Kaiserwetter für die braune Brut

Was hat sich Silberjodid-Pilot Sandro Wolf dabei nur gedacht? Kaiserwetter für die braune Brut hat er aus Anlass der ersten großen Nazi-Demo im ehemals roten Herzen Mitteldeutschlands herbeigebombt. Angeblich, heißt es aus mit den Vorbereitungen der Aktion "Halle blockt" vertrauten Kreisen, um den Gegendemonstranten den Widerstand einfacher zu machen.
Doch der blaue Himmel lockt auch die braunen Horden ins Freie, wobei Braun als Modefarbe unterdessen Glattschwarz trägt, meist multikulturell kombiniert mit Piercings, sportlichen Sonnenbrillen großer internationaler Markenhersteller und von der der Pazyryk-Kultur im Altai inspirierte Tätowierungen. Für wen der freie Kamerad von heute sich so hübsch macht, bleibt auch im gleißenden Sonnenschein im Dunkeln: 97 Prozent der zu traditionellen Mai-Demonstranten angereisten Marschierer sind männlich, die wenigen Kameradinnen zudem keine Balz wert.
"Wann, wenn nicht jetzt, wer, wenn nicht wir", rufen die Jungmänner beim Start, ein Zitat der Anarchoband Ton Steine Scherben, das die an Adidas-Jacken, Puma-Brillen und Nike-Turnschuhen sichtbare Annäherung an die Mega-Trends der globalen Weltprotestmode konsequent ins Akustische ausweitet. Dennoch bleibt die geplante Route dem von rund tausend Polizisten begleiteten Zug verwehrt - "Halle blockt" nicht nur weitab auf dem Marktplatz und vorm abseits der Marschstrecke liegenden Maritim-Hotel, sondern auch die Straße, auf der der schwarze Block ins Niemandsland der Abrissviertel um die nach dem 1952 bei einer Demonstration von der Polizei erschossenen Kommunisten Philipp Müller zu gelangen gehofft hatte.
Stattdessen geht es über den zentralen Thälmann-Platz Richtung Uni-Klinik, braune Brut, Polizei und die seitlich im Park mitlaufenden Blockierer sind hier ganz unter sich. Ein nur notdürftig politisch verkleidetes Sportfest der Weltanschauungen, das es allerdings nicht aufnehmen kann mit den zu DDR-Zeiten in derselben Straße abgehaltenen Maidemonstrationen: Die Zahl der Fahnen ist bescheiden, die Kampfgruppen dürfen nicht im Gleichschritt gehen, es herrscht Rauchverbot und in keinem Moment können sich die säuberlich in Abgesandte aus Ost und West, Süd und Nord geteilten Kohorten darauf einigen, eine Parole im Kollektiv zu rufen.
So ruft es hier "Stolz und Ehre der deutschen Nation", dahinter singt ein Fußballfanchor, es folgt ein Grüppchen, das "Wir sind die Wende" skandiert. Mittendrin statt nur dabei der ehemals verbotene Schornsteinfeger-Führer Lutz Battke, das Hitlerbärtchen scharf geschnitten, die Nackentolle stolz im Wind, ein Lächeln auf den Lippen.
Inhaltlich ist Anti-Kapitalismus Trumpf. Es geht ganz im Zug der Zeit gegen Banker, Spekulanten, die EU und die Bundesregierung, Schuld an allem ist aber wie immer der Osten: Weil Kreise an der "Ostküste" (Zitat) Europa am Gängelband führten, gehe es dem Volk so schlecht, dass nur die jugendlichen Londsdale- und Lebkuchenmesser-T-Shirts-Träger hier auf der Straße die Verhältnisse retten könnten.
Wie genau, wird nicht gesagt, aber die im vorletzten Jahr der DDR ausgegebene Losung "Stoppt den abenteuerlichen imperialistischen Konfrontationskurs" findet sich fortgeschrieben als "Arbeitsplätze statt Kriegseinsätze". Und "Alles für das Wohl des Volkes" heißt jetzt "Zukunft durch Arbeit".
Ehe es soweit ist, müssen die braunen Kolonnen aber schon wieder Richtung Bahnhof abdrehen, weil die Gegenseite die Straße besetzt hält. Es ist Nachmittag und "Halle blockt" ist zufrieden mit diesem Erfolg. Die Kameraden der rechten Einsatzleitung sind es sicher ebenso.


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