Johannson: Himmel über der Hallig

Von Literaturleben @literaturleben
Johannson, Lena:: Himmel über der Hallig, Rütten und Löning, Berlin 2012, 144 S.
"Lena hat eine schwere Zeit hinter sich. Ihre Krankheit hat sie zu einem anderen Menschen gemacht. Von Dortmund flieht sie buchstäblich auf die Hallig Hooge. Hier genießt sie das ruhige Leben und forscht als Kunsthistorikerin einer Christus-Figur nach, die das Meer im 19. Jahrhundert angespült hat. Und hier trifft sie den Orgelbauer Christoph. Stundenlang gehen sie am Meer entlang und verlieben sich. Christoph will Lea mit auf seine Insel Sylt nehmen - doch Lea will bleiben. Dann jedoch geschieht ein Unglück, und die Schatten ihrer Krankheit kehren zurück." (S. 132, Informationen zum Buch)
So wird die Handlung auf einer der letzten Seiten des Buches zusammengefasst. Was für eine Krankheit, welches Unglück, welche Konsequenzen - all das werde ich natürlich an dieser Stelle nicht verraten. Vielmehr möchte ich das Buch, dessen  "Typen, Charaktere, Figuren frei erfunden sind" (S. 8) vor einem ganz speziellen Hintergrund vorstellen.
Wie aus der Zusammenfassung deutlich wird, ist der Hauptschauplatz die Hallig Hooge - mein Urlaubsort des letzten Jahres. Genau hierin bestand für mich der besondere Reiz dieses Buches, denn auch wenn wiederholt betont wird, dass Handlung und Personen fiktiv seien, so stimmen die Beschreibung von Natur, Gastronomie und der ein oder anderen Eigenart der Hooger mit meinen persönlichen Urlaubserfahrungen überein.

Natürlich ist es immer schön eine Liebesgeschichte zu lesen, die im besten Fall auch noch ein Happy End hat. Dieser Handlungsstrang allerdings trat für mich in den Hintergrund, wenn die Autorin, die zur Inspiration eine doch recht lange Zeit auf Hooge verbracht hat, beispielsweise die Halligkirche in einzelnen Details beschreibt, die man selbst gesehen hat.

Im Hintergrund: Das Haus auf Stelzen


Ich musste schon schmunzeln, wenn die Autorin ihrer Protagonistin sinngemäß Worte in den Mund legt wie "Manchmal wünschte man sich, dass es noch Querverbindungen zwischen den wenigen Straßen zwischen den Warften geben würde." - Worte, die ich im August 2012 auch das ein oder andere Mal gedacht habe. Dann gibt es wieder die Szenen, die für jemanden, der noch nie auf Hallig Hooge war fast schon kitschig anmuten: Beschrieben wird der abendliche Spaziergang um die Kirchwarft, über eine Brücke und der anschließende Blick auf das auf Stelzen stehende Seglerhaus, hinter dem der Sonnenuntergang zu sehen ist. Ein gewisse Romantik lässt sich nicht leugnen, aber mein erster Gedanke beim Lesen war "Die Brücke kenne ich!" Auch den auf diesen Zeilen erwähnten Kutter, gibt es wirklich.

Sonnenuntergang


Es würde noch viele Szenen, Details und Beschreibungen zu erwähnen geben, in denen ich Beobachtungen und Erfahrungen während meines 10-tägigen Urlaubs auf Hooge letztes Jahr wiederentdeckt habe.

Blick von Backenswarft


Abschließend noch konkreter zum Buch: Das Buch lässt sich flüssig und schnell lesen und wurde ergänzt durch ein kleines Glossar, das einige Begriffe wie "Warft", "Döns", "Fething", "Pesel" oder "Knutt" erklärt.
Fazit: Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass ein Leser, der keinen persönlichen Eindruck von einer Hallig gewonnen hat, die Liebesgeschichte recht voraussehbar finden wird - das Buch wird ihm unter Umständen nicht lange in Erinnerung bleiben. Ein Leser jedoch, der für einige Tage auf Hooge war, entdeckt vieles Bekanntes wieder und versteht auch, warum man dennoch sehr weit davon entfernt ist, ein Mitglied oder auch nur ein entfernt Bekannter dieser Gemeinschaft zu sein, die das Festland laut Text als "Kontinent" bezeichnet und die täglich hart für den Erhalt ihrer Heimat, der Hallig Hooge, kämpft und arbeitet.