Berlin - Italien-Urlauber kennen diese Situation: Selbst bei dem kleinsten Einkauf wird einem in dem Land ein Kassenzettel gereicht. Das ist Pflicht und sorgte bei Deutschen bislang teils für Kopfschütteln. Doch genau auf diese Situation müssen wir uns nun wohl auch in Deutschland einstellen - mit möglicherweise desaströsen Folgen für den Einzelhandel.
Einen enormen bürokratischen Aufwand und erhebliche Kosten befürchtet der deutsche Einzelhandel durch eine neue Pflicht zum Kassenbon. „Im Einzelhandel in Deutschland rechnen wir mit mehr als zwei Millionen Kilometern zusätzlicher Länge an Kassenbons im Jahr", sagte der Steuerexperte des Handelsverband Deutschland (HDE), Ralph Brügelmann. Die Anzahl und Länge der auszugebenden Kassenzettel werde spürbar zunehmen. Besonders stark betroffen seien Unternehmen, die viele günstige Artikel verkaufen. Über das Thema hatte zuvor die „Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtet.
Die Kassenbon-Pflicht ist Teil der Kassensicherungsverordnung, die Steuerbetrug an der Ladenkasse verhindern soll. Demnach sollen Kassen durch eine technische Sicherheitseinrichtung (TSE) fälschungssicher werden. Ursprünglich sollten alle Kassen bis zum Jahresbeginn 2020 die neuen Vorschriften erfüllen, das Finanzministerium räumte nun Zeit bis Ende September ein. Der HDE kritisierte, die benötigte Technik sei noch nicht am Markt verfügbar und die Umstellung kostspielig. „Erste grobe Kostenschätzungen liegen einschließlich Installation zwischen 300 und 500 Euro pro Kasse."
Laut Brügelmann könne die Umstellung der Kassen Steuerbetrug zwar eindämmen, die Beleg-Pflicht trage aber nicht dazu bei. „Denn mit dem ersten Tastendruck beim Kassieren wird eine Transaktion eröffnet, die sich bei einer mit einer TSE ausgerüsteten Kasse nicht mehr ohne Spuren löschen lässt. Ob dann der Kunde einen Beleg bekommt oder nicht, ist unerheblich." Und: Der Umwelt-Aspekt der Kassenbon-Pflicht ist dabei noch nicht einmal berücksichtigt.
dpa