Mit dem Finale zur Millennium-Trilogie von Regisseur Daniel Alfredson (der nach dem ersten Teil von Nils Arden Oplev übernommen hat) bekommen wir einen äußerst seltenen Einblick in das Auftreten von Cyberpunk Lisbeth Salander – einmal mehr vorzüglich von Noomi Rapace gespielt.
In Vergebung liegt sie zu Beginn durch die Ereignisse des vergangenen Films im Krankenhaus. Man sieht sie in all ihrer Verletzlichkeit. Gerade wurde ihr eine Kugel aus dem Kopf geholt. Nun liegt sie da. Ganz ohne Punk Make-Up, ohne Leder-Outfit, gänzlich ungestyltes Haar. Lisbeth Salander der Mensch.
Vergebung
" data-orig-size="1000,570" sizes="(max-width: 890px) 100vw, 890px" aperture="aperture" />Mikael Blomqvist (Michael Nyqvist) am Krankenbett von Lisbeth Salander (Noomi Rapace)
Aber keine Sorge, sie wird sich wieder in die Heldin verwandeln, die sie bereits in Verblendung und Verdammnis war, wenn auch weniger im Action-Modus. Denn Vergebung ist vor allem ein Gerichtssaal-Drama, bei dem die Vergangenheit dieser Frau noch einmal arg zum Vorschein kommt, zugleich aber auch die Machenschaften einer geheimen Organisation namens Sektion innerhalb der schwedischen Polizei aufgedeckt werden.
Während Drehbuchautor Ulf Ryberg die Hackerin zuerst ins Krankenhaus steckt, dann einen Gefängnisaufenthalt folgen lässt und sie am Ende in den Gerichtssaal schickt, erhält Michael Nyqvist als Millennium-Journalist Mikael Blomqvist die Gelegenheit, das Spiel an sich zu reißen. Das gelingt so gut, dass wir dennoch immer bei Lisbeth bleiben, Vergebung aber größtenteils dem männlichen Part dieser ungewöhnlichen Freundschaft gehört, der wiederum im zweiten Teil etwas zurücktreten musste.
Hier spielt er Lisbeths großen Verteidiger, der alle Hebel in Gang setzt, um in das Gericht stürmen und ihre Unschuld beweisen zu können. Dabei steht ihm ein großer Big Bad im Wege: Dr. Peter Teleborian (Anders Ahlbom), der Psychiater, der in seiner Anstalt die Aufsicht über eine 12 Jahre junge Salander hatte und grausame Dinge angeordnet hat. Unter Ahlboms Spiel wirkt das verstörend und grausam in vollsten Ausmaße.
Vergebung
" data-orig-size="1000,570" sizes="(max-width: 890px) 100vw, 890px" aperture="aperture" />Psychiater Dr. Peter Teleborian (Anders Ahlbom, links) muss sich vor Gericht rechtfertigen
Die größte Spannung rührt dann am Ende aber wieder aus Lisbeths Verhalten. Sie zieht in ihrer vollen Superhelden-Cyberpunk Montur mit Mohawk-Frisur in den Krieg. Sie verschließt sich auch dann noch, wenn alles auf dem Spiel steht. Sie verschließt sich vor der eigenen Rettung, weil sie damit nach dem System spielen müsste. Aber ihr eingebranntes Misstrauen gegenüber jegliche Autorität zwingt sie geradezu dazu, selbst Mikael Blomqvist außen vor zu lassen und sich in ihren inneren Bunker zu verkriechen.
In Vergebung wird damit der wahre Kampf der Lisbeth Salander nur allzu deutlich. Ihr sind so viele böse Dinge passiert, dass sie inzwischen eigentlich alle Kämpfe überstanden hat. Nur die größte Auseinandersetzung steht ihr immer noch bevor oder im Weg: der Kampf gegen sich selbst.