Judith Schalansky – Der Hals der Giraffe

schalanskyInhalt: Die Lehrerin Inge Lohmark arbeitet seit vielen Jahren an einer kleinen Schule im “vorpommerschen Hinterland”, welches nicht näher definiert wird. In ihren naturwissenschaftlichen Unterrichtsfächern kennt sie sich gut aus; bei menschlichen Beziehungen dagegen versagt sie. Durch ihre kühle und distanzierte Art hat sie ihre eigene Tochter verloren, die ihr Glück lieber am anderen Ende der Welt und ohne ihre Mutter sucht, auch verweigert sie sich jedweder Freundschaft mit einem der Kollegen. Dass die Schule bald geschlossen wird und ihre neunte Klasse die letzten Abiturienten überhaupt stellen wird, bedrückt sie, da sie nicht weiß, wie es danach mit ihr weitergehen soll. “Die Naturwissenschaft taugt nicht zum Hobby.” sagt sie und spricht damit an, dass dieser Beruf ihr Leben, ihre Bestimmung ist. Als sie sich wider Erwarten in eine ihrer Schülerinnen verliebt, und von ihren eigenen Gefühlen zerrissen den Schulalltag weiter bestreiten muss, zeigt sich eine neue Seite an ihr, gleichzeitig öffnet sie damit aber auch die Tür zu ihrer einsamen Seele, die sie bisher so gut hinter der Naturwissenschaft verstecken konnte.

 

Amhranai meint: Ich habe dieses Buch vor ein paar Jahren von Freunden der Familie zu Weihnachten geschenkt bekommen, mit dem Zusatz, dass ich doch Lehrerin werde und diesen Bildungsroman, wie er betitelt wird, damit sicherlich interessant finden würde. Auf eine nicht eindeutig zu betitelnde Art von dem Cover und dem ungewöhnlichen Titel angezogen, begann ich zu lesen.

Die Kälte von Inge Lohmark erschreckt, rüttelt auf. Sie ist Lehrerin mit Leib und Seele, aber nicht der Schüler wegen, sondern wegen der Unterrichtsinhalte. Das spiegelt sich nicht nur in dem Aufbau des Buches wider, welcher auf ihren Charakter abgestimmt wurde, sondern auch in jedem Gedanken, den sie äußert. In jeder Handlung, die sie noch weiter wegträgt von den anderen Menschen um sie herum, von ihren Kollegen (die teilweise als überspitzte Lehrerklischees gestaltet sind) und auch von ihren Schülern als Individuen, die ihre Aufmerksamkeit haben wollen. Der Unterricht leidet nicht im Geringsten, darauf weist sie stolz hin, sie ist gut in dem, was sie tut. Als Lehrerin, als Respektsperson, die ihren Abstand wahrt.

Der Abstand bleibt, bis sie unerklärliche Gefühle für eine ihrer Neuntklässlerinnen, Erika, entwickelt, mit denen sie zunächst nichts anfangen kann. Es entwickelt sich keine Beziehung zwischen den beiden, die nicht nur durch viele Lebensjahre, sondern auch durch ein Lehrer-Schüler-Verhältnis und alle damit verbundenen Konsequenzen voneinander getrennt sind, aber die Emotionen erschüttern Inge Lohmarks Welt bis ins Mark. Bei Erika wirft sie viele ihrer moralischen Grundsätze über Bord, nimmt sie sogar im Auto mit. Was die Lehrerin dazu treibt, bleibt unklar. Ob die Einsamkeit sie einfach überwältigt, ob sie in Erika sich selber wiedererkennt, wie sie einmal war – eine Erklärung findet sich nicht. Ganz im Gegensatz zu den Naturwissenschaften, die sich in den meisten Fällen erklären lassen. Der Mensch ist ein zu komplexes Wesen, als dass man ihn logisch erklären könnte.

Was ich mich bis heute frage, ist, warum dieses Buch als Bildungsroman bezeichnet wird. Der Roman grenzt sich teilweise von den Kriterien ab, die diese Art von Romanen ausmachen: Inge Lohmark ist keine junge Frau, sondern bereits in fortgeschrittenem Alter. Die emotionale Entwicklung, die sie durchlebt, ist nur in Ansätzen erkennbar, da das Buch endet, sobald tatsächlich etwas passiert. Den größten Teil ihrer eigenen Geschichte verharrt Inge Lohmark in einem Zustand, anstatt sich fortzubewegen. Sicherlich spielt die Bildung für die Protagonistin eine große Rolle, da sie als Lehrerin arbeitet und ganz in der Naturwissenschaft aufgeht. Aber die literarische Einordnung ergibt sich für mich nicht zwangsläufig. Ich nehme gerne Anregungen und Diskussionsansätze diesbezüglich entgegen!



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