Jonah Hill ist wirklich ein “Bad Sitter”

Erstellt am 30. Mai 2012 von Denis Sasse @filmtogo

So sehr uns die lieben Kleinen auf die Nerven gehen können, so manch einen Erziehungsberechtigen haben sie einfach nicht verdient. Da wäre zuletzt Cameron Diaz in Jake Kasdans „Bad Teacher“ gewesen. Als Drogen konsumierende Alkoholabhängige bestand ihr einziges Ziel darin, sich die Brüste vergrößern zu lassen. So böse Diaz in diesem Film ist, so inkompetent kommt Jonah Hill in seinem neuen Film „Bad Sitter“ daher. Die Komödie von Regisseur David Gordon Green („Ananas Express“, „Your Highness“) lief bereits im Dezember letzten Jahres in den USA und zeigt den „21 Jump Street“-Darsteller als Aufpasser für drei ungezogene Gören. Vielleicht mag der „Kindergarten Cop“ erfolgreich im Umgang mit seinen kleinen, frechen Nervensägen gewesen sein, Jonah Hill reiht sich allerdings neben Vin Diesel und Dwayne Johnson ein, die mit „Der Babynator“ und „Die Zahnfee“ eher peinliche Kinderbetreuer abgaben.

Noah (Jonah Hill) hat für Kinder nicht sonderlich viel übrig. Deshalb ist er eigentlich auch gar nicht als Babysitter geeignet, aber für gutes Geld tut man so einiges. Daher erklärt er sich bereit, für eine Nacht der Sitter für Slater (Max Records), Blithe (Landry Bender) und Rodrigò (Kevin Hernandez) zu sein. Doch die Ablehnung beruht auf Gegenseitigkeit. Noah wird von den drei eigentümlichen Kids von Anfang an misstrauisch beäugt. Als er für einen kurzfristig geplanten Trip in die Stadt will, bleibt ihm nichts anderes übrig, als die Drei mitzunehmen. Der Ausflug, der sie zu Partys und Ganoven führt, wird schnell zu einem gefährlichen Abenteuerausflug.

Einen solchen Ausflug hat der Jungschauspieler Max Records, hier als Slater zu sehen, bereits 2009 dorthin gemacht, „Wo die wilden Kerle wohnen“. Vielleicht hätte er in der Maurice Sendak-Literaturverfilmung nicht so frech ausbüxen sollen um sich der Bestrafung, der er hier erlegen ist, zu entziehen. „Bad Sitter“ ist eine einfallslose Aneinanderreihung von abstrusen Einzelsituationen, in denen sich Noah und die Kinder in einem Anziehladen, einem Restaurant, auf mehreren Partys oder in einer von einem Gangster geleiteten Forschungseinrichtung für Bodybuilder wiederfinden. Am Ende landen sie aber immer wieder in ihrem Familienwagen um zur nächsten Episode zu fahren. Ausgangspunkt ist dabei Noahs spezielle Fähigkeit im Umgang mit seiner Zunge, die er mit aller Geschicklichkeit bei der von ihm als seine Freundin betitelten Marisa einsetzen darf. Dass diese ihn nur ausnutzt, muss der arme, gebeutelte, aber über weite Strecken gänzlich unsympathische Noah im Verlauf seines nächtlichen Abenteuers erst realisieren, wofür er natürlich die Hilfe dieser kleinen Wesen benötigt, die als seine drei kleinen Teufelchen fungieren. Während das Mädchen Blithe und der unsichere Slater noch als glaubhafte, wenn auch ein wenig überspitzt dargestellte Figuren inszeniert wurden, kommt der an einen kolumbianischen Verbrecher erinnernde Rodrigò gänzlich überzogen daher. Der Zuschauer mag es ihm noch verzeihen wenn er mit einer Bowlingkugel eine Vase zerdeppert, aber spätestens wenn er in einem Juweliergeschäft die Toilette in die Luft jagt und der ganze Laden dadurch explodiert, fragt man sich schon, wie die Jugend des Regisseurs Gordon Green wohl ausgesehen haben mag. Offenbar jedenfalls sehr vom Drogenkonsum geprägt, denn schon in seinen vorherigen, an den Kinokassen äußerst erfolglosen Filmen „Ananas Express“ und „Your Highness“, der in Deutschland nicht einmal auf der großen Leinwand gelaufen ist, sind Drogen ein zentrales Leitmotiv für die jeweiligen Protagonisten. So auch in „Bad Sitter“, wo Noah von seiner vermeintlichen Freundin den Auftrag bekommt, sie auf einer Party mit Drogen zu beliefern um dafür den ersten wirklichen Sex erleben zu dürfen.

Damit landet Jonah Hill dann bei Sam Rockwell, dem einzigen Darsteller, der aus diesem Film unbeschadet herauskommen dürfte – wohlgemerkt ist nicht die Rede von seiner Figur des Drogendealers Karl, denn diesen trifft ein härteres Schicksal. Eigentlich ist Karl ein verschwendeter Bösewicht, eine großartig exzentrische Figur, die inmitten von einem Fleischfest an Bodybuildern lebt und in dieser Form ein geeigneter Gegenspieler für Austin Powers gewesen wäre, nicht aber für den langweiligen Noah. Und an Karl wird auch das Thema des Filmes am schnellsten erkannt, für die übrigen Figuren spart man sich einen größeren Wink mit dem Zaunpfahl für das emotionale Ende auf. Denn hier wird die traute Zweisamkeit gesucht, das Miteinander von Freunden und Geliebten wurde als nicht ganz so unterschwellige Message in die Handlung eingebettet. So umgibt sich besagter Bösewicht Karl zwar mit einer Menge hirnlosem Fleisch, ist aber von Noah tief enttäuscht, als dieser sich nicht als wahrer Freund herausstellt. Mit Tränen in den Augen löscht er ihn sogar als seinen Facebook-Freund. Noah wiederum klammert sich an die zickige Marissa, sieht keine andere ernsthafte Perspektive in seinem Leben, nicht einmal wenn sie vor seiner Nase steht. Denn wie immer gibt es da ein Mädchen von seiner ehemaligen High School, die schon damals so sehr in ihn verknallt war, dass sie noch heute nicht über ihn hinweg ist. Bei den Kindern stellt sich derweil dasselbe Problem heraus, Slater trauert um einen verlorenen Kumpel, in den er eigentlich verliebt ist, es nur noch nicht begriffen hat. Blithe malt sich mit Schminke voll um wie ein Superstar auszusehen und damit mehr Freunde zu finden und der adoptierte Rodrigò hat Probleme mit seiner falschen Familie, glaubt zu wissen, dass auch diese ihn bald wieder abschieben wird. Und damit vereinen die Kinder auch schnell noch Homosexualität, den Schönheitswahn von Casting-Shows und den Adoptivkind-Status ineinander, womit noch mehr dieser schlecht durchgeführten Zeigefinger-Momente in die Handlung rutschen.

Im Gegensatz zu „Bad Teacher“ bleibt „Bad Sitter“ einfach zu lieb, bricht niemals aus dem vertrauten, lieben Komödienstatus heraus. Gordon Green weiß als Regisseur einfach nicht, welchen Weg er einschlagen soll. Es ist keine dieser charmanten Familienkomödien, benutzt aber deren gut gemeinte Ratschläge. Es ist auch kein bitterböser Sarkasmus, kein „Oha“-Moment ist zu bemerken, der Film bleibt hierfür wiederum einfach zu nett. Damit wird „Bad Sitter“ jedenfalls keine Freunde finden.

Denis Sasse


‘Bad Sitter‘