Der Oberbefehlshaber der Vereinigten Staaten von Amerika in Afghanistan General David Petraeus reagierte heute laut Berichten mit „Verwunderung und Enttäuschung,“ nachdem er gehört hatte, dass der afghanische Präsident Karzai die Kriegsführung der Vereinigten Staaten von Amerika kritisiert und gefordert hatte, bei offensiven Vorgangsweisen zurückzustecken und die Praxis der nächtlichen Überfälle einzustellen, bei denen eine große Anzahl von afghanischen Zivilisten getötet worden waren.
„Dass Karzai das macht, und gerade zu diesem Zeitpunkt, unterminiert wirklich Petraeus´ Bemühungen,“ sagte ein Diplomat. Laut Berichten sagte Petraeus zu afghanischen Regierungsvertretern, dass Karzais Kritik die Kriegsanstrengungen beeinträchtige und die Okkupation der Vereinigten Staaten von Amerika „unhaltbar“ mache.
Regelmäßiger Streit
Die Vereinigten Staaten von Amerika sind regelmäßig mit dem afghanischen Präsidenten zusammengekracht, und während Karzai immer wieder die Attacken verurteilt hat, in denen Zivilisten getötet wurden, hielt er sich doch in den letzten Tagen weitgehend zurück mit Äußerungen über die allgemeine Strategie, wodurch er offenbar erkennen ließ, dass er nichts gegen die Absicht der Vereinigten Staaten von Amerika habe, „ständige Stützpunkte“ in seinem Land zu errichten.
Obwohl Petraeus angeblich wütend war, als er seine „Warnungen“ gegen die afghanische Regierung äußerte, dementierten Regierungsvertreter ältere Berichte, denen zufolge der General mit seinem Rücktritt gedroht habe. Petraeus hatte das Oberkommando über den Krieg erst vor wenigen Monaten übernommen, als er General Stanley McChrystal ablöste. Nachdem McChrystal sich ganz offensichtlich viel mehr Sorgen über die Tötungen von Zivilisten gemacht hatte als Petraeus, hat es den Anschein, als wäre dessen öffentliche Verurteilung nicht unwesentlich auf die neue Politik des Generals zurückzuführen.
Kritik war vorhersehbar
Aber sie kommt auch nicht ganz und gar aus dem Blauen. Präsident Karzais Forderungen nach „Mäßigung“ widerspiegeln in vielfacher Weise die Anmerkungen des Council on Foreign Relations (CFR – Rat für Beziehungen nach Außen) in dessen gerade vor wenigen Tagen erschienenem Bericht über Afghanistan, obwohl die darin geäußerten Bedenken in erster Linie offensichtlich nicht den getöteten afghanischen Zivilisten gegolten haben, sondern den massiven Kosten und der Aussichtslosigkeit, diesen Konflikt zu gewinnen.
Ein Bericht von Antikrieg