Ich erstaunt, überrascht, fast sprachlos – ok, nicht ganz, sonst könnte ich Euch ja nicht erzählen weshalb: Als ich das Buch „Käse aus Nüssen“ von Julie Patt in die Hand bekam hab ich mir nicht träumen lassen, welche Köstlichkeiten darin zu finden sind! Ja, ich hatte schon veganen Käse gegessen, abgepackt, aus der Supermarkt. Der war auch ganz gut, aber die Liste der Inhaltsstoffe hat mir schon etwas die Petersilie verhagelt.
Ich hab eigentlich ganz selten das Gefühl, dass ich auf etwas verzichten muss, weil ich keine Produkte mit tierischen Inhaltsstoffen konsumiere, bei Käse freilich werde ich hin und wieder einfach schwach und ich gönne mir ein Stück aus Schafmilch. Bei Käse aus Nüssen dachte ich: „Der kommt nie ans Original ran.“
Weit gefehlt: der Camembert aus Cashewkernen war einer der leckersten Käse die ich jemals gegessen habe. Die Zubereitung war einfach und gut erklärt und tatsächlich kein Hexenwerk. Ich habe mir dieses Rezept ausgesucht, weil ich dafür nicht extra exklusive Zutaten kaufen musste. Und er schmeckte wirklich köstlich! Das Prädikat „super leicht verdaulich“ verdient er zwar nicht, aber das ist normaler Käse ja auch nicht.
Es lohnt sich auf jeden Fall, noch mehr Sorten aus dem Buch auszuprobieren, selbst wenn für manche Rezepte neben Mandeln, Pinienkernen oder Macadamianüssen auch Sachen auf der Einkaufsliste stehen, die man eher selten im Haus hat und auch nicht an jeder Straßenecke bekommt (aber bei Unimedica), zum Beispiel modifizierte Tapiokastärke, Knorpeltang, Rejuvelac oder Miso.
Julie Piatt hat in der Einleitung nicht zuviel versprochen: diese Rezeptsammlung bricht alle Paradigmen und ist eine Fundgrube für unwiderstehlichen pflanzlichen Käse, der auch optisch ganz nah am „Original“ ist.
Macadamia-Ziegenkäse, kräftiger Cheddar, geräucherter Gouda, klassischer Frischkäse oder Gorgonzola: mit diesem Buch bleiben wirklich keine Geschmacks-Wünsche mehr offen. Auch an Aufstriche und Soßen hat Julie Piatt gedacht. Ein klarer Klassiker für die vegane Küche.
Die Zubereitung wird Schritt für Schritt erklärt und es gibt jede Menge Rezepte, denen der selbst hergestellte Käse eine raffinierte Note gibt. Auch Süßes ist dabei wie der cremige Sesamaufstrich, Mandel-Kokos-Makronen mit Creme Fraiche, Käsekuchen oder eine herrliche Bananen-Cremetorte.
Warum überhaupt Käse aus Nüssen? „Viele sagen mir, dass sie zwar verstehen, warum jemand auf Fleisch verzichten und nicht an den in der industrialisierten Fleischwirtschaft an Tieren verübten Grausamkeiten teilhaben möchte, es ihnen jedoch abwegig erscheint, dass der Konsum von Käse, Butter und Eis aus Kuh- und Ziegenmilch Leid verursachen könnte, “ erklärt Autorin Julie Piatt in ihrer Einleitung.
„Die meisten Menschen glauben wirklich, dass Kühen und Ziegen die Haltung als Milchtier nicht schadet. Was vielen von uns nicht bewusst ist, ist, dass die Milchindustrie Kühe brutal behandelt …(Einzelheiten möge jede/r selbst recherchieren, es lohnt sich!).
Wenn wir die Grausamkeiten, die diesen fühlenden Tieren zugefügt werden mit eigenen Augen sähen, würden wir diese grauenvollen Praktiken durch unseren Konsum von Milchprodukten nicht unterstützen wollen.“ Da stimme ich hundertprozentig zu und freue mich wirklich, dass es dieses Buch gibt. Zubereitung und Geschmack sind also keine Hindernisse mehr für vollmundigen Käsegenuss mit zartem Schmelz.
„Was wir essen, wirkt in unser tiefstes Inneres. Wir dürfen das Gefühl für das, was wir essen, nicht verlieren“, appelliert Julie Piatt. Und das gilt nicht nur für Käse sondern für alle Lebensmittel, die ihren Namen möglichst verdienen und nicht aus Chemie und gentechnisch veränderten Substanzen oder auf Kosten anderer Lebenwesen hergestellt werden. Also nichts wie ran an den Nusskäse!
Julie Piatt „Käse aus Nüssen. Köstliche vegane Käsesorten und Gerichte“, 208 Seiten, Broschur, 24 Euro 80, Unimedica