Ohne Backen!
Ein Ausflug in längst vergangene Zeiten, in die Donaumonarchie Österreich-Ungarn, genauer gesagt, ins Königreich Böhmen. Die Karlsbader Torte ist ein Klassiker, den man kaum mehr findet und der doch, vor allem älteren Österreichern, sehr wohl ein Begriff ist.
Als ich vor kurzem in der Bibliothek das ‘Kronländer Kochbuch’ von Christoph Wagner und Adi Bittermann auslieh, entdeckte ich das Rezept und freute mich wie ein Kind, diese längst vergessene Köstlichkeit darin zu finden.
Eine Madeleine de Proust.
Meine Mutter, geboren in Deutschland und daher nicht unbedingt bewandert in Wiener Spezialitäten, noch dazu aus der Mode gekommenen, kannte so etwas natürlich nicht.
Ich aber hatte eine Freundin, von allen Mausi genannt, die im gleichen Haus wie ich wohnte. Als sie Geburtstag feierte, gab es so eine Torte, von ihrer Mama gemacht. Ich glaubte, im Himmel zu sein, so gut schmeckte mir das!
Doch da man sie niemals in den Wiener Konditoreien findet, geriet sie auch bei mir in Vergessenheit.
Ich kannte sie unter dem Namen Pischinger-Torte.
Nun aber, nachdem ich für diesen Post meine Recherchen gemacht habe, bin ich schlauer und weiss, dass es sehr wohl einen Unterschied zwischen Pischinger und Karlsbader Torte gibt. Bei Pischinger kommen noch geriebene Haselnüsse in die Creme, auch ist die Creme ein wenig anders.
Nun ist Pischinger jedem Wiener Kind ein Begriff: Die Waffeltorte, entweder mit Mandel oder Haselnuss, hat so manchen Heurigen-Besuch süss abgerundet.
Da es traditionell beim Heurigen nur Wein und Pikantes gab, war diese runde, mit Creme gefüllte, haltbare Riesenwaffelschnitte genau das richtige für diesen Moment. Sie wurde wie eine Torte in Stücke geschnitten. Wir freuten uns immer besonders, wenn wir eine spendiert bekamen.
Auch heute fehlt sie an keinem Heurigenbuffet, das was auf sich hält.
(Nebenbei erwähnt, aber ich komme ja immer vom hundertsten ins tausendste, sind auch die Ostereier von Pischinger für mich etwas ganz besonderes; jede Ostern, wie das Amen im Gebet, beehre ich mein Stamm-Zuckerl-Geschäft, das Engel-Eck auf der Alserstrasse in Wien, und kaufe ein paar davon.)
So, ein kleiner Ausflug von Böhmen nach Wien, aber das ist ja historisch durchaus schlüssig…
Karlsbad war seit dem 14. Jahrhundert für seine Heilquellen bekannt gewesen. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts aber, als in ganz Europa Eisenbahnlinien entstanden, blühte der Kurtourismus in Karlsbad dann wirklich auf.
Nicht nur der Adel, auch das Grossbürgertum wollte sich in elegantem Ambiente von den Mühen des Nichtstuns erholen. So wurde Karlsbad ein Place-to-Be für die Schickeria der austro-hungarischen Crème-de-la-Crème.
Um das anspruchvolle Publikum bei Laune zu halten, übertrumpften die Köche und Pâtissiers einander in ihren Kreationen. Eine davon, die Karlsbader Oblaten-Torte, zeichnete sich durch die leichte Verdaulichkeit der Oblaten und somit den Verzicht auf üppigen Teig aus. Dass trotzdem eine Schokoladenbuttercreme verwendet wurde, war nicht weiter schlimm!
Tauchen wir also gedanklich ein ins neu-barocke Ambiente des Grandhotel Pupp, das, erbaut vom Wiener Star-Architekten-Duo Ferdinand Fellner und Hermann Helmer im kolossalen Stil der Ringstrassen-Zeit, heutzutage noch immer ein Luxus-Hotel und u. a. Schauplatz des Karlovy Vary International Film Festival ist.
Ob wohl Daniel Craig bei den Dreharbeiten zu Casino Royale ebendort auch ein Stück davon serviert bekam?
