Justine privat - Rotzlöffel

„Hey Du!“

Justine privat - Rotzlöffel

Bildbearbeitung by Mary
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Ich atme tief ein und versuche mich selbst davon zu überzeugen, dass es etwas bringen würde, die Situation einfach zu ignorieren. „Hey Duuuuuu!“Genervt stöhne ich und versuche die Blicke um mich herum nicht allzu ernst zu nehmen. Offenbar gehen andere Menschen immer davon aus, dass man kleine unfertige Menschen, auch Kinder genannt, mögen muss. „Duuuuuuuuu????“„Was?!“, schnauze ich einen Tick zu gereizt dem kleinen Jungen an, der bereits seit zwei Minuten an meinem T-Shirt zieht. Die Mutter ist leider sehr vertieft in das wichtige Telefonat mit einer Steffi. „Warum siehst du so komisch aus?“, will der Knirps wissen, ohne mein T-Shirt loszulassen. Großartig, denke ich, wie soll der Bengel denn lernen, dass es nicht okay ist ,Menschen einfach anzupacken, wenn niemand es ihm beibringt?
„Lass mein T-Shirt los“, fordere ich ihn auf und werfe ihm einen „böse Hexe“-Blick zu. Die anderen Menschen in der Schlage sehen mich bereits an, als hätte ich ein ungeschriebenes Gesetz übertreten. Der Junge hört zum Glück und lässt mein T-Shirt endlich los. Da trage ich einmal kein Schwarz und habe gleich Flecken.„Also warum siehst du so aus?“, will er wissen. Ich muss zugeben, hartnäckig ist er. „Weil ich so aussehen will“, gebe ich zurück und werde beim Anblick der blauen Knopfaugen nicht sentimental, sondern wütend. Mama lächelt mir derweilen zu, als wollte sie mir sagen, dass ich den Mist nun an den Hacken hab. „Oma färbt sich die Haare immer extra, damit keiner sieht, dass sie alt ist“, sagt der Bengel und zieht einen Schmollmund. „Oma sagt auch, nur Verbrecher haben Tattoos.“„Und du meinst, es wäre klug wenn man einem Verbrecher am T-Shirt packt?“Seine Augen werden etwas größer, als hätte er Angst, ich würde ihn gleich mit meiner Soja Milch verprügeln. Er zieht geräuschvoll seine Schnodder hoch und ich kann mich gerade noch davon abhalten, zu würgen. Der Mann vor mir wirft mir einen kurzen mitleidigen Blick zu.
„Bist du eine Verbrecherin?“„Wäre ich es, würde ich meine Milch nicht bezahlen.“„Das ist ja gar keine Milch!“, belehrt er mich. „Das stammt nicht von Kühen.“„Wow, du kannst lesen.“„Warum bist du so gemein?“Jetzt sehen mich mehrere Menschen an und ich fühle mich noch unwohler als vorher. „Weil es nicht okay ist, Menschen, die man nicht kennt, am T-Shirt zu packen und es ist auch nicht okay, sie nach ihrem Aussehen zu beurteilen“, zische ich grimmig und sehne mich danach, endlich aus dieser verdammten Schlange zu kommen. Er schweigt kurz und für einen Moment habe ich schon die Hoffnung, dass diese ganze Sache nun endlich vorbei ist, doch leider irre ich mich. „Warum trinkst du denn keine echte Milch?“„Weil ich nicht will, das Kühe für mich sterben müssen.“„Aber die sterben doch daran nicht!“„Nein, aber ihre Kinder.“„Also hören Sie mal!“, keift die Mutter plötzlich und hält das Telefon etwas von sich weg. Ihr Make up hat einen fettigen Film auf dem Display hinterlassen. „Was erzählen Sie meinem Kind denn?“ „Ich beantworte seine Fragen, nach dem er mich betatscht hat“, gifte ich zurück.„Komm her, Kevin.“Kevin? Das ist doch jetzt ein schlechter Scherz …Kevin bewegt sich nicht,sondern sieht mich immer noch an. Ganz so, als würde er erwarten,dass ich etwas dazu sage. „Ich will auch nicht das Kälbchen sterben“, meint er und zum ersten Mal wird mir der kleine Hosenscheisser halbwegs sympathisch. „Dann erklär das mal deiner Mama, die scheint das gut zu finden“, gebe ich zurück und muss sogar kurz grinsen. Dann bin ich endlich dran und kann dieses Hor­ror­sze­na­rio
verlassen. 

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