Katzelmacher an der Schaubühne

Von Seeance

Die Handlung von Fassbinders Stück entwickelt sich in einem Münchener Vorort in den 60-er Jahren und dreht sich um eine Gruppe junger Freunde und deren Reaktionen auf das Ankommen des griechischen Gastarbeiters Jorgos. Das Verhältnis der Freunde untereinander ist durch Aggressionen und Gewalt, durch Liebe und Leidenschaft gekennzeichnet. Trotzdem besteht eine gewisse Ordnung und Harmonie zwischen ihnen – so streiten sich Marie und Erich ständig, Franz bezahlt Rosy für Sex, Elisabeth kommandiert Bruno herum, Paul und Helga leben ihre sexuelle Beziehung aus und die einsame Gunda wird von den anderen gehänselt.

Jorgos, der nach Deutschland kommt, um für Elisabeth zu arbeiten, bringt Chaos und Widersprüche in die Verhältnisse der Freunde. In den Frauen erweckt er sexuelle Lust, in den Männern – Neid und Aggression. Während er eine Beziehung mit Marie beginnt und mit ihr nach Griechenland fahren will, eskaliert die Aggression und die anderen planen ihn loszuwerden.

Das Theaterstück behandelt den Ausländer- und Fremdenhass zu Beginn der 60-er Jahre, als die ersten Gastarbeiter nach Deutschland kamen. Diese Grundthematik, auf der Fassbinders Stück basiert, wird aber in der Inszenierung von Ivan Panteleev nicht in vollem Umfang dargestellt.
Der Darsteller in der Rolle von Jorgos ist der Erste, den das Publikum sieht, bekommt aber erst in der zweiten Hälfte Bedeutung für die Handlung. In der ganzen ersten Hälfte ist er eher ein Beobachter, der das Verhalten der anderen beurteilt. Deshalb bleibt seine Rolle am Anfang unverständlich. Erst spät wird das Verhältnis der Gruppe und dem Gastarbeiter thematisiert und damit schafft es das Stück nicht, das Thema Ausländerhass komplex zu behandeln.

Das Stück hat einen besonders starken Anfang. Durch die relativ lange Anfangssequenz, in der alle chaotisch bestimmte Tätigkeit mehrmals wiederholen, wird dem Zuschauer der Alltag im Münchener Vorort vorgestellt. Danach ist es aber teilweise schwierig die Figuren einzuordnen und die eigentliche Handlung zu verfolgen. Die jungen Schauspieler der Hochschule für Schauspielkunst »Ernst Busch« Berlin wirken zu Beginn etwas unbeholfen, aber im Laufe des Stücks gelingt es ihnen die Charaktere mitsamt ihren Leidenschaften, Träumen und Ängsten glaubwürdig darzustellen.
Der Stärke der Inszenierung liegt in Panteleevs Szenographie. Mit dem schönen Bühnenbild, den interessanten Videointeraktionen, guter Musik und Beleuchtung beweist sich Panteleev als ein innovativer Regisseur, dessen weitere Entwicklung wir gespannt verfolgen werden.

Text: Rainer Werner Fassbinder, Regie: Ivan Panteleev, Bühne und Kostüme: Jochen Hochfeld,
Dramaturgie: Nils Haarmann, Licht: Kai Luczak
Koproduktion mit der Hochschule für Schauspielkunst »Ernst Busch« Berlin
Mit Studierenden des 3. und 4. Studienjahres,
Mit: Esther Agricola, Hauke Diekamp, Bertram Maxim Gärtner, Josepha Grünberg, Fabian Jung, Elisabeth Lehmann, Christin Nichols, Christian Schneeweiß, Moritz Schulze, Maria Thomas

Weitere Termine:

12.12.2011, 20.00 Uhr
13.12.2011, 20.00 Uhr
16.12.2011, 20.30 Uhr
02.01.2012, 19.30 Uhr
03.01.2012, 19.30 Uhr
04.01.2012, 19.30 Uhr

Kartentelefon: 030.890023

Schaubühne am Lehniner Platz
Kurfürstendamm 153
10709 Berlin

Anfahrt: U 7 Adenauer Platz,  S5, S7, S9 Charlottenburg, Halensee
Bus: M 19, M 29, Haltestelle: Schaubühne Lehniner Platz


Foto: © Gianmarco Bresadola