27 Kämpfe, 25 Siege, 23 durch KO, 2 Niederlagen, 1 durch KO) und Dereck Chisora (18 Kämpfe, 15 Siege, 9 durch KO, 3 Niederlagen). Wir erinnern uns: Der erste Kampf der beiden fand statt während der Pressekonferenz nach dem Kampf von Vitali Klitschko gegen Chisora. Diese Auseinandersetzung begeisterte so sehr, dass Klitschko und sein Manager Bernd Bönte ihm, wie es aussah, Applaus spendeten. Die Veranstalter Sauerland Event und Frank Warren waren davon aber wohl auch so angetan, dass sie am 14. Juli die beiden sogar im Ring aufeinander treffen lassen wollten.
Dass der britische Verband (British Boxing Board of Control) Chisora nach seiner ersten Prügelei die Lizenz entzogen hatte, sollte dabei kein Hinderungsgrund sein. Da es gilt das londoner Stadion Upton Park zu füllen, war der luxemburger Boxverbandes F.L.B. (Fédération Luxembourgeoise de Boxe) den Veranstaltern zu Diensten und lizensierte Chisora.
Kalle Sauerland prognostizierte ganz unbescheiden: „Ich erwarte einen der meist diskutierten und spektakulärsten Kämpfe aller Zeiten“. Und er scheint Recht zu behalten. Es sind bereits 17.000 der 35.000 bis 40.000 Karten verkauft worden. Und der Kampf selbst verspricht auch gut zu werden. Allerdings geht es hier offensichtlich erst mal ums Geschäft, und da bleibt die Moral schon einmal auf der Strecke. Tatsache ist und bleibt nämlich, dass der britische Verband sich genötigt sah, Chisora wegen seines skandalösen Verhaltens vor und nach seinem letzten Kampf die Lizenz zu entziehen. Sauerland Event und Frank Warren, der Manager von Chisora, hebelten aber die Sanktionen des Verbandes aus.
Wenn es um Geschäfte geht, geht die Argumentation manchmal seltsame Wege. Der Geschäftsführer des Sauerland-Stalls, Christian Meyer, erklärte: „Moralisch ist das nicht verwerflich. Chisora ist nicht gesperrt worden, man hat ihm nur die Lizenz entzogen. Jetzt hat er eine andere. Wir haben schließlich Berufsfreiheit.” Das sagt nun einer der Männer, die erst unlängst einen gesperrten Boxer Barakat eingesetzt hatten. Mit seiner sehr freizügigen Auslegung von Berufsfreiheit hebelt Meyer jegliche Möglichkeit von Sanktionierungen für Boxer durch die Verbände aus. Was hier von ihm Freiheit genannt wird, nenne ich Verachtung, Verachtung gegenüber seriösen Verbänden und moralischen Standards.
Aber hier nun geschah etwas Wunderbares. Die ADR nun, die normalerweise bei mir den Eindruck erweckt, immer alles zu übertragen, was Sauerland Event anbietet, zog die Notbremse. Sie reagierte auf die immer lauter werdende Kritik an diesem Kampf und ließ verlauten: „Eine Übertragung der Boxveranstaltung am 14. Juli 2012 in London passt nicht zum Image und zum Selbstverständnis der ARD.“
Danke!
Endlich!
Endlich nimmt die ARD ihre Rolle als übertragender TV-Sender ernst und übernimmt Verantwortung für das Boxen.
Danke!
© Uwe Betker