Julia und die Angst

Von Danielamatijevic

Sanft berührt meine Hand vorsichtig dein dichtes, schwarzes Fell und registriert den ängstlichen Blick, den du mir, selbst nach vier Wochen pausenlosem Zusammensein, noch immer hin und wieder zuwirfst.

Vorsichtig berühre ich jede einzelne Narbe an deinem Körper und kann nur erahnen, was du erlebt haben musst. Ich zähle 14 und ein Schauer fährt mir über den Rücken. Wer ist in der Lage einem hilflosen Wesen solche Schmerzen zuzufügen?

Sicher ist mir aufgefallen, dass du Angst hast, wenn ich mich hastig bewege, die Hand hebe oder du meinen Füßen zu nahe kommst.

Was musst du, wundervolle zuckersüße Julia, unser “kleines” Pflegekälbchen erfahren haben, um eine derartige Furcht in jeder Faser deines Seins in dir zu tragen?

Schläfrig stupst du deine Nase in meine Hand, wie du es immer machst, wenn du Schutz suchst. Ich beuge mich zu dir hinab und knutsch dich auf die Stirn – mitten zwischen die ängstlichen Augen, die unablässig die Umwelt taxieren und ständig zwischen Flucht und Aufgabe zu entscheiden scheinen.

Langsam kehrt Ruhe in das dunkle Wohnzimmer, als ich mich vorsichtig an dich kuschle. Mit einem lieb gemeinten, aber sehr schmerzhaften Pfotenhieb hab ich deine Riesenpranke in meinem Gesicht, fühle deine Zunge an meiner Nase und umarme dich.

Schlaf schön, lieber Pflege-Schatz, ich lass nicht zu, dass dir noch einmal jemand so weh tut, wie du es erlebt haben musst.