Karte mit Wärmehotspots der FH Münster für Planung von Wärmenetzen

Von Energystar @energynet

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Projektteam Wärmehotspots der FH Münster mit Dr. Elmar Brügging, Prof. Dr. Christof Wetter, Hinnerk Willenbrink und Jigeeshu Joshi (v.l.) , Foto: FH Münster/Pressestelle

Wärmehotspots können helfen geeignete Gebiete für Wärmentze zu finden. Das ist auch nötig, denn die Wärmewende braucht neue Lösungen. Bisherige Angebote auf dem Markt tragen nur wenig zum Fortschritt der Energiewende im Wärmesektor bei. Neun Prozent erneuerbare Wärme ist eindeutig zu wenig für einen wirkungsvollen Klimaschutz. Der Schwerpunkt der Wärmeversorgung liegt nach wie vor auf importiertem Öl und Gas. Wärmenetze können künftig eine gute Alternative sein. Ein Forschungsteam um Prof. Dr. Christof Wetter am Fachbereich Energie – Gebäude – Umwelt der FH Münster hat nun eine interaktive Karte für Kommunen im Münsterland vorgestellt. Sie können dort einsehen, wo Gebiete liegen, in denen Wärmenetze Sinn machen, in die sich wiederum erneuerbare Energien im großen Maßstab einspeisen lassen. „Wärme in der Euregio fokussieren und modernisieren“ (WIEfm) heißt das INTERREG-geförderte, deutsch-niederländischen Projekt.

Hintergrund

Wärmenetze bieten die Möglichkeit der großflächigen Einspeisung von erneuerbaren Energien in den Wärmemarkt und verbinden durch ihre Fähigkeit zur Sektorenkopplung den Strom-, den Wärme- und den (Bio-)Gasmarkt. Diese Tatsache ist in vielen Kommunen Deutschlands bekannt und einige größere Kommunen bauen ihre bestehenden Netze gerade um oder planen Neubauten. Auch die Bundesregierung fördert den Ausbau der Wärmenetze. Seit Juli 2017 gibt es neue Fördermittel für „Wärmenetze 4.0“.

In kleinen Städten und Gemeinden fehlen für Bürgermeister und Klimaschutzmanager die Entscheidungsgrundlagen wo und wie Wärmenetze sinnvoll und wirtschaftlich einzusetzen sind. Denn je kleiner und ländlicher das Gebiet ist, desto enger sind auch die Spielräume für Wärmenetze.

„Um die Klimaschutzziele zu erreichen, müssen wir weg vom Gas und Öl“, beschreibt Projektingenieur Hinnerk Willenbrink die Situation. „Ein Wärmenetz wäre eine echte Alternative – ein unterirdisches Netz, ähnlich wie unsere Wasserleitungen.“

Kommunen müssen aber wissen, wo es sich lohnt, dieses zu installieren. Dafür hat das Projektteam fast 200 Hotspots im Münsterland auf der interaktiven Karte gekennzeichnet, die jetzt online ging. „Die Hotspots zeigen, wo der Wärmebedarf besonders hoch ist.“

Interaktive Karte für Wärmehotspots der FH Münster

Screenshot der interaktiven Karte mit Wärmehotspots der FH Münster

Die FH Münster hat nun im Rahmen des deutsch-niederländischen Projektes „Wärme in der EUREGIO – WiEfm“ eine interaktive Karte entwickelt, die es Entscheidern vor Ort erleichtert, in die Wärmenetzplanung einzusteigen. Und es zeigt sich: Auf anderthalb Prozent der Fläche fällt ein Drittel des gesamten Heizwärme- und Warmwasserbedarfs des Münsterlandes an. Dies ist ein idealer Ansatzpunkt für lokale Klimaschutzaktivitäten.

Ausgangspunkt für die Karte ist eine flächendeckende Bedarfsberechnung aller Gebäude im Münsterland, die ermöglicht wurde, weil das Land NRW seine Geodaten seit Jahresbeginn frei zugänglich gemacht hat. Darauf aufbauend entwickelten die Forscher eine Methodik, um Bauten mit besonders hohem Wärmebedarf – vor allem öffentliche Einrichtungen wie Schulen, Krankenhäuser, Schwimmbäder und Verwaltungsgebäude – und relevante innerörtliche Flächennutzungen miteinander zu verschneiden.

Wärmenetze können heute so vielfältig sein wie die erneuerbaren Energien, das eröffnet der Wärmewende neue Möglichkeiten. Hier kommen die Kommunen und Unternehmen ins Spiel, die ihren Klimaschutzverpflichtungen nachkommen und sich von Energieimporten unabhängiger machen wollen. Denn die aktuelle Diskussion in den Niederlanden, die auch das Münsterland mit Gas beliefern und die das in Zukunft wegen Eigenbedarfs und schwindenden Ressourcen nicht mehr tun werden, zeigt, dass der Gasmarkt in Bewegung gerät und dass die Abhängigkeiten vom russischen und amerikanischem Fracking-Gas und die damit verknüpften politischen Konsequenzen immer mehr zunehmen.

„Unsere Karte gibt konkrete Vorschläge, wo es Sinn macht umzusatteln auf erneuerbare Energien, das ist eine große Chance“, sagt Willenbrink. „Gerade als Unterstützung für langfristige Stadtentwicklungskonzepte.“

Interview mit Prof. Wetter über die Karte mit Wärmehotspots

Über die Entstehung und den Mehrwert der Karte konnte ich dem Leiter der Forschungsgruppe, Prof. Dr.-Ing. Christof Wetter, einige Fragen stellen:

Wärmehotspots im Münsterland, was sind das?