Sollte ich einmal ein Rendez-Vous mit ihm haben, werde ich ihn fragen…
Zutaten:
- 140 dunkle Schokolade
- 125 ml Schlagobers(Sahne)
- 2 Eidotter
- 130 gr Staubzucker
- 1 Päckchen Vanillezucker
- 140 gr weiche Butter
- ca. 8-10 Karlsbader Oblaten (oder Waffelblätter)
- 200 gr dunkle Kuvertüre + 1 El Kokosfett
- 30 gr Haselnüsse oder Mandeln
Zubereitung:
Butter aus dem Kühlschrank nehmen, eventuell in die Sonne stellen. Sie soll ganz weich sein!
Obers (Sahne) und klein gehackte Schokolade im Wasserbad schmelzen lassen, oder in der Mikrowelle.
Einen Topf mit kochendem Wasser auf den Herd stellen.
Die Schokolade und das Obers in einer Metallrührschüssel darauf stellen, mit dem Mixer kurz aufschlagen.
Die Eidotter, den Zucker, die Vanille, und die Butter flott dazugeben und 3 Minuten schaumig schlagen.
Vom Herd nehmen und kalt weiter schlagen. Am besten die Schüssel in eiskaltes Wasser stellen.
Das dauert ungefähr 10 Minuten.
Zuerst ist die Creme dunkelbraun, und erst, wenn sie kalt wird, entsteht auf einmal ein wunderbarer heller cremiger Schoko-Schaum!
Voilà, das war’s, fertig ist die Creme!
Die Oblaten eine nach der anderen dünn mit Creme bestreichen, bis die Creme aufgebraucht ist.
Mit einer Oblate abschliessen.
Kuvertüre hacken und im Wasserbad/Mikrowelle mit dem Kokosfett schmelzen lassen. Kurz umrühren und ein wenig (5 Minuten) abkühlen lassen.
Die Torte damit bestreichen.
Haselnüsse zerkleinern. Ich gebe sie immer in ein Tiefkühlsackerl und lebe meine inneren Spannungen, mit einem Honigglas bewaffnet, an den armen kleinen unschuldigen Haselnüssen aus ;.)
An den Rändern mit den zerkleinerten Haselnüssen dekorieren.
Auf ein Wiedersehen in Karlovy Vary!
Gerne würde ich einmal im Grandhotel Pupp absteigen…!
Aber dann im gleichen Look wie Silvana Mangano in ‘Tod in Venedig’.
Visconti. Einer meiner absoluten Lieblingsfilme.
Eventuell nützliche Hinweise…
1. In Wien kann man die Oblaten in grösseren Supermärkten kaufen.
Nicht nur das, man hat sogar die Qual der Wahl: Da gibt es gezuckerte, ungezuckerte, gefüllte, und sogar von verschiedenen Herstellern.
Ich habe die ungezuckerten, rechteckigen von Auer gekauft. 8 Stück sind in einer Packung, ich habe 10 Waffelblätter verwendet.
Man kann auch runde kaufen, das ist dann die traditionelle Tortenform. Ich wollte es etwas ‘kontemporärer‘ haben und eine quadratische Torte machen. So habe ich die Torte dann in gefülltem Zustand zerschnitten, in ein Quadrat und ein kleines Rechteck geteilt. Danach erst glasiert.
2. Wer nur gefüllte oder gezuckerte findet, einfach die Zuckermenge der Creme um 50 Gramm Zucker verringern.
3. Die Waffelböden hatten nach dem Glasieren etwas die Tendenz, sich nach oben zu biegen( durch die Feuchtigkeit der Creme).
Ich habe mir folgende Technik einfallen lassen: Nach dem Glasieren mit den Haselnüssen (grob und fein zerstossen) bestreuen, dann ein Küchenbrett darauflegen und mit Marmeladegläsern oder was auch immer beschweren.
So liegt das Küchenbrett nicht direkt auf der Glasur, die Torte wird aber trotzdem beschwert.
3. Man kann auch fertige Schokoladenglasur verwenden!
4. Kühl, aber nicht im Kühlschrank (feucht! nicht gut für Oblatenwaffeln!) aufbewahren. Ein paar Tage, nicht länger.
Ähnliche Posts:
- Caprese Torte
- Wiener Mocca-Kokoskuppeln
- September-Schnitten
- Schoko Cranberry Spitze