Junge Hüpfer und Schreihälse

Da Caro und Freddy ebenfalls ihre Reise vortsetzten, waren wir nicht besonders traurig, in unsere neue Familie zu wechseln. Wir sind sehr dankbar, dass Anu und Jimmy uns aufgenommen haben, gerade über Silvester und Weihnachten. Trotzdem haben wir uns nie so wirklich mit ihnen annähern können. Sie haben uns am ersten Abend stolz erzählt, dass sie im vergangenen Jahr über 50 Helfer hatten. Wie sich herausstellte, ist das nicht unbedingt das Beste. Die beiden waren so daran gewöhnt, dass ihnen geholfen wird, dass sie die Arbeit nicht mehr schätzten und auch nicht die Gesellschaft. So kamen leider keine wirklichen Gespräche zustande und es fand kaum Austausch statt, was wir immer als das Interessanteste am Wwoofing/HelpX-Prinzip empfanden. Zum Teil war es leider schon eine richtige Bedienstetenstelle, da wir hinter ihnen her putzten. Die Arbeitszeit ging auch streng genommen über die 4 Stunden am Tag hinaus, es gab keinen eingeplanten freien Tag. Wenn wir anwesend waren, also nicht in der Stadt, dann bekamen wir fortlaufend Aufgaben. Wir haben auch schon in anderen Familien Essen gekocht/bereitet und es zählte nicht zur Arbeitszeit, aber dann hatten wir es entweder nur für uns gemacht oder die Familien haben auch viel mit geholfen. Naja.. haben wir das auch mal erlebt. Zu unserem großen Glück waren Caro und Freddi da, die Anu und Jimmy als erste Helferfamilie hatten und nichts anderes gewöhnt waren. Mit den beiden haben wir dann unseren Bedarf nach Austausch befriedigt, hatten unheimlich viel Spaß und haben viel zu viel gegessen! Vielen Dank euch zweien und wir wünschen euch noch eine schöne Zeit in Australien!

Ganz anders als diese Erfahrung sollte unsere letzte Familie werden! Wir sind so froh, dass wir Pip zum Abschluss unserer Australienreise noch kennenlernen durften! Diese Erfahrung war einfach super toll!

Mit unseren zwei großen und zwei kleinen Rucksäcken setzten wir uns von Anu und Jimmy aus in Bewegung. Anu hatte sich am Abend davor noch von uns verabschiedet, Jimmy kümmerte es nicht so, denk ich. Freddy fuhr uns mit Wills Auto zum Bahnhof. Schlau, wie wir dachten, nahmen wir die kürzeste Route der Bahnstrecke, die nicht über das Zentrum führte. Aber da haben wir falsch gedacht, denn wie bei den Berliner S-Bahn wird auch hier immer irgendwo gebaut, so dass wir auf Schienenersatzverkehrbusse umsteigen mussten. Alles ein bisschen anstrengend mit unserem Gepäck, aber nach einigen Stunden, gefühlten Tagen und Wochen kamen wir tatsächlich am Zielbahnhof in Blacktown an. Auf der Fahrt wurden wir ein wenig nervös, weil wir uns wirklich eine gute Erfahrung zum Abschluss für Australien wünschten und Jimmy uns vor der „bösen Gegend“ in die wir jetzt fuhren, gewarnt hatte. Wir riefen Pip an und in kurzer Zeit war sie mit ihrem Auto am vereinbarten Punkt. Sie hatte ihren achtzehnjährigen Sohn mitgebracht, der genau wie Pip gleich total sympatisch und locker war.

Zuhause angekommen (ein kleines Haus mit Garten, nicht, wie wir befürchtet hatten, eine Wohnung im Ghetto!), bezogen wir Pips Schlafzimmer, dass sie uns zur Verfügung stellte. Sie zog dafür in das Zimmer ihrer Tochter ein, die nicht sehr begeistert davon war. Die meiste Zeit schlief Pip sogar auf der Couch im Wohnzimmer! Das tat uns so leid, aber Pip schien das nicht zu stören. Wir setzten uns gleich mit Pip in den Garten und fingen an zu schwatzen. Rhys, der Sohn, zog mit ein paar Freunden los und genoss die letzten freien Tage, bevor sein Arbeitsleben anfing. Er hatte nämlich gerade die Schule abgeschlossen und wie viele seiner Freunde noch kein Studium im Kopf. In Australien kostet studieren nämlich auch ein kleines Vermögen, wie die Freunde mir später erklärten und deshalb hatten viele von ihnen jetzt erst mal einen kleinen Job, um etwas Geld zu sparen und ins Arbeitsleben hineinzuschauen. Wie bei vielen Abgängern hatten sie sowieso noch keine richtige Idee, was sie studieren sollten. Pip war super lustig und entspannt. Im Internet hatte sie schon geschrieben, dass sie nur zwei Stunden Deutsch am Tag lernen wollte und den Rest der Zeit hätten wir frei. Als wir mit ihr plauderten, machte sie deutlich, dass sie alle gerade Ferien haben (sie ist Religionslehrerin, die Tochter Jordan wohnt während der Schulzeit bei ihrer Schwester in Tasmanien und geht dort auf die Schule) und wir uns einfach in die entspannte Atmosphäre integrieren sollten. Sie verlangte also eigentlich gar keine Arbeit. Ich hoffe nur und wünsche mir ganz doll, das sie niemals ausgenutzt wird!

