Julia meets Jürgen Engler (“Die Krupps”)

Von Cornelia Wilhelm @NiveauKlatsch

Hallo, ihr Lieben!

Bald steht Weihnachten vor der Tür. Grund genug, sich -wie eigentlich das ganze Jahr über auch- mit guter Musik zu beschäftigen. Die Krupps gehören vielleicht nicht zu den meistgespieltesten Bands an Heiligabend, haben jedoch mit "V-Metal Machine Music" mal wieder voll ins Schwarze getroffen.

Unsere Julia hat sich mit Frontmann Jürgen Engler bei einem leckeren Malzbier unter anderem über die Entstehung neuer Songs, die "Stahlsinfonie" und die "Krupps"-Tournee unterhalten.

Was dabei rauskam, lest ihr hier!

PS.: Alle Infos zu "Die Krupps" findet ihr auf deren Homepage!

Julia: "Bei „V-Metal Machine Music“ sagst du selbst, dass dort zum ersten Mal die Symbiose zwischen Metal und Elektro gestimmt hat. Ist dieses Album eine Schnittstelle nach dem Motto „So machen wir das jetzt!“ oder werdet ihr weiterhin experimentieren?"
Jürgen Engler: "„Genau so weitermachen“ gibt es so bei Die Krupps nicht. Auf der einen Seite ist die Platte das, was Die Krupps aktuell sind und so werden wir auch erstmal weiter machen. Allerdings heißt es nicht, dass wir uns im Kreis drehen oder uns wiederholen. Wir gehen eine generelle Richtung. Auf der anderen Seite gibt es auch wieder Überraschungen. Ende nächsten Jahres soll es eine weitere „Metal Machine Music“ Platte geben, aber wir werden auch an anderen Sachen arbeiten. Nächstes Jahr im März wird eine neue Stahlsinfonie Platte erscheinen. Mit illustren Gästen, mit denen ich schon damals gearbeitet habe u.a. auch Mani Neumeier, Faust, Pyrolator. Es wird spannend."

Julia: "Es ist ja so, dass es auf euren Platten immer mindestens einen deutschsprachigen Song gibt…"
Jürgen Engler: Das ist niemals geplant. Das kommt so wie es passt. Wenn ich einen Song schreibe, dann singe ich ihn so für mich hin und dann entscheide nach Gefühl. Wenn es deutsch ist, dann ist er eben deutsch und genauso ist es mit englischen Tracks. In den 90ern war es auch ganz sklavisch englisch. Das machen wir heute so nicht mehr. Wenn das Thema an das deutsche Publikum gerichtet ist, dann ist es ganz klar, dass wir den Track auf deutsch machen, wie beispielsweise „Kaltes Herz“.

Julia: "Man kann aus deiner Aussage raushören, dass zuerst die Texte geschrieben und dann die Melodie produziert werden. Niemals umgekehrt?"
Jürgen Engler: "Nein. Den Text zu „Kaltes Herz“ gab es schon viel länger. Den hatte ich schon geschrieben bevor der Song und die Melodie existierte."

Julia: "Wie lange denn?"
Jürgen Engler: "Ich würde sagen ca. fünf bis sechs Jahre. Es ist immer so eine Sache. In meiner Schublade habe ich einiges an Texten oder Musik liegen. Je nachdem wie es zum Konzept des Albums passt, werden diese eben wieder herausgeholt. Auch „Alive In A Glass Cage“ ist von 1985. Es ist in der gleichen Phase entstanden wie „Fatherland“. Die Version ist natürlich eine Neue. Das Skelett ist aber von 1985."

Julia: "Ich würde gerne bei dem Thema der deutschsprachigen Songs bleiben. Auf eurem letzten Album „The Machinists Of Joy“ gibt es einen Song der „Essenbeck“ heißt. Doch diesen Stadtteil gibt es gar nicht. Wieso heißt der Song so?"
Jürgen Engler: "Nein, den gibt es nicht. Aber er beschäftigt sich eben mit der Krupp Dynastie. Ich hatte damals den Film „Die Verdammten“ gesehen. Das ist die Thematik, mit der wir uns beschäftigt haben und um die es in dem Song geht. Immerhin haben wir uns auch nach ihnen benannt. „Schatten der Ringe“ war ein Song, der sich auch damit beschäftigt hat. Das Thema Krupp haben wir aber mit dem Album „The Machinists Of Joy“ abgehakt."

Julia: "Also wurde das Thema Krupp damit abgehakt und es werden nun andere Thematiken behandelt?"
Jürgen Engler: "Genau. Aktuelle politische Themen werden Vorrang haben. Meinen Tag verbringe ich damit, Nachrichten zu hören, während ich arbeite. Der Fernseher läuft durchgehend im Hintergrund. Das hat auch großen Einfluss auf die Texte und die Musik."

