John Yudkin vs. Ancel Keys: oder was genau Herzinfarkte verursacht

Von Alejandro

Wir schreiben das Jahr 1963. Kennedy wird gerade in Dallas durch einen Mörderkommando exekutiert. Eine unbekannte Rockband die unter den Namen „The Beatles“ bekannt wird macht Furore in Europa. In Deutschland regiert Ludwig Erhard und treib die Soziale Marktwirtschaft voran. Whttp://de.wikipedia.org/wiki/The_Beatles

Gleichzeitig führen zwei namhafter Wissenschaftler, einer in USA und ein anderer in UK führen eine heftige Debatte, was nun die Ursache für Herz und Kreislauferkrankungen sei. Das Ergebnis der Fehde würde die Medizin für die nächsten 50 Jahre beeinflussen, bis zum heutigen Tag.

Auf der Seite steht der politisch gewiefter Ancel Keys, der mit seiner „7 Länder Studie“ bis auf die Titelseite der „Times“ schaffte. Sein Gegner: der angesehener Oxford Professor und scharfer Denker John Yudkin.

Beide haben gewichtige Argumenten für ihre Thesen. Beide fanden heraus, dass die Ernährung eine bedeutende Rolle für die Entwicklung von Herz und Kreislauferkrankung spielt. Für Ancel Keys war das Fett der Übeltäter, für John Yudkin, war das der Zucker. Er ging soweit, sie „white, sweet and deadly“ zu nennen (Name seines bekannten Werkes). Also „weiss, süss und tödlich“. Drastischer konnte er seine Überzeugungen kaum ausdrücken.

In Laufe der Jahrzehnten würde nur eine von beiden Thesen überleben, sie wird selbst noch heute in jeder Arztpraxis wiederholt. Es ist das Fett! Ancel Key´s sei Dank. John Yudkin geriet in Vergessenheit und wird nur selten zitiert.

Schauen wir uns die Argumente der beiden Kontrahenten genauer an, wir versuchen heraus zu finden. Wer nun Recht haben könnte.

Die „Sieben Länder Studie“ von Ancel Keys.

Wie kam nun Herr Keys zu der Überzeugung, Fett verursacht Herz und Kreislauferkrankungen ?

In der damaligen Zeit war die sogenannte Multivariante Analyse noch nicht so weit verbreitet wie heute. Insofern war die gewählte Methodologie durchaus revolutionär. Ancel Keys sammelte so Daten von 7 Länder über eine Beobachtungsdauer von 10 Jahren. Dabei setzte er den gesamten nationalen Fettkonsum des jeweiligen Landes in Beziehung mit der Anzahl an Herzinfarkte pro Einwohner. Und siehe da: es korrelierte wunderbar! Je mehr Fett konsumiert wird, umso mehr Herzinfarkte wurden gemessen. Seitdem erzählen uns unsere Mediziner, wir sollten nicht so viel Fett essen, denn es würde die Arterien durch Arteriosklerose verengen, was letzlich zum Herztod führt. Soweit so gut.

Getreu nach Adenauer, traue keine Statistik die Du nicht selbst gefälscht hast, litt die Studie unter gravierende Mängel:

  • Keys verfügte eigentlich über die Daten von 22 Länder. Würde man alle Länder berücksichtigen, sieht man keinerlei Zusammenhang. Noch schlimmer: wenn man geschickt einen bestimmten Subset an Länder absichtlich wählt, kann man praktisch jede Theorie erklären, sowohl negative als auch positive oder gar keine Korrelation.
  • Der nationaler Fettkonsum macht nur Aussagen über den Gesamtfettkonsum, unabhängig ob sie nur von Menschen konsumiert werden.
  • Die Studie umfasste nur Männer.

Ein lustiger YouTube Video verdeutlich auf sehr anschauliche Weise die Fehler der Key´s Studie.