Wir nahmen uns natürlich trotzdem vor, ihr so viel mit ihrem Deutsch zu helfen, wie wir können und auch sonst ein paar Sachen zu finden, die wir machen können. Bald stellte sich heraus, dass sie plante, ihr Wohnzimmer neu zu streichen und hierin sahen wir unsere Chance einen Teil wieder an sie zurück zu geben. Obwohl sie uns vor ihrem „schrecklichen“ Kochtalent gewarnt hatte, schmeckte alles ausgezeichnet! Ganz im Gegensatz zur letzten Familie wurden hier abgelaufene Lebensmittel entsorgt und Pip legte (in normalen Maßen) Wert auf Sauberkeit, so dass wir uns im Haus sehr wohl fühlten.

Am Nachmittag lernten wir ihre Tochter Jordan kennen, von der sie uns bis dahin schon einiges erzählt hatte. Jordan ist 17 und gerade in einer ganz starken Rebellenphase. Ich fand das ja superspannend. Sie hatte erst vor kurzem ihre dunklen Haare teilweise gefärbt, ein stück ihres Kopfes rasiert und hinter dem Rücken ihrer Mutter ein Augenbrauenpiercing stechen lassen. Zur Zeit hatte sie Hausarrest (sie war nur bei der anderen Schwester von Pip, die genau wie die Eltern nur eine Straße weiter wohnten), weil sie an einem Abend nicht nach Hause gekommen war und ihrer Mutter und der ganzen Familie einen riesigen Schrecken eingebrockt hatte.

Eine weitere spannende Geschichte: Eine ehemalige Kollegin von Pip hat ebenfalls ein Profil auf der HelpX Seite und Pip erzählte uns, wie sie schon mehrere Helfer von dort gerettet hatte. Drei lernten wir kurz darauf kennen. Die junge Französin Gwen, die ganz allein in Australien unterwegs war, wurde von der verrückten Kollegin quasi verfolgt und über alle Kanäle des Internets attackiert. Weil Gwen in 2 Tagen Gebrutstag hatte, planten wir eine „kleine“ Party, die ziemlich groß wurde. Wir kochten und bereiteten den ganzen Tag vor, machten einen Schmetterlingkuchen und Pip lud ihre Familie und Rhys Freunde ein. So wurden wir eine richig große Gruppe und amüsierten uns ganz toll. Die anderen zwei Franzosen, die aus dem Haus der verrückten Frau rausgeflogen sind, waren auch super lustig und zusammen mit Rhys Freunden stürzten wir uns nach der Party in das Nachtleben. „Ganz in der Nähe“, was in australischen Maßstäben auch mal eine halbe Stunde Autofahrt sein kann, gibt es einen großen Tanzschuppen mit Gesichtskontrolle und wer nicht die richtigen Klamotten an hat, kommt auch nicht rein. Ich als normaler Backpacker hab nur Flip Flops, Turnschue und Wanderschuhe mit, die alle drei ein Ausschlusskriterium gewesen wären. Eine Freundin von Rhys Freundin Elli (Italienerin, hat am ersten Tag ganz spontan für uns super leckere Pasta gekocht) borgte mir dann ein paar schicke flache Schuhe, damit ich mitkommen konnte. Der Club erstreckte sich über mehrere Gebäude und Außenbereiche und war echt ganz witzig. Wenn man in den Tanzbereich wollte, musste man 10 Australische Dollar (7 Euro) zahlen, ansonsten war der Eintritt frei. Wasser gab es umsonst, was ich ja total sympatisch finde. Die Clubs hier müssen das wohl machen, um Alkoholprobleme etwas einzugrenzen. Jordan durfte nicht mit, weil sie erst 17 ist. Pip und die australische Gesellschaft ist da ganz streng und die Kinder dürfen tatsächlich nichts trinken, bevor sie 18 sind. Pip erzählte uns von dem 18ten Geburtstag von Rhys, für den sie sich die Einverständniserklärungen der Eltern holen musste, weil ein paar der Gäste noch unter 18 waren. Sie hat dann alle Eingänge bewacht, die Taschen der Kids durchsucht und die Autoschlüssel abgenommen, damit die über 18jährigen keinen Unsinn machen. Irgendwer hatte es aber dann doch geschafft (über ein Geschenk) starken Alkohol einzuschmuggeln und ein Minderjähriger hatte sich stark betrunken. So ist das eben, wenn sich die Kids nicht an den Alkoholkonsum gewöhnen können. Die neu gewonnene „Freiheit“ merkte man Rhys Freunden total an. Bei jeder Gelegenheit stand Alkohol im Vordergrund.

