Die Wiener Künstlerin Erika Pluhar schaut zurück
Die 75 Jahre sieht mal ihr nicht an. Erika Plujahr sieht blendend aus. Die ein- oder andere Altersfalte und das perfekt sitzende silberblonde Haar entstellen sie nicht, im Gegenteil. Ganz in elegantem Schwarz gekleidet betritt sie gut gelaunt das Wiener Kaffeehaus auf der Leipzig Buchmesse. Dort plaudert sie aus ihrem Leben, dem Leben einer öffentlichen Frau. Das Eulengezwitscher war dabei.
Erika Pluhar
Die öffentliche Frau
Eine Rückschau
Erschienen im Residenz Verlagim September 2013. 288 Seiten kosten in der gebundenen Ausgabe 21,90 €.
"Woart amol..." Erika Pluhar hat das Buch schon aufgeschlagen, um daraus zu lesen. "Meine Brille brauch' i..." Freundliche Lacher. Das Wiener Kaffeehaus in der Halle 4 der Leipziger Messe ist überfüllt, bis auf die breiten Gänge stehen die Zuhörer. Kein Wunder: Erika Pluhar hat etwas zu erzählen. Beruflich blickt sie auf eine grandiose Künstlerkarriere zurück. Vier Jahrzehnte war sie Schauspielerin am Burgtheater, dazu erfolgreiche Chansonsängerin und Filmemacherin, Autorin. Privat hat sie gravierende Schicksalsschläge erdulden müssen: Ihr erster Mann wird (lange nach der Scheidung) wegen sechsfachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Auch die zweite Ehe (mit André Heller) scheitert (allerdings sind beide nach wie vor eng befreundet). Der dritte Lebenspartner bringt sich um und Pluhars Tochter Anna erstickt an einem Asthmaanfall. Trotz allem ist von Verbitterung nicht zu spüren im Wiener Kaffeehaus. Da liest und spricht eine selbstbewusste und lebensbejahende Vollblutkünstlerin über ihre Wandlung von der Femme Fatal zur Emanze in nur einem Frauenleben. Früher hingen die Männer an ihren Lippen, wenn sie mit betörend dunkler Stimme ihre (frivolen) Chansons gesungen hat.
Heute sind es vor allem die Frauen mittleren Alters, die ihr begeistert und andächtig zuhören. Die Pluhar ist ein Vorbild. Sie lebt ein selbstbestimmtes Leben und ist erfolgreich damit. Ihre Lebensgeschichte - und das macht den besonderen Reiz ihrer Autobiografie aus - erzählt sie einem fiktiven und namenlosen Reporter in einem fiktiven Interview. Ihm erklärt sie auch, warum auch ein öffentliches Leben am Ende ein normales Leben ist:
Wissen Sie, lieber Herr Redakteur, fährt sie dann fort, es ist ein eigen Ding um öffentliches Interesse. Im Grunde genommen hat es mit dem Leben des Menschen, für den man sich interessiert, wenig zu tun. Wir leben, leiden und sterben mutterseelenallein, auch wenn wir medial präsent sind. Es gibt prominente Leute, die meinen, sie seien nur am Leben, wenn ihr Leben öffentlich gemacht werde, egal wie. Was für ein grausamer Irrtum. Tja, sagt der Redakteur.