Godzilla ist doch irgendwie auch eine Naturkatastrophe. Hier in der 2014er Version.
Eigentlich hätte die Welt schon längst untergehen müssen. Das Ende aller Tage, schon so oft wurde es prophezeit, dass es sich sogar schon in popkulturelle Filmphänomene eingebrannt hat. Ein eigenes Genre, so könnte man die Filme zusammenfassen, die sich mit gigantischen Naturkatastrophen, übernatürlichen Übergriffen oder der Welt nach dem apokalyptischen Ende auseinander setzen. Wenn Godzilla 1954 zum ersten Mal durch Tokyo trampelt, kommt das zumindest für die dortige Bevölkerung einem Weltende nahe. Zeitgenössische Regisseure wie der deutschstämmige Roland Emmerich verarbeiten das Weltende gleich in einer ganzen Reihe von Filmen: In Independence Day ist es die Übermacht einer außerirdischen Rasse, die für die letzten Tage der Menschheit sorgen könnten, in The Day After Tomorrow ereilt uns eine neue Eiszeit und in 2012 greift er die Vorhersagen der Maya auf, die nicht nur in trivialen Zusammenhängen für die wahre Angst vor dem kommenden Weltende gesorgt haben, sondern in allen Bereichen der medialen Berichterstattung ihren Zugang gefunden haben. Passenderweise ist dann auch Roland Emmerich für die 1998er Neuverfilmung Godzilla verantwortlich, ein Film der selbst als Untergang einer Kultur bezeichnet werden könnte – rein qualitativ argumentiert.
In ihrer Publikation Bilder vom Ende. Zur Affizierung im Kino am Beispiel des Naturkatastrophenfilms Hollywoods widmet sich die Autorin Franziska Seewald eben diesem Phänomen. Sie nimmt sich den – nicht unbedingt nur modernen – Hollywoodfilm und untersucht seine Strukturen in Bezug auf naturkatastrophale Erscheinungen. So geht es in zahlreichen Filmen um Erdbeben, um Windhosen, um durch die Natur bedingte Einflüsse, die für die Menschheit nicht nur das Weltende, sondern auch – um es klein zu halten – das ganz persönliche Ende bedeuten können. Mal sind es persönliche Schicksale, die von einem solchen Desaster betroffen sind, mal sind es Dörfer, Städte und Regionen, dann wieder die gesamte Welt. Dabei spielt auch immer die sinnliche Wahrnehmung des Zuschauers mit in das Erleben dieser Katastrophen mit hinein, vor allem vor dem technologischen Fortschritt, den die Institution Kino erlebt. Mit 3D-Technik kommen Wirbelstürme aus der Leinwand heraus, Felsspalten schieben sich in den Kinosaal hinein, das Beben, Schütteln, Rütteln ist dank technischer Ausstattung fast zum Live-Erlebnis geworden. Es bleibt abzuwarten wann sich neue Soundsysteme wie das Dolby Atmos flächendeckend ausbreiten werden, um auch auf tonaler Ebene für eine Erweiterung solcher sinnlicher Bezugnahmen zu sorgen.
„I’m watching the earth crumble before my eyes. I have goose bumps, people…Bring it on!” steht dem Buch als Zitat aus eben Roland Emmerichs 2012 voran gestellt. Es wird eines von wenigen Indizien bleiben, dass auf popkulturelle Trivialinhalte abzielt. Auch wenn die Autorin sich auf weitere Filme wie The Day After Tomorrow, Twister, Earthquake, When Worlds Collide, San Francisco und viele mehr bezieht, schafft sie es doch durch Schreibstil, Argumentation, Darlegung ihrer Thesen, Beweisführung und exemplarische Abarbeitung selbst nicht ins Popkulturelle abzudriften, sondern eine wissenschaftliche Schrift vorzulegen, die einen nachvollziehbaren roten Faden strickt, noch viel wichtiger aber: Bilder vom Ende bietet interessanten und informativen Lesestoff, möchte man sich einmal strukturiert und reflektiert der Katastrophe im Film annähern.
Da uns auch in diesem Jahr wieder reichliche Bilder vom Ende auf der Kinoleinwand präsentiert werden, ist Franziska Seewalds Veröffentlichung eine wunderbare Vorbereitungslektüre um tiefer in die Funktionswelten des filmischen Hollywood-Weltendes einzutauchen. Wenn wir Ende Februar erneut den Untergang Pompeiis durch den Ausbruch des Vesuvs erleben können – in 3D – oder der biblischen Geschichte Noahs und der Rettung eines jeden Lebewesen Paares im Angesicht einer alles verschlingenden, göttlichen Flut beiwohnen können, dann sollten wir sinnlich auf diese megalomanen Erlebnisse vorbereitet sein. Da passt es dann auch nur zu gut, dass im Mai auch Godzilla wieder über die Leinwände trampeln wird.
Bilder vom Ende von Franziska Seewald im Tectum Verlag