John Yudkin und die Gefahren von Zucker

Für John Yudkin war klar, dass nicht Fett, sondern Zucker der Übeltäter bei Herz- und Kreislauferkrankung war. Dabei benutzte er unterschiedliche Argumenten, die er in seinem Buch zu einem Ganzen zusammenfügte:

  • Evolutive Aspekte der menschlichen Ernährung: Zucker in der heutigen Menge und Reinheit war dem Urmensch gar nicht verfügbar. Selbst in früheren Neolithikum war reines Zucker absolute Mangelware. Erst vor etwa 2.500 startete langsam die Zuckerproduktion, wobei ers t in den 20ten Jahrhundert konnte Zucker sehr billig produziert werden, so dass der konsum in die Höhe schoss. Beispielhaft in UK wird heute etwa 50 mal mehr Zucker konsumiert als in 1850.
  • Erste Experimente mit Mäusen zeigten deutlich, dass der Nachwuchs von Mäusen mit erhöhten Weisszucker konsum krankhaft war und nach wenige Wochen verstarben.
  • Yudkin erkannte richtigerweise, dass bei Herz- und Kreislauferkrankungen nicht nur ein einziger Blutwert (wie Cholesterin) erhöht war, sondern eine ganze Menge anderen auch. Daraus schloss er, dass sich um eine generelle Störung des Menschlichen Metabolismus handelt.
  • Der schädliche Einfluss von Zucker in Form von Fettleibigkeit, was weitere Gesundheitsproblemen verursacht.
  • Die Einwohner von St. Helen haben eine ungewöhnliche hohe Rate an Herzinfarkte, obwohl ihre Diät  Fettarm ist. Sie essen jedoch 50 Kg Zucker per Einwohner.
  • Yudkin eigene Untersuchung an Erkrankten zeigten, dass Patienten mit Koronarerkrankungen über einen höheren Zucker Konsum berichteten als Kontrolpatienten.
  • Die Produktion von Pyruvate Kinase, ein Enzym was massgeblich für die Fettproduktion der Leber ist, wird durch Zucker beschleunigt.
  • Eigene Experimente mit Raten auf Diät Reich an Zucker zeigte eine Zunahme des nüchternen Blutspiegels.
  • Yudkin erkannte richtigerweise der Zusammenhang zwischen erhöhten Zuckerkonsum, Insulinintoleranz mit entsprechend höheren Insulinspiegel und die Neigung von Blutplättchen, Thrombosen zu bilden.
  • Er vermutete ebenfalls einen Zusammenhant zwischen erhöhtem Zuckerkonsum und die Entwicklung von Diabetes, was widerum das Risiko an Herz- und Kreislauferkrankungen erhöht.

Darüber hinaus fand er Zusammenhänge zwischen dem Zuckerkonsum und Augenerkrankungen bei Mäusen. Weiterhin untersuchte er die Karies-Problematik sowie Hautprobleme bei Patienten die sehr viel Zucker zu sich nahmen. Weiterhin erkannte er einen statistischen Zusammenhang bei bestimmten Krebsarten und Zuckerkonsum.
Zuletzt beschäftigte sich mit den Auswirkungen von Zucker auf die Darmflora und erkannte ihre Wichtigkeit für die Gesundheit, ein Erkenntnis das uns mittlerweile sehr bekannt vorkommt. Damals in den 50er war es jedoch vollkommen neu.

Keys oder Yudkin: Wer setzte sich letzlich durch?

Die Geschichte der beiden Wissenschaftler lehrt uns eine etwas traurige Wahrheit, manchmal setzen sich leider nicht die genialsten Köpfen durch, sondern die politisch geschickteren. In dieser Geschichte war Keys der „Gewinner“. Yudkin geriet in Vergessenheit. Die Gefahren von Zucker sind bis heute nur teilweise bekannt. Und dies, obwohl mittlerweile bekannt ist, dass höhere Blutzuckerspiegel ein besseres Indikator für das Risiko an Herz- und Kreislauferkrankung zu leiden als Cholesterin.

Fett hingegen wird aktiv „verteufelt“ und eine ganze Industrie lebt von den „Fettarmen“ Produkte, obwohl mittlerweile längst bewiesen ist, dass der Fettkonsum keinerlei Auswirkung auf Herz- und Kreislauferkrankung hat.

Aber mittlerweile hat Yudkin eine späte Anerkennung von mindestens ein bekannter Wissenschaftler: Dr. Robert Lustig aus der UCSD California, USA. Mehr davon in „Zucker, die bittere Wahrheit“. Und er enteckte noch etwas, was Yudkin noch nicht wusste. Es gibt etwas, was noch gefährlicher ist als Weisszucker und dies gar nicht Lustig ist: Fruktose. Übrigens, Alkohol ist nicht anderes als gegärte Fruktose. Prost!