Kamor und Camorra

Von Wanderwidmer

Sambutinus hätte gestaunt über
den Sendeturm auf seinem Säntis.

Ich bin neuerdings stolzer Besitzer des "Appenzeller Namenbuches", Teilbände 2.1. bis 2.3. Darin sind in über 12 000 Einträgen alle Orts- und Flurnamen des Landes Appenzell erfasst und akribisch erklärt; Hauptautor ist der Ausserrhoder Stefan Sonderegger, ein germanischer Mediävist von internationalem Rang. Die drei Bände, ein Weihnachtsgeschenk, werden den einen oder anderen Blogeintrag motivieren, denke ich. Hier vorerst drei Appenzeller Bergnamen und ihre Erklärung:
  • Gäbris. Es gibt im schweizerischen Mittelland mehrere vordeutsche, also nicht-alemannische Hügelnamen: Belchen, Bözberg, Irchel, Randen. Der Gäbris gehört, wie sein Thurgauer Cousin Gabris, in diese urtümliche Reihe. Der Name wurzelt in der Zeit der Kelten. "gabra" heisst auf keltisch Ziege, die lateinische Form ist "capra". Der Gäbris ist der "gabreta", der Ziegenberg.
  • Kamor. Mit der Camorra hat der Nachbar des Hohen Kastens nichts zu tun. Sein Name ist ein Zusammenzug von "gand" und "moor". "gand" ist vorrömisch, ist sogenannt ostalpin und bedeutet Schuttfeld, Steinhaufen, Geröllhalde. "moor" wiederum von lateinisch "maurus" heisst schwarz.
  • Säntis. Die früheren Formen lauten Zemptis, Sämptis, Zemtis, Sämtis. Im "Sämtisersee" ist das m bis heute geblieben, während sich der Berg irgendwann ein n zulegte; dies wohl, weil "Säntis" leichter auszusprechen ist als "Sämtis". In dem Namen steckt das Wort "Sabbat". Ein am Sabbatstag, also am Samstag, Geborener war auf lateinisch ein "Sambutinus". Möglicherweise bezeichnete der Name zuerst die Alp eines Mannes Sambutinus, um dann auf den Berg überzuspringen, las ich vor längerem schon in einem anderen Namensbuch.