Die Axpo darf die atomare Wiederaufbereitungsanlage von Majak im Südural nicht besichtigen. Der Zürcher Baudirektor Markus Kägi droht deshalb mit Konsequenzen. Passieren dürfte aber herzlich wenig.
© Tomas Wüthrich
Noch im November 2010 hatte sich Sergej Baranow sein Unternehmen als Musterbeispiel für Transparenz präsentiert: «Kommen Sie, wir zeigen Ihnen alles», erklärte der Direktor des Atomkomplexes Majak im Gespräch mit Schweizer Journalisten. Ob diese Einladung noch gilt, lässt sich nicht nachprüfen. Klar ist, dass sie für die Verantwortlichen der Axpo, die Ende Juni nach Majak reisen wollten, explizit nicht gilt. Der Zutritt zur Anlage wird ihnen verweigert, wie die Axpo in einer Medienmitteilung schreibt. Die Verantwortlichen des Stromkonzerns wollten mit dem Besuch ein Versprechen einlösen, das sie, aufgeschreckt durch Greenpeace-Recherchen und Medienberichte, im Herbst abgegeben hatten: Abzuklären, wie «sauber» die Wiederaufbereitung des Urans in Majak tatsächlich ist. Eine erste Reise hatte eine Axpo-Delegation deshalb schon unternommen, allerdings nur in die Umgebung von Majak.Es gab jedoch schon im November erheblich Zweifel, dass es Baranow mit seiner Einladung ernst meinte, zumal die Anlage von Majak kein Unternehmen ist, das man einfach so besuchen kann. Neben dem zivilen Teil, in dem Uran wiederaufbereitet wird, gibt es in Majak einen militärischen Bereich, der noch strenger abgeschirmt ist als der zivile. Kommt hinzu, dass Majak, von wo ein Teil des wiederaufbereiteten Urans stammt, das in den AKWs von Beznau und Gösgen eingesetzt wird, eine wenig ruhmreiche Geschichte hat. Seit Jahrzehnten verseucht der riesige Atomkomplex durch Unfälle und Einleitungen von radioaktiven Abwässern die Umgebung. Tausende Quadratkilometer Land sind dadurch unbewohnbar. Aufgeschreckt durch die Recherchen von Greenpeace räumte dies im November 2010 selbst die Axpo ein. Es gebe «Hinweise, dass die heutige Produktion in einzelnen Punkten (bsp. Abwasserbehandlung) noch nicht internationalen Standards entspricht», erklärte das Unternehmen.
Die Messungen, die ein Greenpeace-Experte während der Reise im November im Fluss Tetscha vornahm, zeigten jedoch, dass dies deutlich untertrieben sein dürfte : In den zwei Jahren seit den letzten Messungen waren die Werte der radioaktiven Stoffe Strontium und Tritium deutlich gestiegen. Greenpeace geht deshalb davon aus, dass weiterhin radioaktive Stoffe aus Majak in den Fluss gelangen.
Nun wird aus der Axpo-Reise nach Majak nichts, und der Zürcher Baudirektor Markus Kägi, der als Axpo-Verwaltungsrat die Reise in den Südural hätte mitmachen sollen, kündigt ernsthafte Konsequenzen an. Er wolle «die Anlage selbst in Augenschein nehmen», erklärt er im «Tagesanzeiger». Wenn die Verantwortlichen von Majak die Transparenz über den Wiederaufbereitungsprozess verweigerten, «dann setze ich mich für die Kündigung des Vertrags ein». Das sind schöne Worte – Konsequenzen haben sie jedoch wohl keine, denn mit Majak hat Axpo gar keinen Vertrag. Lieferant ist offiziell Areva. Im Vertrag zwischen dem französischen Atomkonzern und der Axpo ist jedoch festgeschrieben, dass die Axpo kein Anrecht auf Informationen zur Lieferkette hat. Die von der Axpo nun plötzlich gewünschte und von Majak verweigerte Transparenz dürfte als Kündigungsgrund deshalb kaum reichen.
Sergej Baranow im Gespräch mit Schweizer Journalisten: