Journey to the Savage Planet im Test – Von pupsenden Mopsvögeln und stinkenden Kotzstrahlen

Journey to the Savage Planet von den Typhoon Studios ist nicht nur mein erstes Review im neuen Jahrzehnt, sondern zugleich auch die erste große Spieleüberraschung im neuen Gamingjahr 2020. Denn auch wenn in diesem Jahr wohl kaum ein anderes Thema die Spieler in aller Welt so sehr beschäftigt wie die neue Konsolengeneration (und vielleicht noch Cyberpunk 2077), haben 505 Games hier das erste Spiel des knapp 30-köpfigen Entwicklerteams veröffentlicht und damit einen richtigen Überraschungstitel für die Currentgen herausgebracht. Doch kann ein nur 6 GB großes und nur 30 € teures Spiel wirklich so gut sein?

Google hat das Spiel so überzeugt, dass sie sich die Typhoon Studios direkt einverleibt haben, mit dem Ziel, künftig Exklusivtitel für Googles Spielestreaming Plattform Stadia entwickeln zu lassen. Die Begründung von Google für den Kauf war, dass dieser Entwickler mit geringen Mitteln und kleinem Team mit Journey to the Savage Planet bewiesen hätte, dass sie Spiele auf AAA-Qualitätsniveau produzieren könnten. Ziemlich großes Lob für so ein, zumindest im Download bzw. auf der Konsolenfestplatte, kleines Spiel und das sogar noch vor der Veröffentlichung.

Wer den Mopsvogel pupsen hört (und sieht)...

Journey to the Savage Planet im Test – Von pupsenden Mopsvögeln und stinkenden Kotzstrahlen...fragt sich zu Recht was hier eigentlich los ist. Denn anders als der Titel des Spiels zunächst vermuten lässt, geht es gar nicht um die Reise zu einem fernen Planeten. Man steuert auch kein Raumschiff oder muss intensiven Ressourcenabbau und Crafting betrieben wie in No mans sky, trotz der zunächst recht ähnlichen Optik und einem durchaus vorhandenen Fortschrittsystem, das auf dem Sammeln von Ressourcen basiert.

Tatsächlich befinden wir uns schon auf dem Zielplaneten zu dem uns Kindred Aerospace, die viertbeste Weltraumerforschungsfirma der Erde, geschickt hat. Allerdings weist unser Raumschiff nach der Landung einige Schäden auf und der Tank ist auch leer, so dass die übergeordnete Aufgabe heißt: Raumschiff reparieren, auftanken und ab nach Hause. Aber natürlich nicht, ohne möglichst viel über den unbekannten Planeten in Erfahrung gebracht zu haben. Zumindest beschreibt das die Computerstimme, als unser stetiger und oft Dinge kommentierender Begleiter, als unser Ziel. Die E.K.O. getaufte synthetische Stimme hilft uns dabei zum Start auch, uns überhaupt im Spiel zurecht zu finden und leitet uns durch das anfängliche Tutorial.

Dabei wird schnell klar, dass das Spiel sich zunächst wie ein handelsüblicher Egoshooter steuern lässt und neben dem Einsatz der Weltraumpistole müssen wir vor allem die neue Flora und Fauna scannen, um mehr über den Planeten und seine tierischen und pflanzlichen Bewohner herauszufinden. Dabei sind die Scannertexte humorvoll geschrieben und E. K. O.s Kommentare unterstreichen diesen meist zündenden Humor. Doch abseits bzw. ergänzend zu den beiden Hauptaufgaben werden wir auch immer wieder mit weiteren Aufgaben betraut. Dabei geht es meist darum, irgendwas auf dem Planeten zu finden und zu scannen oder eine Probe zu nehmen etc., um die daraus gewonnen Kenntnisse zum Upgraden unserer eigenen Ausrüstung zu verwenden. Mit Hilfe der Upgrades erhöhen wir die Reichweite unseres Scanners, das Magazin unserer Pistole oder schalten verschiedene völlig neue Gadgets frei, die dann auch den Metroidvaniaeinschlag des Spiels erkennen lassen.

Wer dem spuckenden Kotzer ausweicht...

Journey to the Savage Planet im Test – Von pupsenden Mopsvögeln und stinkenden Kotzstrahlen...weiß, wie wichtig saubere und rutschfeste Stiefel sind. Doch abseits der Stiefel, die natürlich zur Standardausrüstung unseres Weltraumforschers gehören, erfordert unser Zielplanet ein bisschen mehr Ausrüstung, um erforscht zu werden.

Nachdem Freischalten der Waffe, mit denen Hindernisse aus Pflanzen und Kristallgebilde zerstört werden können, folgt das Jetpack. Damit lässt sich höher, weiter und länger springen und so können bis dahin unerreichte Gebiete erkundet werden. Später kann der Raketenrucksack weiter ausgebaut werden, wodurch besonders hohe, senkrechte Sprünge möglich werden.

Auch das Protonseil, eine Art Science Fiction Greifhaken, ermöglicht es unserem mutigen Forscher, neue Gebiete zu erreichen. Immer wieder gelangen wir an Stellen auf dem Planeten, die ein Fortkommen ohne das richtige Utensil verhindern. Dank Marker für die Ziele inklusive Angabe der Entfernung finden wir hier aber schnell den Weg zum nächsten technischen Highlight aus dem 3D-Drucker unseres Raumschiffs, der Javelin.

Doch abseits der eigenen Ausrüstung können auch Dinge eingesetzt werden, die wir auf dem Planeten finden. Dazu gehören auch Fässer mit Ködergranaten. Der damit freigesetzte, schwarze und sehr eklige Schleim, lockt in der Nähe befindliche Kreaturen an. Diese stehen auf den Schleim, verspeisen und ähm verdauen ihn. Das Ergebnis? Ein sich über Häufchen freuender Astronaut! Denn die unterschiedlichen Kreaturen scheiden unterschiedliche Craftingmaterialien aus. Dabei erzeugen die verschiedenen Tiere auf diese Weise mehr Ressourcen als wenn wir ihnen eins über den Mopsvogelkopf geben oder ihnen sprichwörtlich in den Hintern treten. Oder sie einfach erschießen. Oder sie erst mit einem Tritt in luftige Höhen befördern und dann im Flug als Zielübung benutzen. Tonmopsvogelschießen quasi. Schließlich will auch ein mutiger Forscher auf fremden Planeten fit bleiben.

Letzteres Beispiel ist aber auch Teil eines von zahlreichen anderen Experimenten, die als eine Art Tertiäres Ziel dienen. Doch während die vorgenannten Ködergranaten noch auf menschliche Ingenieurskunst zurückgeführt werden können, warten auch die zahlreichen Pflanzen auf dem Planeten mit hilfreichem Material auf.

Zwei Finger gegen Glubschi

Journey to the Savage Planet im Test – Von pupsenden Mopsvögeln und stinkenden KotzstrahlenDenn die Pflanzen tragen unterschiedliche Früchte, die wir für uns verwenden können. Mit höherer Ausbaustufe des Rucksacks und den entsprechenden zugehörigen Ausrüstungsstücken, können wir so Pestpflanzen und eine Art Bombenpflanzen mit uns herumschleppen. Batmans Allzweckgürtel ist im Grunde ein Witz gegen all die kleinen Helferlein in unserer Bauchtasche! So lassen sich z. B. Greifpunkte für unser Protoseil erzeugen, wenn wir Greifpflanzensamen auf Strukturen an den Felswänden werfen, die große Ähnlichkeit mit Saugnäpfen von Tintenfischen haben.

Dabei bekommen die immer komplexer werdenden Klettereien vor allem im Endgame immer mehr an Bedeutung. Doch dazu später mehr. Denn neben den, zum Großteil recht friedlichen und verrückt designten Tierchen warten auch noch andere und aggressivere Biester auf uns. Es gibt immer wieder Gebiete, die wie eine kleine Arena aufgebaut sind und in der wir unsere Angreifer besiegen müssen, um an für das Crafting wertvolle Alien-Legierungen zukommen oder einen weiteren Teleporter für das Schnellreisesystem freizuschalten. Damit können wir zwischen unserem Raumschiff, wo wir auch landen, wenn wir mal gestorben sind und unsere Ausrüstung verbessern, und anderen wichtigen Punkten auf dem Planeten umherreisen. Scheitern wir, weil wir nicht genug Lebenspunkte haben, so können wir zu einem anderen Zeitpunkt wiederkommen. Denn Lebenspunkte und auch unser sich beim Sprinten verbrauchender Ausdauerbalken erhöhen sich, je mehr wir von einem bestimmten, gelben Schleim in uns hineinschaufeln. Machen wir das oft genug, gibt es alle paar Schleimbeutel einen Stufenaufstieg und damit wie gesagt mehr Lebens- und Ausdauerpunkte.

Es gibt an zwei, drei Stellen im Spiel auch die Notwendigkeit, in einem Bereich um eine Glubschi genannte Pflanze vorbeizuschleichen bzw. sich einen Weg in ihre direkte Nähe zu bahnen. Dann können wir sie mit einem zwei Finger Augenpiekser aus dem Weg räumen. Erwecken wir zwischenzeitlich ihre Aufmerksamkeit, deckt sie uns mit einer Art Artilleriefeuer ein. In unserer Redaktion wird das Schleichen nicht gerne als Gameplayelemente gesehen bzw. ist doch recht unbeliebt aber hier kann ich auch an die Kollegen Entwarnung geben: man kann auch durchpreschen, verpasst dadurch aber nette optionale Craftingmaterialien.

The Floor is Lava - nein, ernsthaft!

Journey to the Savage Planet im Test – Von pupsenden Mopsvögeln und stinkenden KotzstrahlenDoch keine Sorge, wirkliches Grinden ist selten bis nie notwendig, wenn man die Augen nach den zahlreichen natürlichen Ressourcenvorkommen aufhält und hier und da mal ein paar Tierchen füttert oder ihnen klarmacht, wer am oberen Ende der Nahrungskette steht. Es fehlt Kohlenstoff für das nächste Upgrade? Ein paar runden Mopsvogelweitschuss und schon spuckt der 3D-Drucker im Raumschiff das nächste Upgrade aus. Später im Spiel lässt sich der Scanner auch so aufrüsten, dass er Upgradeschleim und viele andere Sammelgegenstände und Ressourcen in der Umgebung anzeigt und uns die Entfernung und Richtung weist.

Die Suche nach dem richtigen Weg zum nächsten Schleim und Co. und den damit verbundenen Kletterpartien kann schon mal mit einem versehentlichen Sprung in den eigentlich tödlichen Abgrund enden. Doch hier ist das Spiel sehr fair: denn im freien Fall rettet uns eine Aufklärungsdrohne unseres Raumschiffs und setzt uns am Absprungort wieder ab. Danke! Das klappt aber auch nicht endlos oft. Sterben durch die Auswirkungen der Schwerkraft oder bissige Tiere, werden wir im Raumschiff als Klon mit all unseren Erinnerungen wiederhergestellt. Bis dahin eingesammelte Craftingressourcen, die wir noch nicht im Raumschiff abgelegt haben (was automatisch bei jedem Besuch dort passiert), warten am Ort unseres Ablebens auf das erneute Einsammeln. Dieser gelbe Rucksack, der mit Leuchtraketen und Lautsprecheransagen auf sich aufmerksam macht, erhält automatisch auch eine Zielmarkierung.

Immer wieder müssen wir auch den richtigen Weg zum Weiterkommen finden und die steigende Anzahl unserer Gadgets und unterwegs eingesammelter Früchte einsetzen. In den Höhenabschnitten gilt es durch geschicktes Springen und Fliegen der Lava fernzubleiben, trotz immer wieder absenkender Plattformen. Doch hierbei und auch bei der Handvoll Bosskämpfen ist das Spiel ähnlich fair, wie schon beim Fall in den Abgrund. Echter Frust kommt nie auf und nahe der Bosse finden wir immer einen Teleporter, um uns nervige Laufwege zu ersparen. Insgesamt ist das Spiel technisch schlichtweg rund, einwandfrei und sieht dabei auch noch sehr hübsch aus. Und dazu gibt es sogar noch einen optionalen Koopmodus, bei dem vor allem die Bosskämpfe vom Kampf zu zweit profitieren. Die Typhoon Studios haben die zugrundeliegende Unreal Engine offensichtlich im Griff.

Fazit

In ca. 10 Stunden ist das Spiel vorbei. Wer noch weiter Items sammeln und bis dahin unergründete Geheimnisse lüften möchte, kann nochmal gute 5 Stunden Spielzeit drauf packen. Journey to the Savage Planet überzeugt nicht nur als erstes Werk eines neuen Entwicklers, sondern ist auch unabhängig davon meine erste Spieleperle 2020. Technisch rund, optisch ansprechend und es spricht die Neugier in mir absolut an, ohne mich mit einer zu riesigen und zu offenen Welt zu überfordern. Dank der Missionsziele und der Zielmarker hat man eigentlich immer zumindest eine grobe Vorstellung davon, wo man hin muss und was es als nächstes zu tun gilt. Das ständige Wiederholen von Laufwegen wird durch das sehr dichte Schnellreisesystem verhindert. Kombiniert mit dem verrückten Humor, sowohl in den Texten von E. K. O., als auch in den Videos und E-Mails an Board unseres Schiffes (worüber ich aus Spoilergründen kein weiteres Wort verlieren möchte) haben die Typhoon Studios hier einfach ein tolles Spiel geschaffen. Wenn man dem Spiel eines vorwerfen kann, dann, dass es vielleicht nicht genug Herausforderungen bietet bzw. der Schwierigkeitsgrad im finalen Abschnitt durchaus rasant ansteigt. Und vielleicht noch, dass die zahlreichen Videos auf dem Raumschiff, genau wie die Kommentare von E.K.O. nur englisch vertont sind. Dafür sind aber immerhin alle Texte eingedeutscht. Dank fairer Checkpoints und mit ordentlich Lebenspunkten im Raumanzug, kann man hier aber gut durchkommen. Es gibt zwei echt fiese Sprung- und Klettersequenzen, die ich aber Dank großem Lebenspunktepolster trotzdem im ersten Anlauf überstehen konnte. Wichtig ist die in der Nähe befindlichen Heilpflanzen zu nutzen. Ich bin wirklich gespannt darauf, was die Entwickler mit höherem Budget in Zukunft wohl entwickeln können. Vielleicht „Die Rache der Mopsvögel"?


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