katharina, marie & ihre vier männer

marie_katharinaMeine erste Begegnung mit einem eMail-Roman war vor zehn Jahren: „Das klingt nach einem guten Titel“, dachte ich mir und kaufte „Gut gegen Nordwind“ – als Hörbuch. Skeptisch war ich trotzdem: wie bitte kann man nur mit eMails einen derart dichten, dynamischen Plot erschaffen, den ich von „normalen“ Romane gewohnt war? Mit Briefen – klar, da geht man meistens ja auch in die Tiefe…

Mittlerweile weiß ichs genau: es geht! Und zwar hinreißend, wie auch „Katharina, Marie & ihre vier Männer“ kürzlich erneut bewiesen.

Katharina und Marie sind zwei ziemlich beste Freundinnen – auch wenn sie das manchmal nicht glauben, weil die eine oder andere ihrer neuen Lovestory zwischendurch mal höhere Prio eingeräumt hat, als der Freundin -, aber so eine langjährige Frauenfreundschaft bringt ja so schnell nichts ins Wanken. Auch zwei „Nebenraus-Männer“nicht.

Die tauchen nämlich nach wenigen Seiten im Leben von Katharina und Marie auf und wirbeln deren hübsch eingerichtete Leben, ihren Ehen und Weltbilder wild durcheinander. Und das in einem Alter, in dem frau sich eigentlich schon ganz gut gesattelt sieht. Wenn das kein Grund ist, sich fast täglich zu mailen, was dann?

„Was, wenn alles ein Fehler war? Wenn ich Michael nie hätte heiraten dürfen? Wenn ich mich einfach geirrt habe?“ fragt Marie gleich zu Anfang verzweifelt. Zwar gab es in ihrer Ehe nie Probleme, aber nur deshalb, weil Gatte Michael Probleme hasste und gar nicht erst darüber reden wollte.

Und während sich Marie noch mit Selbstzweifeln und Schuldgefühlen plagt und glaubt, die beste Freundin sei gegen Fehlentscheidungen und Fremdgehen immun, rückt die auf Seite 7 mit der Theorie vom 15-Prozent-Mann raus: die besagt, dass frau, wenn sie Glück hat, einen Mann finden kann, der 85 Prozent dessen abdeckt, was ihr wichtig ist. Und genau da kommt der 15-Prozent-Mann ins Spiel, der den Rest übernimmt. In Katharinas Fall ein Arbeitskollege.

Wo beginnt eigentlich Betrug? Bei einem Kuss? Beim Sex? Oder bereits beim Wunsch? Und wie stoppt frau das rasende Gedankenkarussell, das für reichlich Gefühlschaos und  schlaflose Nächte sorgt? Vor allem ein Gedanke quält: gibt es den 100%-Mann womöglich doch? Und ist er es wert, eine langjährige Ehe zu beenden?

Trotz aller Amore bietet Tine Ratigs und Hannah Wilhelms neuer Roman nicht so viel erotischen Subtext wie „Gut gegen Nordwind“, das muss er aber auch gar nicht – das kluge beziehungs- und geschlechter-philosophische Pingpong der Protagonistinnen ist mehr als unterhaltsames Geplänkel. Der eMail-Stil steht dem Roman dabei überraschend gut und eingestreute SMS-Nachrichten erzeugen zusätzliches Tempo.

Zeitgemäßer kann ein Roman kaum sein: hin- und hergerissen zwischen Aufklärung und romantischer Sehnsucht, zwischen altem Rollenverständnis und moderner Frau mäandern Katharina und Marie emotional verbunden durch ihre turbulenten neuen Entwicklungsphasen, erkennen sich, ihre vier Männer und Partnerschaften an sich aus völlig neuen Perspektiven und streifen schließlich die Kokons der Illusionen ab, um gestärkt und gereift in neue Lebensabschnitte zu gehen.

Ob und mit welchen Männern – das bleibt die spannende Frage, die jede(r) Leser(in) selbst heraus finden darf. Viel Vergnügen!

Tine Ratig, Hannah Wilhelm „Katharina, Marie & ihre vier Männer“, broschiert, 8 Euro 99, Goldmann

P.S. Ich wünsch mir ja unbedingt eine Fortsetzung!



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