Kärnbach 300
Der helle, als Strang verpackte Virginia-Flake sieht lecker aus, riecht lecker und schmeckt auch so. Er ist einer der vielen Tabake, als deren »Urmutter« der Orlik Sliced bezeichnet werden darf.
Der heuige Geruch und die Andeutung von Süße und Frische, die helle Farbe und der leise Verdacht, dass dem Flake eine Spur Aromatisierung beigefügt worden ist… all das macht für mich einen alltagstauglichen Flake aus. Zumal ich die hellen VA-Flakes meist lieber mag als die dunklen, lang gepressten. Die sind zwar oft süßer und süffiger… aber häufig auch anspruchsvoller beim Rauchen. Das ist für die späten Stunden des Tages, wenn ich Zeit und Ruhe habe; ein Buch lesen kann und mich entspannen… dann mag ich die dunklen mehr. Doch sonst greife ich gern zu den hellen VA-Flakes.
So auch zu diesem hier. Es macht mir Spaß, von den langen Strängen Fitzelchen abzureißen, die ich dann relativ lose und grob in die Pfeifenköpfe stopfe. Das wird dann eine Art ready rubbed, was ich aus dem Flake mache - der Tabak ist auch trocken genug (was dafür spricht, dass K&K tatsächlich nur Vertreiber und nicht Hersteller ist) dazu: er klebt nicht an den Fingern. Die Tabakfetzen lassen sich einfach entzünden und glimmen gut.
Mit wachsender Erfahrung gelingt das Rauchen immer besser. Wenn ich vor zehn Jahren diese hellen VA-Flakes mehrfach je Tag ohne Filter geraucht hätte, hätte ich anschließend meine Zunge »über die Leine hängen« können. Diese Probleme habe ich heute nicht mehr. Tom prägte vor langer Zeit das Wort (ich weiß, es ist nicht von ihm, sondern ein Zitat) vom »Atmen durch die Pfeife«. Ich denke, langsam lerne ich das. Denn je kühler - sprich: langsamer - man einen solchen Tabak wie den Kärnbach 300 und ähnliche Flakes rauchen kann, desto größer wird der Genuß. Denn richtig gut - nämlich aromatisch, leicht süß mit einem Hauch von Rauchigkeit - schmeckt der Flake nur, wenn er kühl geraucht wird - immer kurz vor dem Erlöschen. Dann verzeiht er auch mal einen zu heftigen Zug.
Für die, die das noch nicht so gut hinbekommen empfehle ich allerdings, den Tabak mit mindestens einem Papierfilter, besser jedoch mit Meerschaumfilter zu rauchen. Denn er kann schon - wenn man nicht achtsam ist - ordentlich die Zunge grillen Und es tröstet sicherlich, dass der Geschmack durch die Nutzung von Filtern nicht allzusehr abbaut (gegenüber dem filterlosen Rauchen); es fehlen etwas die »Spitzen«, die ich an den hellen Virginias so mag. Aber der Tabak bleibt lecker.
Denn im Geschmack - fast mehr als im Geruch am Tabak in der Dose - kommt mir immer so ein wenig die Assoziation nach Honig und Anis. Ich bin mir absolut nicht im Klaren darüber: ist das Natur oder wurde nachgeholfen? Allerdings ist das wirklich nebensächlich. Denn der Tabak schmeckt und schmeckt und schmeckt. Nämlich so, wie man (na gut: wie ich) sich den Geschmack eines guten, nicht herausragenden, aber guten Virginia-Flake vorstellt. Der Gold Cut RR, den ich letztens reviewte, ist ähnlich, geht aber doch ein wenig mehr in die »süffigere« Ecke der Virgina-Mischungen. Die Nummer 300 ist straighter.
Ich bin zufrieden, mal wieder so einen grundehrlichen Tabak, der wirklich hält, was er verspricht, in der Pipe zu haben.
Nic
PS: Ich lehne mich jetzt mal weit aus dem Fenster… und behaupte, dass ich den Tabak bereits unter verschiedenen Namen kenne: direkt vom Hersteller ist er als Stanwell Mischung No. 88 bekannt. Bei Huber in München heißt er »Virginia Flake«, Tabak & Pulver in Berlin nennt ihn »No. 10″, bei Frau Habel habe ich ihn auch schon gekauft (dazu gibt es aber kein Review). Und vermutlich ist auch Keistlers »Greenewell’s Glory« mit ihm identisch. Man darf also guten Gewissens davon ausgehen, dass er auch bei anderen Händlern, die K&K-Tabake im Sortiment haben, unter anderen Namen verfügbar ist.