Judy

Von Pressplay Magazin @pressplayAT

Judy

5Biopic

Gealterte Hollywoodlegenden, die für dringend benötigte Einnahmen mit letzten großen Shows durch England touren, um kurz darauf zu sterben: Klingt nicht nach einem wahrscheinlichen Konzept für ein Subgenre.

Doch nachdem Filmstars Don’t Die in Liverpool Gloria Grahams Lebensende in romantisierendes Licht tauchte, und Stan & Ollie des Komiker-Duos finale Tournee begleitete, markiert Rupert Goolds Garland-Biopic einen kuriosen Trend. Dessen Schemata bestimmen den Plot der Bühnenadaption mehr als das Leben der vielschichtigen Künstlerpersönlichkeit (Renée Zellweger).

Deren später Triumph in Londons ausverkauftem Nachtclub ist der melodramatisch aufgebauschte Hauptinhalt einer unfokussierten, handlungsarmen Story. Die verliert sich in der Repetition austauschbar ablaufender Episoden um Garlands Medikamentensucht und Unzuverlässigkeit. Den ermüdenden Formalismus betont Zellwegers hochemotionale Interpretation Garlands als glamourös sinkendes Wrack, dessen Liebesbedürftigkeit diverse Gatten und Kinder nicht stillen können. Lediglich sporadische Rückblenden zur Wizard of Oz-Judy durchbrechen die elegante Routineinszenierung. Die psychologische Entwicklung vom Kinder-Shootingstar zur angeschlagenen Sängerin erschließt sich nie.

Dass MGM ihr von klein auf Minderwertigkeitskomplexe systematisch anerzog, sie mit Zwangsdiäten, Tabletten und Arbeitsdruck maximal kontrollierte, L.B. Mayer (Richard Cordery) sie sexuell belästigte, bagatellisiert oder verschweigt die fade Momentaufnahme genau wie Garlands innere Stärke. Fiktive Geschehnisse ersetzen authentische Einblicke in eine Biografie, die Drehbuchautor Tom Edge offenbar kaum interessierte. Das Hollywoodsystem manipulierte Garland zu ihren Lebzeiten; die britische Produktion posthum ihre Legende. Das sagt viel über die Filmindustrie – und wenig über die Titelfigur.

Regie: Rupert Goold, Drehbuch: Tom Edge, Darsteller: Renée Zellweger, Rufus Sewell, Finn Wittrock, Michael Gambon, Jessie Buckley, Bella Ramsey, John Dagleish, Gemma Leah Devereux, Filmlänge: 118 Minuten, Kinostart: 02.01.2020