Da Rhys und seine Freunde sich in alle Richtungen verstreut hatten, gingen die drei Franzosen und wir in den Tanzbereich und hatten viel Spaß. In Neuseeland und Australien hatten wir bisher nur wenig von der aktuellen Musik mitbekommen, weil wir nie Radio gehört oder MTVgesehen hatten. Genau wie bei den Nachrichten leben wir quasi auf dem Mond.

An einem Tag brachen Jere und ich in den nahegelgenen Featherdale Wildlife Park auf. Ein Ziel für unsere Australienreise war nämlich, dass wir Käguruhs und Koalas sehen. Aus dem Internet holten wir uns vorher die Viva Sydney-Card (kostenlos; findet man bei Google), mit der man auf viele Preise 50 Prozent Rabatt bekommt, so dass wir nur 11,50 Dollar Eintritt für uns beide zusammen zahlten. Und tatsächlich gab es Koalas und Kängurus zum Anfassen! In vielen anderen Parks zahlt man für den Koalabereich extra oder man muss das Foto kaufen etc. Hier jedoch gab es keine Zusatzkosten und man konnte selbst fotografieren. Der Park ist sehr schön angelegt, wie ein Wildpark, alles sehr natürlich. Es gibt eine riesige Anzahl an Vögeln, aber auch Tasmanische Teufel, giftige Schlangen und ein Krokodil. Wir liefen durch den ganzen Park und betrachteten die Tierwelt Australiens. Koalas sind total faul und hängen genau wie Faultiere meist nur rum und knabbern an ein paar Blättern. Sie riechen ganz stark nach Eukalyptus und mögen es nicht, wenn man sie am Kopf anfässt. Die Kängurus fütterten wir mit gekauftem Trockenfutter und versuchten, ein paar schöne Bilder hin zu bekommen. Wie bei einem Museumsbesuch ist dann irgendwann auch mal wieder gut und wir sagten Good-Bye zu den süßen Tieren.

Die Deutschstunden mit Pip waren eher unregelmäßig, aber ich denke, wir konnten ihr trotzdem ein Stück weiter helfen. Sie plant eine Europareise Ende diesen Jahres mit Aufenthalt bei Bekannten (z.B. jetzt auch uns). Vor Allem Deutschland hat es ihr angetan, weil ihre Familie ursprünglich aus Deutschland stammt. Wir waren voll im Familienleben integriert und die Tage rannten nur so vorbei. Sehr spannend war zu sehen, wie Facebook in der Familie genutzt wurde. Alle waren angemeldet und sehr aktiv. Rhys und Jordan bekamen für jede ihrer Statusmeldungen einen Kommentar ihrer Mutter, was ich sehr witzig fand. Obwohl beide Kinder ein Mobiltelefon haben, kommunizieren sie meist über Facebook, wenn sie an unterschiedlichen Orten sind.

Mit Jordan und Gwen besuchten wir verschiedene Malls (Einkaufszentren) der Umgebung. Beim Besuch der örtlichen Mall entdeckten wir auch den Grund, warum Jordan nicht mehr hier in Sydney zur Schule gehen durfte: Jordan hatte sich Freunde gesucht, die nicht gerade die Engel der Gesellschaft sind. Ich fand das alles auf jeden Fall spannend. Meine Eltern hatten es doch super leicht mit mir!

An einem Tag meldeten sich Olga, Fabi und Fini bei uns, die kleine Familie, die wir beim Campen auf der Nordinsel in Neuseeland kennengelernt hatten. Sie waren nun in Sydney angekommen, wo sie ein paar Tage Aufenthalt hatten, bevor sie weiter zu ihrem Zielort Perth in Australien flogen, an dem Olga ein Auslandssemester einlegt. Wir trafen uns an einem Vormittag in der Innenstadt und wanderten durch den botanischen Garten. Es war unglaublich warm und als wir an einer Kreuzung Pause machten, um etwas im Schatten auszuruhen, entdeckten wir plötzlich so kleine Bündel in den Bäumen: jede Menge Flughunde (die hübschen mit Fell und nicht so einer komischen Nase) hingen kopfüber an jedem Ast. Je mehr wir uns umschauten, um so mehr sahen wir. Die hingen dort mitten am Tag rum und fächerten sich ab und zu einmal mit den Flügeln Luft zu. In einem Teich schwammen Süßwasseraale, die sich dort nach jeder Reinigung immer wieder einnisteten und keiner weiß, woher sie kommen. Der Tag mit der kleinen Familie war total entspannt. Wir fuhren ein wenig mit der Fähre umher, aßen in einem Foodcourt (großer Platz im Einkaufszentrum mit Essständen außen herum. Jeder kann sich das Essen vom Stand seiner Wahl holen und dann treffen sich alle in der Mitte und essen zusammen,) und verabredeten uns noch einmal für den nächsten Tag.

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