Kahnfahrt auf der Oberen Schleuse bei Hinterhermsdorf im Kirnitzschtal (Sächsische Schweiz)

Von Joy Valley @joyvalleyde

Bei unserem Besuch im Kirnitzschtal und der Fahrt mit der romantischen Kirnitzschtalbahn erfuhren wir von der Möglichkeit einer Kahnfahrt auf der Kirnitzsch.

Knappe Zeitplanung für ein Naturerlebnis

Neugierig auf dieses Erlebnis kürzten wir unsere Mittagspause in Bad Schandau ab und erwischten gerade noch den Bus nach Hinterhermsdorf am Busbahnhof an der Elbe. Aufgrund des Kirnitzschtalfestes waren die öffentlichen Verkehrsmittel im Tagesticket der Kirnitzschtalbahn enthalten. Doch gegen 18 Uhr würde der letzte Bus zurück nach Bad Schandau fahren, das Zeitfenster war also knapp. Denn immerhin erwartete uns noch ein einstündiger Fußmarsch bis zur Oberen Schleuse.

Per Bus und zu Fuß zum Ausflugsziel

Der Bus kurvte durch das gesamte Kirnitzschtal und nahm unterwegs noch einige Fahrgäste auf. Darunter waren Spaziergänger, Wanderer und Radfahrer. In der Ortsmitte von Hinterhermsdorf stiegen wir dann aus und folgten den Schildern zur Oberen Schleuse. Anfangs ging es steil bergauf, wir ließen es in der Mittagssonne langsam angehen. An einem großen Parkplatz am Waldrand (Buchenparkhalle) tauchte der Weg dann zwischen die Bäume ein und wir erreichten den angenehmen Schatten. Dort befand sich auch ein Ausflugslokal, das wir vielleicht auf dem Rückweg besuchen wollten. Jetzt sollten wir erstmal unser eigentliches Ziel erreichen.

45 Minuten Fußweg über Stock und Stein

Gut 45 Minuten wanderten wir durch den Wald. Uns kamen sehr viele Leute entgegen, wir hatten schon Angst, dass wir zu spät waren und die Kahnfahrer bereits Feierabend gemacht hatten. Denn mit uns lief niemand. Das letzte Stück war etwas beschwerlich zu laufen, weil es steil bergab ging, über schmale Pfade und Holztreppen. Für Gehbehinderte Menschen wahrlich kein Weg zur Oberen Schleuse. Doch auf dem Rückweg entdeckten wir, dass es auch eine glatte, asphaltierte Straße bis kurz vor den Kahnfahrthafen gab, wo sogar Kutschen und Autos verkehrten.

Warten auf die Abfahrt

Auf den letzten Metern bekamen wir den Himmel wieder durch die Bäume zu sehen. Er hatte sich bedenklich zugezogen, es sah fast nach einem Gewitter aus. Wieder hatten wir Angst, dass die Kahnfahrten eingestellt werden könnten. Doch angekommen am Kassenhäuschen war alles in Ordnung, die Kahnfahrten waren immer noch gut besucht. Unter der Überdachung saßen schon einige wartende Gäste, stärkten sich mit einem Snack aus dem hiesigen Angebot. Der Kassierer kündigte die naheliegende nächste Abfahrt bereits an.

Geheimtipp vom Kassierer - perfekter Service statt schnelles Geld

Wir wollten eigentlich eine Hin- und Rückfahrt buchen. Doch zu unserer Überraschung riet uns der Kassierer davon ab. Wir wunderten uns, denn wie sollten wir dann wieder nach Hinterhermsdorf kommen. Außerdem schädigte er doch so sein eigenes Geschäft. Er klärte uns auf, dass am anderen Hafen ebenfalls ein Wanderweg in die Nationalparkgemeinde führen würde. Die einfache Fahrt sei vollkommen ausreichend und wir würden noch mehr von der Gegend bei einem schönen Spaziergang sehen. Lediglich der Aufstieg am „Hermannseck“ über die Eisentritte sei etwas knifflig. Dieser Rückweg würde aber nicht länger dauern, als die uns bekannte Route. Also lösten wir nur die Hinfahrt und ließen uns überraschen. Dem Kassierer waren zufriedene Kunden offensichtlich wichtiger, als das schnelle Geld.

