Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 1. Juli 2014 (Az. VI ZR 345/13) entschieden, dass ein in seinem Persönlichkeitsrecht Verletzter von dem Betreiber eines Internetportals keine Auskunft über die bei ihm hinterlegten Anmeldedaten des Verletzers beanspruchen kann, weil hierfür - insb. im Telemediengesetz (TMG) - keine Rechtsgrundlage besteht.
Eine Auskunft durch den Portalbetreiber ist jedoch ggf. im Rahmen eines Strafverfahrens zu erteilen.
Sachverhalt
Der Kläger, ein frei praktizierender Arzt, machte einen Auskunftsanspruch gegen die Beklagte geltend, die Betreiberin eines Internetportals ist, das Bewertungen von Ärzten ermöglicht.
Im November 2011 entdeckte der Kläger auf der Internetseite der Beklagten eine Bewertung, in der über ihn verschiedene unwahre Behauptungen aufgestellt wurden. Im Juni 2012 wurden weitere, den Kläger betreffende Bewertungen mit unwahren Tatsachenbehauptungen veröffentlicht. Auf sein Verlangen hin wurden die Bewertungen jeweils von der Beklagten gelöscht. Am 4. Juli 2012 erschien (bis November 2012) erneut eine Bewertung mit den von dem Kläger bereits beanstandeten Inhalten.
Das Landgericht (LG) Stuttgart hat die Beklagte zur Unterlassung der Verbreitung der vom Kläger beanstandeten Behauptungen und zur Auskunft über Name und Anschrift des Verfassers der Bewertung vom 4. Juli 2012 verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat einen Auskunftsanspruch des Klägers gegen die Beklagte wegen der bei ihr hinterlegten Anmeldedaten des Verletzers gemäß §§ 242, 259, 260 BGB bejaht. § 13 VI 1 TMG, wonach ein Diensteanbieter die Nutzung von Telemedien anonym oder unter Pseudonym zu ermöglichen hat, soweit dies technisch möglich und zumutbar ist, schließe den allgemeinen Auskunftsanspruch nicht aus.
Mit der vom OLG beschränkt auf den Auskunftsanspruch zugelassenen Revision verfolgte die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage - im Umfang der Zulassung - weiter.
Die Revision hatte Erfolg. Der Bundesgerichtshof hat die Klage auf Auskunftserteilung abgewiesen.
Gründe
Der Betreiber eines Internetportals ist in Ermangelung einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage i.S.d. § 12 II TMG grds. nicht befugt, ohne Einwilligung des Nutzers dessen personenbezogene Daten zur Erfüllung eines Auskunftsanspruchs wegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung an den Betroffenen zu übermitteln.
Nach dem Gebot der engen Zweckbindung des § 12 II TMG dürfen für die Bereitstellung von Telemedien erhobene personenbezogene Daten für andere Zwecke nur verwendet werden, soweit eine Rechtsvorschrift dies erlaubt oder der Nutzer - was vorliegend nicht der Fall war - eingewilligt hat. Ein "Verwenden" i.S.d. § 12 II TMG stellt auch eine Übermittlung an Dritte dar. Eine Erlaubnis durch Rechtsvorschrift kommt außerhalb des Telemediengesetzes nach dem Gesetzeswortlaut lediglich dann in Betracht, wenn sich eine solche Vorschrift ausdrücklich auf Telemedien bezieht. Eine solche Vorschrift hat der Gesetzgeber bisher nicht geschaffen.
Dem durch persönlichkeitsrechtsverletzende Inhalte einer Internetseite Betroffenen kann allerdings ein Unterlassungsanspruch gegen den Diensteanbieter zustehen (vgl. BGH, Urt. v. 25.10.2011, Az. VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219), den das OLG im Streitfall auch bejaht hat. Darüber hinaus darf der Diensteanbieter nach §§ 14 II, 15 V 4 TMG auf Anordnung der zuständigen Stellen im Einzelfall Auskunft über Bestands-, Nutzungs- und Abrechnungsdaten erteilen, soweit dies u. a. für Zwecke der Strafverfolgung erforderlich ist.
Bewertung
Damit ist nun höchstrichterlich geklärt, dass ein Berechtigter gegen einen Portalbetreiber jederzeit die Unterlassung der Verletzung seiner Perönlichkeitsrechte einfordern kann. Erst wenn die Rechtsverletzung die Grenze der Strafbarkeit überschritten hat bzw. ein Strafverfahren eingeleitet wurde, können die Strafverfolgungsbehörden von dem Protalbetreiber Auskunft über die Person des "Kritiserenden" verlangen.
Instanzenzug
LG Stuttgart, Urteil vom 11.01.2013, Az. 11 O 172/12
OLG Stuttgart, Urteil vom 26.06.2013, Az. 4 U 28/13
BGH, Urteil vom 01.07.2014, Az. VI ZR 345/13