Der Ruf nach Entschleunigung hallt schon lange durch Medien und Geschäftsetagen, doch so richtig greift die Erkenntnis noch nicht…dabei ist es im Grunde höchste Zeit, ein paar Weichen neu zu stellen, wollen wir als Menschheit einigermaßen friedlich und gesund auf diesem Planeten weiter leben. Möglicherweise fehlt es ja an einleuchtenden Zusammenhängen und verhießungsvollen Perspektiven, um die Idee in die Tat umzusetzen?
Vor diesem Hintergrund ist der Titel von Eva Doumas neuem Buch “Juhu, wir werden alt und bauen” gut zu verstehen. Zwar verknüpft die Autorin ihre Thesen und Forderungen eng mit dem Klimawandel, aber auch wer wie ich nur teilweise an die derzeit kursierenden Klimawandel-Theorien glaubt, wird d’accord gehen, dass wir umdenken müssen – heißt konkret zum Beispiel auf Nachhaltigkeit setzen und Ressourcen schonen, Wachstumswahn durch “gutes Wirtschaften” ersetzen, fundierte Bildung für alle bereit stellen und vor allem einen anderen Blick auf das Schreckgespenst “Überalterung in der Gesellschaft” werfen.
“Der demographische Wandel ist keine Katastrophe sondern Deutschlands Chance”, resümiert Eva Douma und zeigt in ihrem “Anti-German-Angst-Buch”, welche Chancen und Potenziale sich dem Einzelnen in einer Gesamtgesellschaft bieten, wenn wir alle älter werden und Wachstum nicht mehr das allumfassende Ziel ist.
Tatsächlich gibt es laut Eva Douma immer mehr über 100-Jährige in unserem Land, von denen allerdings – und das wissen die Wenigsten – die Mehrheit selbstständig in der eigenen Wohnung zurecht kommt. Und während viele Jugendliche schlaff auf dem Sofa chillen, gehen die Best Ager auf die Downhillstrecke oder demonstrieren gegen Stuttgart 21. Der demografische Wandel findet also durchaus statt und zwar zum größten Teil ganz anders, als sich viele das angstvoll ausmalen. Zahlreiche Betriebe gehen sogar dazu über, Senioren mit ihrem reichen beruflichen Erfahrungsschatz wieder stundenweise in den Betrieb mit einzubinden.
Statt sich also wie besessen in eine schrumpfende Lebensqualität zu hektisieren, propagiert die Autorin den “Fröhlichen Aufbruch ins Weniger” und erhebt den Verzicht zur Lebensform – nicht den gänzlichen versteht sich, aber mal ehrlich: müssen es wirklich drei Autos in einer Familie sein, jedes Jahr ein neues Handy und tut es nicht mal eine geliehene Bohrmaschine, um das Regal an die Wand zu schrauben?
In dem wir ins Kleine bzw. nach innen wachsen, machen wir uns fit für eine altersgerechte, klimaneutrale Zukunft, von der am Ende alle profitieren können. Dazu gehören natürlich neue Ideen, von denen einige bereits jetzt existieren, zum Beispiel ein Bedingungsloses Grundeinkommen, alternative Betriebsformen, die auf Mitbestimung setzen, lustvolles Arbeiten im Alter, Wohngmeinschaften mit Synergie-Effekten und eine Share-Economy statt Wegwerf-Attitüde.
So lasse sich ein gutes Leben für möglichst viele Menschen sicherstellen und was soll ich sagen: ich gebe der Autorin recht! Ich bin vor Kurzem mit meinen Eltern in ein gemeinsames Haus eingezogen – ein Schritt, der bis vor wenigen Monaten undenkbar schien, entpuppt sich als Bereicherung für alle Beteiligten. Ich habe mich zwar schon vorher für weniger Konsum entschieden, trotzdem bekommt Selber machen, tauschen und Synergien nutzen in der jetzigen Situation eine immer wichtigere, sinnvolle und vor allem freudvolle Bedeutung.
Von daher: ich bin dabei beim Aufbruch ins Weniger – für mehr Lebensqualität und gesunde Nachhaltigkeit.
Eva Douma “Juhu, wir werden alt und bauen ab! Arbeiten und Leben in Zeiten des Klimawandels”, 294 Seiten, kartoniert, 19 Euro 90, Cividale Verlag
auch als eBook erhältlich