Entspannung und Spaß auf dem Fluss

Die Kahnfahrt selbst war wirklich wunderschön und dauerte ca. 20 Minuten. Die Stille war unglaublich entspannend und holte mich richtig runter. Ich genoss die Langsamkeit, das Dahingleiten. Wir saßen mit einigen jungen Leuten inklusive Hund im Kahn. Der Hund schaute immer wieder interessiert auf das Wasser und suchte am Ufer nach dem Grund des Raschelns. Er amüsierte alle sehr. Der Steuermann erklärte uns währenddessen alles Wissenswerte zur Kahnfahrt, der Kirnitzsch und der Schleuse. Wir lauschten gespannt. Gelegentlich begegnete uns in Kahn, mal mit, mal ohne Passagiere an Bord. Besonders lachten wir, als der Fahrer auf die „Liebesinsel“ aufmerksam machte, einem kleinen Inselchen in Herzform. Im Farn hing ein BH. Man könne sich hier gegen einen geringen Obulus

mit dem letzten Kahn am Abend absetzen lassen, am Morgen würde man wieder abgeholt. Bei Bedarf würde das Fahrpersonal einen fehlenden Partner ersetzen. Auf dem weiteren Weg begleiteten uns „Krokodile“, „Berggeister“, „Schafe“, „Elefanten“, „Steinpilze“, „Frösche“ und viele andere Gebilde.

Eine Kahnfahrt bildet - seit 1879

Wir erfuhren z.B., dass eine Kahnfahrt in der Kirnitzschklamm zu den beliebtesten Ausflugszielen der Sächsischen Schweiz zählt. Und wir hatten es nur durch Zufall in der Touristeninformation von Bad Schandau entdeckt. Die Kirnitzsch fließt von Krasna Lipa (Schönlinde) in Tschechien 38 km nach Bad Schandau, 10 km davon sind Grenzfluss zwischen den beiden Ländern. An einem Fels entdeckten wir sogar noch einen Grenzstein zur DDR. Schon 1580 wurde hier eine hölzerne Stauanlage zum Flößen errichtet. Anders konnte man das reichhaltige Holzaufkommen nicht aus dem engen Tal abtransportieren. Bis 1964 wurde geflößt. 1816 erfolgte der Austausch gegen eine steinerne Staumauer. 1879 fuhr man die ersten „Sommerfrischler“ mit einem Kahn auf der Oberen Schleuse, 1880 folgte wegen großer Beliebtheit bereits der nächste Holzkahn. Mit Unterbrechungen in den beiden Weltkriegen fahren seitdem jedes Jahr zwischen Anfang April und Ende Oktober (9.30 bis 16.30 Uhr) die Kähne entlang den steil hochragenden Felsen auf 700 m Staulänge. Die Wassertiefe beträgt zwischen ein und sieben Meter. Im Winter erfolgt keine Stauung, daher fließt der Fluss dann im ursprünglichen Bett. Da es sich hier um einen Nationalpark handelt, werden der Fluss und die Wege lediglich von umgestürzten Bäumen freigehalten. Ansonsten wird alles der Natur überlassen.

Rückweg mit Pause

Beim Ausstieg bekamen wir noch den Ratschlag, bei einem längeren Aufenthalt doch mal den Flößersteig zu wandern. Er führt von der Oberen Schleuse entlang der Kirnitzsch auf 27 km nach Bad Schandau. Man solle dafür mindestens acht Stunden einplanen, wenn man nicht an jedem der sieben Gasthäuser Rast machen würde. Wir bedankten uns für den Tipp und begaben uns auf den Rückweg. An der Waldgaststätte rasteten wir noch kurz bei einem kühlen Getränk, immerhin hatten wir durch die einfache Fahrt etwas Zeit bis zum letzten Bus gewonnen. Außerdem lud die schöne Aussicht zu einem Moment der Ruhe und Erholung ein. Dann liefen wir das letzte Stück zur Bushaltestelle, wo es pünktlich zurück nach Bad Schandau ging.

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