keine angst vor großen rädern

Als Journalistin und Texterin darf ich ja in verschiedenste Bereiche schnuppern – für eine Reportage über Ausbildungsberufe war ich neulich in Aspach und habe eine Baugeräteführerin interviewt und bin bei einer Besichtigungsfahrt durch den Steinbruch ganz schön durcheinander geschüttelt worden. Das war genau so spannend wie die Info, dass Frauen auch ganz unkompliziert in Männerberufen arbeiten können. Hier der Artikel:

Der Steinbruch der Firma Lukas Gläser in Aspach ist der größte der Region Stuttgart: auf etwa 50 Hektar fördert die Firma seit 150 Jahren Stein, recycelt Asphalt und Beton zu „neuen“ Rohstoffen. Mehr als 100 Meter hoch ragen die steilen Wände in den Himmel – graue Gesteinsschichten sind zu sehen, weiter oben liegt gelber Muschelkalk. Zweimal ertönt eine Sirene, dann ist es kurz still und plötzlich stürzen mit lautem Knall zig Kubikmeter Stein aus der Wand. Es rasselt und staubt, ein riesiger Geröllhaufen sammelt sich am Boden.

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Drei kurze Sirenentöne signalisieren das Ende der Sprenung und fünf Minuten später rollen die ersten Baufahrzeuge an: Radlader transportieren die zerbrochenen Gesteinsmassen in den Vorbrecher, Bagger schaufeln Muldenkipper voll. Weiter vorne lagern in Aufschüttungen bereits verarbeitete Steine – hellbrauner Naturstein in großen Brocken, kieselgrauer Schotter in verschieden großer Körnung. Der größte Teil des Materials kommt im firmeneigenen Straßenbau zum Einsatz.

Baumaschinen, die bei der Firma Lukas Gläser im Einsatz sind, sind zum Teil riesig – und faszinieren vor allem Männer. Mindestens 15 LKWs, über 20 Radlader, mehrere Bagger, zwei Raupen und viele weitere Fahrzeuge gehören zum Fuhrpark der Firma und seit September 2015 sitzt auch eine Frau im Führerhäuschen: Katrin Look (15) absolviert hier ihre Ausbildung zur Baugeräteführerin und sagt: „Die Muldenkipper find ich fast am einfachsten zu fahren – das ist bisschen wie ein großer PKW mit Automatikschaltung.“ Zahlreiche Spiegel und ein Video-Bildschirm erleichtern das Rückwärtsfahren.

Die großen Raupen mit ihrer Schubkraft, ihren Ketten und Schildern, sind schwieriger zu handhaben – „das liegt nicht jedem. Angst sollte man vor den großen Fahrzeugen auf jeden Fall keine haben“, meint Look – Respekt dagegen schon. Mit sanften, oft Millimeter feinen Bewegungen bringt Katrin Look mannshohe Räder ins Rollen, hebt und senkt beeindruckende Baggerschaufeln und setzt große Raupen Bewegung. „Das ist besser als ein Computerspiel“, sagt Katrin Look und strahlt.

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Auch die Bedienung kleinerer Maschinen wie Trennschneider, Rüttler oder Stampfer sowie KfZ-Technik gehören für Baugeräteführer zum Handwerk. Während ihrer Ausbildung durchläuft die junge Frau aus Großerlach alle Abteilungen der Firma, verbringt also auch einige Wochen im Steinbruch. Zugegeben: nicht jeden Tag ist Ihre Ausbildung so spektakulär wie die Zeit im Steinbruch. Trotzdem ist es für Katrin Look ein Traumberuf.

Als es um die Frage ging, ob sie nach der neunten Klasse weiter zur Schule geht oder lieber eine Ausbildung macht, meinte ihre Mutter: „Werd’ doch Baggerfahrerin“ und lachte. Was als Scherz gemeint war, wurde für die Tochter zum Plan: „Ich dachte: warum nicht? Ich bin sowieso viel draußen. Im Garten- und Landschaftsbau-Betrieb meines Bruders bin ich schon öfter Baugeräte gefahren, sogar den Stall meines Ponys miste ich mit einem kleinen Radlader aus – der Gedanke war also gar nicht abwegig“, erinnert sich Katrin Look.

Da sie zum Zeitpunkt ihrer Bewerbung allerdings erst 14 war, stand der Berufswunsch zuerst auf wackligen Beinen. „Doch wir haben uns gesagt: es sind nur noch wenige Monate, bis sie 15 wird, geben wir ihr eine Chance“, sagt Ausbildungsleiter Simeon Weißert. Dass sie eine Frau war, spielte auf beiden Seiten keine Rolle, dennoch genießt Katrin Look einen kleinen Exoten-Bonus: in ganz Baden-Württemberg gibt es derzeit nur zwei weibliche Auszubildende zur Baugeräteführerin im ersten Lehrjahr. Probleme mit den männlichen Kollegen gibt es keine – weder in der Berufschule noch im Betrieb. Nur Bekannte staunen manchmal, wenn Katrin Look erzählt, was sie beruflich macht.

In Geradstetten und Sigmaringen absolviert Katrin Look für einige Wochen ihre überbetriebliche Ausbildung in Sachen Bau: „Hier lernen wir Grundkenntnisse wie Gerüstbau, Mauern und Schalen – egal, in welchem Bereich man als Baugeräteführer später arbeitet: diese Kenntnisse schaden nie. Katrin Look ist nach Ihrer Ausbildung vor allem im Straßenbau tätig und eines weiß sie jetzt schon. „Da braucht man Gelassenheit und eine ruhige Hand.“

Insgesamt drei Baugeräteführer-Azubis beschäftigt die Firma Lukas Gläser derzeit – auch Sraßen-, Beton- und Stahlbetonbauer, Verfahrensmechanikerinnen, Land- und Baumaschinenmechatronikerinnen und Lehrlinge anderer Fachrichtungen können hier ihre Ausbildung machen. So fördert der Betrieb den Nachwuchs aus den eigenen Reihen, denn Bewerber von außerhalb sind im Moment eher Mangelware, was Katrin Look eigentlich nicht versteht: „Der Beruf ist unglaublich vielseitig und verantwortungsvoll – jeder Tag ist anders und oft muss man improvisieren“, sagt sie und freut sich schon auf die nächsten Herausforderungen.



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