Die Vorschläge zu Vorschriften im Straßenverkehr haben aktuell Konjunktur. Der neue Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Oliver Malchow, fordert gerade ein deutschlandweites Verbot von Alkoholkonsum im öffentlichen Personennahverkehr (1) . Die SPD überbietet sich mit Tempo-Limit Vorschlägen. Doch in leicht berauschtem Zustand ein KFZ zu lenken, ist bis 0,5Promille weiterhin erlaubt. Merkwürdige Prioritäten, kann man da nur sagen.
Wieder einmal: Tempolimit
Nachdem Sigmar Gabriels Vorschläge, nun auf deutschen Autobahnen ein generelles Temoplimit von 120km/h einzuführen wieder vom Tisch sind (2), ist ein generelles “Tempo 30″ innerorts eine weitere SPD-Variante in der Diskussion. Die Grünen klatsch(t)en jeweils Beifall. Die gegenseitigen Besuche auf den Parteitagen sollen der Öffentlichkeit demonstrative Einigkeit von Rot-Grün vorführen, was wohl auch in Sachen “Reglementierungs-Aktionismus” gilt. Wie bei der ESM-Befürwortung wird viel eher rot-grüne Beliebigkeit demonstriert, als sinnvolle, an die Realität angepasste Regeln . Gabriel bemühte bei seinem Vorschlag die Statistik. Laut NTV sagte er:
“Der Rest der Welt macht es ja längst so. Tempo 120 auf der Autobahn halte ich für sinnvoll, weil alle Unfallstatistiken zeigen, dass damit die Zahl der schweren Unfälle und Todesfälle sinkt.” (3)
Zahlen und Statistiken
Mit Statistischem kann man je nach Intention vieles belegen oder auch widerlegen. So dauerte es auch nicht lange, bis eine vergleichende Statistik darlegte, das z.B. in Österreich die Unfall-Zahlen mit Personenschäden trotz eines entsprechenden 130ger Limits sogar höher seien, als in Deutschland ohne. Darüberhinaus belegen andere Zahlentabellen, dass die Häufigkeit der Unfalltoten auf deutschen Landstraßen erheblich höher sei, als auf Autobahnen. (6) Insgesamt gibt es im “Rest der Welt” ganz unterschiedliche Limits. Sogar innerhalb Europas sind die Tempo-Vorschriften eher ein Dschungel als einheitlich. In Frankreich und Belgien darf man beispielsweise mit einem Gespann z.B. PKW mit Wohnanhänger bis 130km/h über den Asphalt kacheln. (Stand August 2012) (4)
Flexible und situative Lösungen statt generelle Verbote
Der ADAC wird nicht müde, bei solchen Vorschlägen zu entgegnen, dass die meisten kritischen Autobahn-Strecken bereits jetzt mit Geschwindigkeitsobergrenzen belegt sind und nur noch auf einem kleinen Teil des deutschen Autobahnnetzes grenzenlos Gas gegeben werden darf – wo dies die Verkehrsdichte nicht per se verhindert. Und sicher ist das Argument nicht von der Hand zu weisen, dass eine Auflösung von zählfiessendem Verkehr und Staus eher erreicht wird, wenn auf freien, unkritischen Strecken bei der Auflösung zügig voran gefahren werden kann.
Angepasste Lösungen für den Innerörtlichen Verkehr
Anachronistisch ist das Unterfangen zu bezeichnen, Städte und Ortschaften generell mit Tempo 30 zu belegen. Das ist unflexibel und verhindert den Verkehrsfluss an Stellen, an denen heute schon Roller und teilweise sogar Fahrräder und die aufkommenden Elektro-Bikes schneller fahren würden als die Autofahrer ggf. einmal sollen. Allerseits ist auf gut ausgebauten mehrspurigen Bundesstraßen innerorts sinnvollerweise sogar 60 oder 70 erlaubt, was einer stinkenden, schleichenden Blechlawine zu Stoßzeiten vorbeugt und dem Pendlerverkehr ein zügiges Erreichen der Arbeitsplätze sichert. In den Wohngebieten und Innenstädten gibt es schon sehr viele Tempo-30-Zonen und “Spielstraßen”. Was spricht dagegen, diese sinnvoll und situationsgemäß weiter auszubauen?
