Karthala Trekking – Teil 7

Von Madagaskarhaus

Finale Etappe unsere Karthala Trekkings

Über luftig geformte Auswürfe des Karthala verläuft der Weg durch klebrigen Aschenschutt. Der Weg geht durch einen weiteren Märchenwald, durch den sich ein uralter Lavafluss gezwängt hat. Die Lava in diesem Talweg ist zu brotgrossen Stücken zerfallen. Wie ein richtiger Bergbach macht auch der Steinfluss Kurven und hat Fälle.

Eine Stunde unter dem Gipfel öffnet sich eine grosszügige Heide: Convalesence, wo es zu französischen Kolonialzeiten auf 1700 M.ü.M. eine Herberge gab. Sie ist heute zerfallen. Wir schlagen die Zelte auf. Die Nacht und der Wind fallen mit kalten Zähnen ein. Das schnell gesammelte Holz lässt sich nur schwer entflammen. Als ob der majestätische Karthala keine fremden Feuer auf seinen Schultern wolle. Endlich aber züngeln die Flammen mit dem Atem des Windes. Wir kochen Teigwaren und Tee. Nachts schläft der beissende Wind nicht und wir kaum.

Als Sonne wärmend über die Hügelkuppe auftaucht, marschieren wir weiter talwärts durch den dichtesten Urwald der Insel. Lanzenförmige Farne stossen wie Stecknadeln in die vermoosten Stämme. Wie Schuppen kleben die Flechten an den Stämmchen in verschiedenen Farben: von silber über grün bis hin zu rot. Über den Hang kriechen Lavaarme, einer Römerstrasse gleich, bis zu zehn Meter breite erkaltete Gesteinsflüsse, angegraut in Jahrtausenden und rissig geworden. Regenwasser hat diesen Steinbach an Engpässen eingefurcht. Ein knöcheltiefer Kanal, eingeschrammt durch Sturzbäche in Jahrhunderten. So fliessen hier zwei Bäche im gleichen Bett: Stein und Wasser. Doch beide ruhen: der Stein ist erstarrt. Wasser gibt es nicht.

Wir treffen auf Jäger mit Speeren und Hacken. Sie sind auf der Suche nach Schlafhöhlen der komorischen Landa. Dies sind igelartige, kaninchengrosse Tiere mit langen weichen Schnauzen. Doch sie haben gefährliche Zähne, springen den Feind an und harken ihre Zähne und ihre scharfen Klauen ins Fleisch. Für die Komorer sind diese Tiere eine Spezialität. Die Hänge des Karthala sind für die Bevölkerung auch eine unerschöpfliche Naturapotheke. So werden zwetschgengrosse, rote Früchte als traditionelle Heilmittel eingesetzt. Ein sehr glitschiger Pfad zwängt sich durch den Primärwald.

Oftmals folgt der Weg einem verwitterten Lavakanal. Bei rund 800 M.ü.M. treffen wir auf die ersten Brandrodungsfelder. Die Bauern stossen auf der Suche nach Land zusehends weiter in den höher gelegenen Wald vor. Darunter leidet auch die Vegetation rings um den Karthala. Zwischen Mvoni und Boboni stossen wir wieder auf eine Asphaltstrasse. Weit oben beugt sich die mächtige Schulter des Karthala. Sein Kopf hat sich bereits wieder in sein wolkenverwobenes Stirnband gehüllt.