Prof. Wetter: Unser Forschungsteam hat eine Karte vom Münsterland erstellt, die schnell und deutlich aufzeigt, wo in den Städten und Gemeinden Gebiete liegen, die sich für ein Wärmenetz eignen. Wir sprechen dabei von Wärmehotspots, von denen es in den 65 Kommunen übrigens fast zweihundert gibt. Sie sind sozusagen die besonders wertvollen Gebiete für Nahwärmelösungen, die wir bei der Wärmebedarfsanalyse ermittelt haben.

Was war Ihre Motivation für diese Karte?

Prof. Wetter: Besuche in Dänemark haben uns gezeigt: Wenn wir die Energiewende ernst nehmen, dann brauchen wir Wärmenetze. Und warum sind – im eher ländlichen Dänemark – zwei von drei Gebäuden an ein Wärmenetz angeschlossen? Zum einen hat das finanzielle Gründe, fossile Energien werden stark besteuert. Zum andern haben die Dänen aber eine sehr konsequente, auf Klimaschutz ausgerichtete Stadtplanungskultur entwickelt. Sie haben Wärmevorrangzonen ausgewiesen, in denen der Bau und der Anschluss an ein Wärmenetz obligatorisch waren. Und da haben wir angesetzt, denn die Dänen haben nun in weiten Teilen des Landes eine bezahlbare Wärmeversorgung, die weitgehend von fossilen Energien unabhängig und somit zukunftsfähig ist.

Was ist also das Produkt Ihrer Arbeit und an wen richtet es sich?

Prof. Wetter: Eine Karte, die zunächst einmal das ganze Münsterland zeigt und auf der gelbe Flecken Hotspots aufzeigen. Bürger, Verwaltungsmitarbeiter oder Ingenieurbüros können in das Gebiet zoomen, das sie besonders interessiert und sehen dann den oder die Hotspots und das maximale CO2-Einsparpotenzial, und können sich per Mausklick auch die Fläche, die Anzahl der Gebäude und die im Hotspot benötigte Wärmemenge anzeigen lassen. Wenn Sie so wollen haben wir Wärmevorrangzonen nach dänischem Vorbild erstellt. Unsere Methodik könnte also einen Diskussionsbeitrag zur dringend benötigten Wärmeleitplanung in unseren Städten und Gemeinden darstellen.

Wie genau sind die Ergebnisse entstanden?

Prof. Wetter: Die Ergebnisse resultieren aus einer Analyse der Flächennutzung, der Gebäudetypologie und der spezifischen Wärmebedarfe, die wir mit einer Geoinformationssoftware und Dank der frei zugänglichen Geodaten des Landes NRW mittels von uns dazu entwickelten Algorithmen flächendeckend für das Münsterland durchführen konnten.

Bisher wurden ja vor allem Wärmekataster erstellt. Wie unterscheidet sich Ihr Produkt davon und warum haben Sie sich für diese Darstellungsform entschieden?

Prof. Wetter: Aus fachlicher Sicht geht die kartografische Darstellung die wir gewählt haben einen Schritt weiter, als die bekannten Wärmekataster wie es sie z.B. auf europäischer Ebene im Pan-European Thermal Atlas oder auf Länderebene für Baden-Württemberg gibt, da wir durch die Einbeziehung der Wärmedichten bzw. der Flächennutzung einen Analyseschritt weiter gehen, indem wir präzise aufzeigen, wo bereits heute die Voraussetzungen für ein wirtschaftlich zu betreibendes Wärmenetz gegeben sind. Und nur das. Wir haben uns für diese Darstellungsform entschieden, weil wir glauben, dass eine Reduktion der Informationsdichte den handelnden Akteuren und damit dem Gesamtprozess hilft. Anstatt zu diskutieren ob jener Baublock jene Wärmedichte hat und ob nicht lieber hier als dort ein Wärmenetz sinnvoll wäre, habe wir uns auf die wirklichen „Hotspots“ konzentriert. Wenn nicht dort, dann gar nicht, könnte man sagen.

Haben Sie das Ergebnis mal validiert?

Prof. Wetter: Ja, das habe wir tatsächlich. So haben wir beispielsweise festgestellt, dass wir die bestehenden Netze im Münsterland zuverlässig in unseren Hotspots liegend finden. Das sehen wir als starke Bestätigung.

Und wie könnte es Ihrer Meinung nach weitergehen?

Prof. Wetter: Kombiniert mit Abwärmepotenzialen aus der Industrie oder aus bestehenden Biogasanlagen können die Akteure vor Ort mit unserer Karte schnell Projekte generieren, die zum einen dem Klimaschutz vor Ort dienen, zum anderen aber auch der regionalen Wertschöpfung.

Jetzt gibt es diese Karte der Wärmehotspots für das Münsterland. Könnte es die auch bundesweit geben?

Prof. Wetter: Grundsätzlich ja. Voraussetzung hierfür ist die Verfügbarkeit von gut gepflegten Geodaten – und die ist grundsätzlich in jedem Bundesland gegeben. Nur stellen nicht alle Länder die Daten frei zugänglich zur Verfügung. Da haben wir in NRW einen echten Vorteil.

Wo gibt es weitere Informationen?

Prof. Wetter: Die Karte ist zu finden unter www.wiefm.eu. Fachliche Rückfragen zum Projekt und zu den Ergebnissen können zudem unter waerme-hotspots [at] fh-muenster.de gestellt werden.