Verantwortung und “Klare Kante” mit “0,0-Toleranz”.
Es ist Rahmen der allgemeinen Verkehrssicherheit zu grundsätzlich fordern, dass es 0,0-Toleranz gegenüber Rauschmitteln im Straßenverkehr gibt. Dies ist bis heute nicht durchgesetzt worden. Das Verbot von Alkoholkonsum im öffentlichen Nahverkehr macht meines Erachtens nur dann einen Sinn und kann erst dann glaubhaft gefordert und durchgesetzt werden, wenn für die KFZ-Fahrer Null-Promille-Alkohol im Straßenverkehr durchgesetzt wird. In der DDR war 0,0 Gesetz. Es hätte den zusammengschlossenen deutschen Staaten gut angestanden, genau das -außer dem grünen Rechtsabbieger-Pfeil- zu übernehmen.
Die 0,5-Promille-Grenze gehört längst abgeschafft!
Jeder 11. Verkehstote ist das Opfer eines Alkoholunfalls. Von 1.000 alkoholbedingten Unfällen enden 23 mit Toten und 332 mit Schwerverletzten! (ohne Dunkelziffer und unaufgeklärte Fahrerflucht) Bei Unfällen, bei denen kein Alkohol im Spiel ist, sind die Personenschäden deutlich niedriger. (7)
Was viele nicht wissen und durch den Gesetzgeber überheblich ignoriert wird:
• Ab 0,2 Promille Alkohol im Blut lässt die Reaktionsgeschwindigkeit nach, Fehleinschätzungen häufen sich und die Konzentrationsfähigkeit nimmt deutlich ab, das Sehvermögen ist eingeschränkt
• Ab 0,3 Promille Alkohol: Subjektiv bemerkbare Alkoholisierung; erste nachweisbare Beeinträchtigung “komplexer Tätigkeiten”, wie z.B: Autofahren
• Ab 0,5 (!) Promille verdoppelt sich das Unfallrisiko. Eine Rotlichtschwäche tritt auf, Bremsleuchten oder rote Ampeln werden nur noch verzögert wahrgenommen. Generell nachweisbare Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit
• Ab ca. 1,0 Promille Störung der Sinnesfunktionen: Es treten Gleichgewichtsstörungen auf, das Umfeld wird verschwommen oder doppelt wahrgenommen.(Weiteres dazu siehe Tabelle des ADAC-Dokumentes (7) auf Seite 9 )
Eine wesentliche Verantwortung der Fahrzeuglenker gegenüber der Allgemeinheit ist , dass sie die Fahrt ohne Drogen oder Nervengifte wie Alkohol antreten. Hier machen klare Regeln und Verbote Sinn! Es sollte gewährleistet sein, dass die Menschen hinter dem Steuer weder angetrunken, noch von anderen Rauschmitteln oder Medikamenten in ihrer Leistungsfähigkeit beeinträchtig sind.
Die “Seuche Alkohol” ist in unserer Bevölkerung bekanntermaßen weit verbreitet. Jedes Jahr sterben tausende Menschen im Straßenverkehr (4) ganz unmittelbar durch die Auswirkungen dieses Nervengiftes.
Und immer noch gibt es kein generelles Verbot von Alkohol am Steuer! Genau an dieser Stelle gäbe es eine Wirkungsstätte für die politische Elite, zur Verkehrssicherheit beizutragen. Ein solches Verbot hätte eine viel größere Priorität als weitere Reglementierungen im allgemeinen Straßenverkehr. Es würde darüberhinaus für mehr Gerechtigkeit und Gleichbehandlung bei Alkoholdelikten sorgen. Denn bei der bisherigen Promille-Regelung gibt es erhebliche Schlupflöcher. Mit teueren Tricks und guten Anwälten können sich Bessergestellte dort immer noch herausmogeln und munter weiterfahren, wo andere, weniger Betuchte die volle Härte einer schwammigen Gesetzgebung spüren, samt hohen Strafen, Fahrverbot und MPU.
Sehr geehrter Herr Gabriel, wäre O,O nicht ein Wahlkampfthema für Sie und die SPD?
ein Zwischenruf von Hans-Udo Sattler