Die deutsche Künstlerin Johanna Diehl beschäftigt sich mit Räumen von historischer Relevanz. Sie dokumentiert in fotografischen Serien Orte, Gebäude und Innenräume, an denen sich die Geschichte des 20. Jahrhunderts manifestiert. In ihren Aufnahmen von Oberflächen und Architekturen vergangener Kulturen und Mächte lenkt die Künstlerin den Blick auf die Spuren der Geschichte, auf Verfall, Erhaltung und Überformung.
Abbildung:
Johanna Diehl, Ukraine Series, Braclav, 2013, C-Print, 126 x 159 cm
© Johanna Diehl Courtesy Johanna Diehl und Galerie Wilma Tolksdorf Frankfurt/Berlin
Die Pinakothek der Moderne zeigt ab 28.10.2015-06.03.2016 eine Auswahl von 15 Fotografien aus der »Ukraine Series« von Johanna Diehl. Im Zentrum dieser Arbeiten steht das architektonische Erbe jüdischer Synagogen in der heutigen Ukraine:
In der 2013 entstandenen »Ukraine Series« dokumentiert Johanna Diehl das heutige Erscheinungsbild einstiger Synagogen in der Ukraine. Im Zuge der antireligiösen Politik der Sowjetunion waren sie bereits in der Zeit zwischen den Weltkriegen enteignet und teilweise in kommunale Zentren wie Kinos, Sporthallen und Klubs umgewandelt worden, deren Funktion sie häufig bis heute erfüllen. Das religiöse Leben verlagerte sich daraufhin von der Synagoge in den Privatraum. 1941 leitete die deutsche Besatzungsmacht den Genozid an den ukrainischen Juden ein, was zur fast völligen Vernichtung der jüdischen Gemeinden in der Ukraine führte.
Abbildung:
Johanna Diehl, Ukraine Series, Kyiv I, 2013, C-Print, 126 x 159 cm
© Johanna Diehl Courtesy Johanna Diehl und Galerie Wilma Tolksdorf Frankfurt/Berlin
Johanna Diehl spürt den historischen Schichten der entweihten und verfremdeten Sakralräume nach. Ihre präzisen, analog mit der Großformatkamera aufgenommenen Fotografien präsentieren große Blickwinkel und lenken so die Aufmerksamkeit auf die Raumgestalt, an der sich die ursprünglich religiöse Bestimmung oft noch in frappanter Weise offenbart. Johanna Diehls stille, menschenleere Fotografien fragen nach den Spuren der brutalen Verfolgungen und Umbrüche des 20. Jahrhunderts, die diese Gebäude geprägt haben. Architektur wird in diesen Fotografien zum
stummen Zeitzeugen, dessen Erfahrungen sich in einzelnen erhaltenen Ausstattungsdetails, Rissen und Brüchen genauso offenbaren wie in neuen Oberflächen und modernem Mobiliar.
Johanna Diehl (1977 in Hamburg geboren) studierte in Leipzig bei Timm Rautert und als Meisterschülerin bei Tina Bara. Studienaufenthalte brachten sie zu Jean-Marc Bustamante und Christian Boltanski in Paris und mit Boris Mikhailov in die Ukraine. Die Künstlerin lebt und arbeitet in Berlin.
Abbildung:
Johanna Diehl, Ukraine Series, Nemyriv I, 2013, C-Print, 41 x 52 cm
© Johanna Diehl Courtesy Johanna Diehl und Galerie Wilma Tolksdorf Frankfurt/Berlin
In der Studioausstellung wird eine Auswahl der »Ukraine Series« gezeigt, die zum ersten Mal der Öffentlichkeit präsentiert wird. Vernissage heute Abend 27.10.2015 um 19 Uhr mit einer Lesung des ukrainischen Schriftsteller Juri Andruchowytsch.
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Termin wird noch bekannt gegeben
Treffpunkt: Pinakothek der Moderne