Bohnen:
- Henauer Azzurro, Kräftige Mischung aus Arabica und Robusta Bohnen. Dunkel geröstet.
- Henauer San Marco, Milde Mischung aus säurearmen Sorten. Mittel geröstet.
Röster: G. Henauers Sohn AG (Henauer Kaffee), Höri
Maschine: La Cimbali M39 Dosatron (Siebträger)
Wo: Zurlindenstrasse 231, Zürich
Bericht:
Zürcher mögen es gerne heimelig. Oder wie sonst erklärt man sich die Tatsache, dass zurzeit an jeder Ecke diese eigentlich widersprüchlich unbequem eingerichteten Lokale, die altvertraute Geborgenheit vermitteln sollen, aus dem Boden spriessen? Weil es angesagt ist? Weil wir in wirtschaftlich schlechten Zeiten in Nostalgie halt finden? Wie dem auch sei, solange der Kaffee schmeckt, fühle ich mich in jeder Umgebung wohl und akzeptiere allerlei hölzerne Sitzgelegenheiten und Miniaturtische ohne zu opponieren. Und wer sich im Sisu, Dini Mueter, Kafi für Dich oder Z am Park wohlfühlt, wird sich auch hier ganz wie zu Hause fühlen – „Dihei“ eben. Gleich beim Eingang des neu eröffneten Lokals steht die Kaffeemaschine und daneben ein der Elektra Belle Epoque nachempfundener Chromdom, wie man ihn zu ornamentalen Zwecken manchmal auch direkt auf der Maschine findet. Gegen etwas Ambiente ist aber natürlich weiterhin nichts einzuwenden, erst recht nicht da ich auf dem Dom ja nicht mal sitzen muss. Nun aber zum eigentlichen Objekt der Begierde, dem Espresso. Der Kaffee wird frisch gemahlen und von Hand getamped, vermeintlich einfache aber trotzdem oft vernachlässigte Schritte die für den maximalen Genuss essentiell sind. Sogar überhitztes Wasser wird vor dem Einspannen des Siebträgers abgelassen. Leider dauert die Extraktion mit ungefähr 15 Sekunden dann doch etwas gar kurz, was zu einem unterextrahierten Espresso führt und mit einer Anpassung des Mahlgrades und/oder der Dosierung leicht zu beheben wäre. Das Getränk in der sehr flach gestalteten, bauchigen Espressotasse hat zwar wie zu erwarten kleine Schönheitsfehler – eine eher helle Crema und ein Füllvolumen auf der grosszügigeren Seite – schmeckt aber erstaunlich ausgewogen und angenehm. Dass man aus diesen Bohnen mit derselben Maschine noch ein wenig mehr herausholen könnte, beweist ja z.B. das Sisu nur wenige Strassen weiter östlich. Einen Cappuccino habe ich im Übrigen auch noch zu Gesicht bekommen, wenn auch nicht verkostet: Optisch eine durchaus gelungene Sache mit Latte Art Herz, wenn auch das Herz des Puristen ab dem Schokoladenpulver etwas blutet. Da um mich herum vorwiegend gespiesen wurde und die Gerichte wirklich extrem verlockend aussahen, würde ich hier vielleicht eher auf ein feines Essen mit Aussicht auf anständigen Kaffee danach wiederkommen, als speziell für den Espresso allein. Ohne Zweifel aber eine Bereicherung, die von mir 4 Zürich-Bohnen erhält.