Julia: "Ich würde gerne nochmal auf die Stahlsinfonie zu sprechen kommen. Wie kamst du auf die Idee, noch einmal eine solche Platte zu produzieren?"
Jürgen Engler: "Die Platte, die jetzt neu raus kommt, ist schon vor vier Jahren aufgenommen worden. Doch die ganzen Gäste haben ihre Parts erst dieses Jahr eingespielt. Ich habe auch auf den passenden Zeitpunkt gewartet, sie zu veröffentlichen. Hätten wir sie noch vor „The Machinists Of Joy“ herausgebracht, hätten alle gedacht „Oh, Die Krupps gehen wieder zu ihren Ursprung!“. Dem ist nicht so. Denn Die Krupps machen eigentlich andere Musik. Wir wollten die Leute nicht unnötig verwirren und sie in den Glauben lassen, dass wir wieder zurückgehen. Die aktuellen Krupps machen eher Metal als puristischen Industrial."

Julia: "Ein gewisses Kontrastprogramm ist aber schon vorhanden, wenn man „The Machinists Of Joy“ und „V-Metal Machine Music“ anhört."
Jürgen Engler: "Das ist auch gut so, denn das ist die Art von Die Krupps, wie sie Musik machen. Die aktuelle Formation, wie sie im Moment besteht, macht „Metal Machine Music“. Dahin geht die weitere Ausrichtung. Wir nehmen uns die Freiheit, alles machen zu können. Wir haben ja viele musikalische Sparten zumindest miterfunden und koennen uns nun in der ganzen geschaffenen Bandbreite austoben!"

Julia: "Also die Formation wie sie im Moment ist, wird auch in Zukunft weiterhin bestehen bleiben?"
Jürgen Engler: "Ja, das ist auf jeden Fall der Plan. Die Musik der Krupps wird in Zukunft wieder mehr Rockelemente enthalten. Es wird aber auch wieder Platten mit elektronischerem Sound geben… also keine Bange."

Julia: "Das gefällt mir sehr gut! Ich möchte aber wieder zur aktuellen Tournee kommen. Nach welchen Kriterien sucht man sich die Lieder aus, die dann auf der Tournee gespielt werden?"
Jürgen Engler: Das ist eine sehr gute Frage. Bei den Proben haben wir alle möglichen Songs ausprobiert „The Truth“, „The Vampire Strikes Back“ u.a. . Wir haben festgestellt, dass Lieder, von denen ich dachte, dass sie live nicht so gut rüber kommen, in der Formation auf einmal richtig gut klingen. Beispielsweise „The Vampire Strikes Back“ war nicht so interessant wie auf Platte. „Alive In A Glass Cage“ wollte ich eigentlich nicht gespielt haben, aber es kam richtig gut. „The Truth“ dachte ich, das könnte auch gut kommen, aber wir haben uns dann für andere Songs entschieden. Wir sind zufrieden mit dem Set und spielen es auch gerne."

Julia: "Der Mix ist definitiv gut, für den Hörer ist es eine angenehme Mischung."
Jürgen Engler: Wenn du ein Album veröffentlichst, ist es wirklich schwer, die Stücke so zu arrangieren, dass sie flüssig und gut klingen. Es muss sich richtig anfühlen. So ist es auch mit dem Texte schreiben. Der Text muss sich gut anfühlen und danach auch gut zur Musik passen. Die Sprache ist da auch wichtig. Es ist ein Leben, in dem man ständig Entscheidungen treffen muss.

Julia: "Gibt es einen Song von dem ihr sagt „Was haben wir uns dabei nur gedacht?“?"
Jürgen Engler: Nein, überhaupt nicht. Es gibt nur Songs, von denen du merkst, dass sie live nicht so gut kommen und somit einfach Album Tracks bleiben werden, zumindest in der aktuellen Besetzung. Was sich dann aber wiederum ändern kann, je nachdem, welchen Musiker du hast. Da ist der Drummer sehr wichtig. Mit ihnen steht und fällt ein Track. Wir hatten einen Drummer, der war unheimlich präzise, maschinell. Das kam ziemlich gut bei den Dance Tracks. Bei den anderen Tracks klang es ziemlich statisch. Andere wiederum hatten totalen Groove und da passten sie nicht mehr zu den Dance Tracks, weil einfach das Maschinelle fehlte und das geht auch nicht. Das ist immer so die Sache.

Julia: "Manche fragen sich was aus dem Klassiker „Der Amboss“ geworden ist."
Jürgen Engler: Den Amboss haben wir seit 2005 immer gespielt. Wir haben ihn 10 Jahre gespielt und nur auf dieser Tour spielen wir ihn nicht, doch auf der nächsten Tour wird er wieder dabei sein. Es ist eine super Nummer. Nur es ist eben sehr elektronisch und die Tour ist momentan ist eher die Rock Krupps, und da passt es diesmal leider nicht so gut rein. Unser Drummer und neuer Gitarrist können ihn noch nicht einmal spielen. Aber er wird wieder kommen, keine Frage! (lacht)"