Kaputtbesitzen: Brauchen wir einen Gebäude -Tüv?

Christoph Twickel hat die vorweihnachtliche Räumung der heruntergewirtschafteten Esso-Häuser in Hamburg zum Anlass genommen, auf BKULT.DE (Debatten zur Baukultur) eine Diskussion über mögliche Strategien gegen solche mutwilligen Verwahrlosungsstrategien loszutreten.

De facto fehlt es aber in den meisten Kommunen an Personal, Mitteln oder auch an politischem Willen, dieses Gebot gegenüber den Immobilieneigentümer durchzusetzen.  Die Frage ist: Brauchen wir, um die Altbestände unserer Städte vor dem Profitinteresse von Investoren zu retten, einen handlungsfähig und personell gut ausgestatteten Gebäude-Tüv (…)?

Ich habe mich mit einem “NEIN” an der Debatte betiligt, nicht weil ich die Desinvestitionsstrategien nicht verhindern möchte, sondern weil ich nicht glaube, dass mit technischen Regeln und Standards das Verwertungsstreben von Immobilieneigentümern tatsächlich eingeschränkt werden kann.

Aber lest am besten selbst…

 

Brauchen Wir einen Gebäude -Tüv?

Nein… Die Schrottimmobilien der Finanzinvestoren und das gezielte Herunterwirtschaften für die Abrissgenehmigung sind kein Marktversagen, sondern die Konsequenz einer ertragsorientierten Bewirtschaftung. Was fehlen sind nicht Standards und Regeln, sondern eine Strategien, diese Verwertungslogik zu durchbrechen.

Vor allem institutionelle Anleger setzen auf kurze Umschlagzeiten des eingesetzten Kapitals und spekulieren auf den gewinnbringenden Weiterverkauf der Bestände. Finden sich keine Käufer, setzen die Bestandshalter wider Willen oftmals auf Strategien der Desinvestition: Abläufe werden rationalisiert, Personal wird eingespart und Instandhaltungsausgaben heruntergefahren.

Ein lohnendes Geschäft, denn die Einnahmen werden letztendlich vom Staat garantiert. Während ökonomisch solvente Haushalte in bessere Wohnungen ziehen, lenken die Bemessungsgrenzen für die Kosten der Unterkunft die Betroffenen in die herunter gekommenen Bestände der modernen Slumlords. Und nicht nur das: Mit den staatlich festgelegten Bemessungsgrenzen wird faktisch eine  Mietuntergrenze gesetzt. In guten Lagen ein doppelt lohnendes Geschäft, denn nach dem Geschäft mit der Vernachlässigung locken Abrissgenehmigungen und teuere Neubauten.

Wie immer muss der Gebrauchswert des Wohnens den Verwertungslogiken abgetrotzt werden. Wirksamer als staatliche Auflagen und Kontrollen erscheinen mir die konsequente Durchsetzung von Mietminderungen und die Androhung von Ersatzvornahmen von Instandsetzungsarbeiten. Ersatzvornahmen umfassen nach § 536a Abs. 2 BGB die Beseitigung eines Mangels durch den Mieter auf Kosten des Vermieters. Progressive Stadtverwaltungen könnten hier durch Beratungsangebote und einen Mängelbeseitigungsfonds auch Haushalte ohne finanzielle Ressourcen in die Lage mündiger Mieter/innen versetzen.

Die Mieterinitiative Kotti & Co. in den  Sozialbauten der  privatisierten GSW am Kottbusser Tor in Berlin Kreuzberg wollten nicht warten bis sich die politische Klasse der Stadt zu einer sozialen Wohnungspolitik durchringt. In Reaktion auf eine Mieterhöhung haben sie hausweise Mietminderungsberatungen organisiert und nun kollektiv dutzende Mietminderungserklärungen bei der GSW abgegeben.

 



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